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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Endigungsgrund wirkt dann nicht, wenn zur Zeit, da er eintritt, das
Disciplinarverfahren bereits eingeleitet war. Möglicherweise ist
der Dienstbehörde für diesen Fall die Macht gegeben, zu verhindern,
daß er überhaupt eintritt, indem sie die etwa nachgesuchte Ent-
lassung bis zur Erledigung des Disciplinarverfahrens verweigert; von
selbst versteht sich das nicht, denn es handelt sich dabei nicht um
die oben § 44 S. 244 erwähnte Zurückhaltung im Interesse des
Dienstes. Wo aber das Dienstverhältnis nach eingeleitetem Verfahren
in irgend einer Weise zur Erledigung kommt, gilt hier die Regel des
Prozeßrechts, daß mit der Rechtshängigkeit die Zuständigkeit un-
verrückbar begründet wird, ein nachträgliches Wegfallen der Gründe,
auf welchen sie beruht, sie nicht mehr beeinträchtigt. Die Dienst-
strafgewalt, welcher dieser Mann hinfort für alle neu zu beginnenden
Maßregeln nicht mehr unterworfen ist, bleibt doch in Kraft, um das
Angefangene zu vollenden. Dabei wird sie allerdings in dem Umfang,
in welchem sie noch wirken kann, durch die Einwirkung anderer
Endigungsgründe beschränkt sein, die sich mit dem vorausgesetzten
Thatbestande verbinden: das Disciplinarurteil kann dadurch gegen-
standslos geworden sein oder unvollziehbar, wie wir das oben aus-
geführt haben26.

§ 46.
Fortsetzung; vermögensrechtliche Ansprüche aus dem Dienst-
verhältnisse.

Mit dem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisse verbinden sich
Ansprüche auf Geld und Geldeswert, vermögensrechtliche Ansprüche.
Sie gehen zum Teil aus diesem Verhältnisse selbst hervor, sind Be-
standteile desselben und als solche selbst öffentlichrechtlicher Natur.
Zum Teil knüpfen sie sich nur äußerlich an die Thatsachen, die es

Pflichten zu erfüllen, sondern unterliegen auch noch einer Disciplinarstrafgewalt;
sie stehen also, wie wir sagen dürfen, in einem fortdauernden, wenn auch sehr
abgeschwächten Dienstpflichtverhältnisse. Dabei stößt man nun auf die "etwas
auffallende" Thatsache, daß Handlungen aus der aktiven Dienstzeit, die später
entdeckt werden, nicht verfolgt werden können, obschon sie, wenn im Ruhestande
begangen, verfolgt werden könnten. Das würde so zu erklären sein: unter der
Dienststrafgewalt für aktive Staatsdiener stehen diese Leute nicht mehr; die Dienst-
strafgewalt für in Ruhestand Versetzte, unter der sie stehen, ist wieder nur für die
ganz andere Art von Dienstpflicht da, die bei ihnen übrig geblieben ist, und kann
nicht im Interesse des aktiven Dienstes in Bewegung gesetzt werden.
26 So erläutern sich die Bestimmungen R.B.G. § 75 Ziff. 2.

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Endigungsgrund wirkt dann nicht, wenn zur Zeit, da er eintritt, das
Disciplinarverfahren bereits eingeleitet war. Möglicherweise ist
der Dienstbehörde für diesen Fall die Macht gegeben, zu verhindern,
daß er überhaupt eintritt, indem sie die etwa nachgesuchte Ent-
lassung bis zur Erledigung des Disciplinarverfahrens verweigert; von
selbst versteht sich das nicht, denn es handelt sich dabei nicht um
die oben § 44 S. 244 erwähnte Zurückhaltung im Interesse des
Dienstes. Wo aber das Dienstverhältnis nach eingeleitetem Verfahren
in irgend einer Weise zur Erledigung kommt, gilt hier die Regel des
Prozeßrechts, daß mit der Rechtshängigkeit die Zuständigkeit un-
verrückbar begründet wird, ein nachträgliches Wegfallen der Gründe,
auf welchen sie beruht, sie nicht mehr beeinträchtigt. Die Dienst-
strafgewalt, welcher dieser Mann hinfort für alle neu zu beginnenden
Maßregeln nicht mehr unterworfen ist, bleibt doch in Kraft, um das
Angefangene zu vollenden. Dabei wird sie allerdings in dem Umfang,
in welchem sie noch wirken kann, durch die Einwirkung anderer
Endigungsgründe beschränkt sein, die sich mit dem vorausgesetzten
Thatbestande verbinden: das Disciplinarurteil kann dadurch gegen-
standslos geworden sein oder unvollziehbar, wie wir das oben aus-
geführt haben26.

§ 46.
Fortsetzung; vermögensrechtliche Ansprüche aus dem Dienst-
verhältnisse.

Mit dem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisse verbinden sich
Ansprüche auf Geld und Geldeswert, vermögensrechtliche Ansprüche.
Sie gehen zum Teil aus diesem Verhältnisse selbst hervor, sind Be-
standteile desselben und als solche selbst öffentlichrechtlicher Natur.
Zum Teil knüpfen sie sich nur äußerlich an die Thatsachen, die es

Pflichten zu erfüllen, sondern unterliegen auch noch einer Disciplinarstrafgewalt;
sie stehen also, wie wir sagen dürfen, in einem fortdauernden, wenn auch sehr
abgeschwächten Dienstpflichtverhältnisse. Dabei stößt man nun auf die „etwas
auffallende“ Thatsache, daß Handlungen aus der aktiven Dienstzeit, die später
entdeckt werden, nicht verfolgt werden können, obschon sie, wenn im Ruhestande
begangen, verfolgt werden könnten. Das würde so zu erklären sein: unter der
Dienststrafgewalt für aktive Staatsdiener stehen diese Leute nicht mehr; die Dienst-
strafgewalt für in Ruhestand Versetzte, unter der sie stehen, ist wieder nur für die
ganz andere Art von Dienstpflicht da, die bei ihnen übrig geblieben ist, und kann
nicht im Interesse des aktiven Dienstes in Bewegung gesetzt werden.
26 So erläutern sich die Bestimmungen R.B.G. § 75 Ziff. 2.
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[248/0260] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. Endigungsgrund wirkt dann nicht, wenn zur Zeit, da er eintritt, das Disciplinarverfahren bereits eingeleitet war. Möglicherweise ist der Dienstbehörde für diesen Fall die Macht gegeben, zu verhindern, daß er überhaupt eintritt, indem sie die etwa nachgesuchte Ent- lassung bis zur Erledigung des Disciplinarverfahrens verweigert; von selbst versteht sich das nicht, denn es handelt sich dabei nicht um die oben § 44 S. 244 erwähnte Zurückhaltung im Interesse des Dienstes. Wo aber das Dienstverhältnis nach eingeleitetem Verfahren in irgend einer Weise zur Erledigung kommt, gilt hier die Regel des Prozeßrechts, daß mit der Rechtshängigkeit die Zuständigkeit un- verrückbar begründet wird, ein nachträgliches Wegfallen der Gründe, auf welchen sