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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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und diese Regel und Ordnung ist selbst ein unentbehrliches Moment
jeder Produktionsweise, die gesellschaftliche Festigkeit und Unab-
hängigkeit von blossem Zufall oder Willkür annehmen soll. Sie
ist eben die Form ihrer gesellschaftlichen Befestigung, und daher
ihrer relativen Emancipation von blosser Willkür und blossem
Zufall. Sie erreicht diese Form bei stagnanten Zuständen sowohl
des Produktionsprocesses, wie der ihm entsprechenden gesellschaft-
lichen Verhältnisse, durch die blosse wiederholte Reproduktion ihrer
selbst. Hat diese eine Zeitlang gedauert, so befestigt sie sich als
Brauch und Tradition, und wird endlich geheiligt als ausdrückliches
Gesetz. Da nun die Form dieser Mehrarbeit, die Frohnarbeit, auf
der Unentwickeltheit aller gesellschaftlichen Produktivkräfte der
Arbeit, auf der Roheit der Arbeitsweise selbst beruht, muss sie
naturgemäß einen viel kleinern aliquoten Theil der Gesammtarbeit
der unmittelbaren Producenten wegnehmen, als in entwickelten
Produktionsweisen, und namentlich als in der kapitalistischen Pro-
duktion. Nehmen wir z. B. an, die Frohnarbeit für den Grundherrn
sei ursprünglich zwei Tage der Woche gewesen. Diese zwei Tage
wöchentlicher Frohnarbeit stehn damit fest, sind eine konstante
Grösse, gesetzlich regulirt durch Gewohnheitsrecht oder geschriebnes.
Aber die Produktivität der übrigen Wochentage, worüber der un-
mittelbare Producent selbst verfügt, ist eine variable Grösse, die
sich im Fortgang seiner Erfahrung entwickeln muss, ganz wie die
neuen Bedürfnisse, mit denen er bekannt wird, ganz wie die Aus-
dehnung des Markts für sein Produkt, die wachsende Sicherheit,
mit der er über diesen Theil seiner Arbeitskraft verfügt, ihn zu
erhöhter Anspannung seiner Arbeitskraft spornen wird, wobei nicht
zu vergessen, dass die Verwendung dieser Arbeitskraft keineswegs
auf Ackerbau beschränkt ist, sondern ländliche Hausindustrie ein-
schliesst. Die Möglichkeit einer gewissen ökonomischen Entwicklung,
natürlich abhängig von der Gunst der Umstände, vom angebornen
Racencharakter u. s. w., ist hier gegeben.



III. Die Produktenrente.

Die Verwandlung der Arbeitsrente in Produktenrente ändert,
ökonomisch gesprochen, nichts am Wesen der Grundrente. Dies
besteht in den Formen, die wir hier betrachten, darin dass sie die
einzige herrschende und normale Form des Mehrwerths oder der
Mehrarbeit ist; was sich wieder so ausdrückt, dass sie die einzige
Mehrarbeit oder das einzige Mehrprodukt ist, welches der unmittel-
bare Producent, der sich im Besitz der zu seiner eignen Repro-

und diese Regel und Ordnung ist selbst ein unentbehrliches Moment
jeder Produktionsweise, die gesellschaftliche Festigkeit und Unab-
hängigkeit von blossem Zufall oder Willkür annehmen soll. Sie
ist eben die Form ihrer gesellschaftlichen Befestigung, und daher
ihrer relativen Emancipation von blosser Willkür und blossem
Zufall. Sie erreicht diese Form bei stagnanten Zuständen sowohl
des Produktionsprocesses, wie der ihm entsprechenden gesellschaft-
lichen Verhältnisse, durch die blosse wiederholte Reproduktion ihrer
selbst. Hat diese eine Zeitlang gedauert, so befestigt sie sich als
Brauch und Tradition, und wird endlich geheiligt als ausdrückliches
Gesetz. Da nun die Form dieser Mehrarbeit, die Frohnarbeit, auf
der Unentwickeltheit aller gesellschaftlichen Produktivkräfte der
Arbeit, auf der Roheit der Arbeitsweise selbst beruht, muss sie
naturgemäß einen viel kleinern aliquoten Theil der Gesammtarbeit
der unmittelbaren Producenten wegnehmen, als in entwickelten
Produktionsweisen, und namentlich als in der kapitalistischen Pro-
duktion. Nehmen wir z. B. an, die Frohnarbeit für den Grundherrn
sei ursprünglich zwei Tage der Woche gewesen. Diese zwei Tage
wöchentlicher Frohnarbeit stehn damit fest, sind eine konstante
Grösse, gesetzlich regulirt durch Gewohnheitsrecht oder geschriebnes.
Aber die Produktivität der übrigen Wochentage, worüber der un-
mittelbare Producent selbst verfügt, ist eine variable Grösse, die
sich im Fortgang seiner Erfahrung entwickeln muss, ganz wie die
neuen Bedürfnisse, mit denen er bekannt wird, ganz wie die Aus-
dehnung des Markts für sein Produkt, die wachsende Sicherheit,
mit der er über diesen Theil seiner Arbeitskraft verfügt, ihn zu
erhöhter Anspannung seiner Arbeitskraft spornen wird, wobei nicht
zu vergessen, dass die Verwendung dieser Arbeitskraft keineswegs
auf Ackerbau beschränkt ist, sondern ländliche Hausindustrie ein-
schliesst. Die Möglichkeit einer gewissen ökonomischen Entwicklung,
natürlich abhängig von der Gunst der Umstände, vom angebornen
Racencharakter u. s. w., ist hier gegeben.



III. Die Produktenrente.

Die Verwandlung der Arbeitsrente in Produktenrente ändert,
ökonomisch gesprochen, nichts am Wesen der Grundrente. Dies
besteht in den Formen, die wir hier betrachten, darin dass sie die
einzige herrschende und normale Form des Mehrwerths oder der
Mehrarbeit ist; was sich wieder so ausdrückt, dass sie die einzige
Mehrarbeit oder das einzige Mehrprodukt ist, welches der unmittel-
bare Producent, der sich im Besitz der zu seiner eignen Repro-

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[327/0336] und diese Regel und Ordnung ist selbst ein unentbehrliches Moment jeder Produktionsweise, die gesellschaftliche Festigkeit und Unab- hängigkeit von blossem Zufall oder Willkür annehmen soll. Sie ist eben die Form ihrer gesellschaftlichen Befestigung, und daher ihrer relativen Emancipation von blosser Willkür und blossem Zufall. Sie erreicht diese Form bei stagnanten Zuständen sowohl des Produktionsprocesses, wie der ihm entsprechenden gesellschaft- lichen Verhältnisse, durch die blosse wiederholte Reproduktion ihrer selbst. Hat diese eine Zeitlang gedauert, so befestigt sie sich als Brauch und Tradition, und wird endlich geheiligt als ausdrückliches Gesetz. Da nun die Form dieser Mehrarbeit, die Frohnarbeit, auf der Unentwickeltheit aller gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, auf der Roheit der Arbeitsweise selbst beruht, muss sie naturgemäß einen viel kleinern aliquoten Theil der Gesammtarbeit der unmittelbaren Producenten wegnehmen, als in entwickelten Produktionsweisen, und namentlich als in der kapitalistischen Pro- duktion. Nehmen wir z. B. an, die Frohnarbeit für den Grundherrn sei ursprünglich zwei Tage der Woche gewesen. Diese zwei Tage wöchentlicher Frohnarbeit stehn damit fest, sind eine konstante Grösse, gesetzlich regulirt durch Gewohnheitsrecht oder geschriebnes. Aber die Produktivität der übrigen Wochentage, worüber der un- mittelbare Producent selbst verfügt, ist eine variable Grösse, die sich im Fortgang seiner Erfahrung entwickeln muss, ganz wie die neuen Bedürfnisse, mit denen er bekannt wird, ganz wie die Aus- dehnung des Markts für sein Produkt, die wachsende Sicherheit, mit der er über diesen Theil seiner Arbeitskraft verfügt, ihn zu erhöhter Anspannung seiner Arbeitskraft spornen wird, wobei nicht zu vergessen, dass die Verwendung dieser Arbeitskraft keineswegs auf Ackerbau beschränkt ist, sondern ländliche Hausindustrie ein- schliesst. Die Möglichkeit einer gewissen ökonomischen Entwicklung, natürlich abhängig von der Gunst der Umstände, vom angebornen Racencharakter u. s. w., ist hier gegeben. III. Die Produktenrente. Die Verwandlung der Arbeitsrente in Produktenrente ändert, ökonomisch gesprochen, nichts am Wesen der Grundrente. Dies besteht in den Formen, die wir hier betrachten, darin dass sie die einzige herrschende und normale Form des Mehrwerths oder der Mehrarbeit ist; was sich wieder so ausdrückt, dass sie die einzige Mehrarbeit oder das einzige Mehrprodukt ist, welches der unmittel- bare Producent, der sich im Besitz der zu seiner eignen Repro-

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/336>, abgerufen am 29.03.2024.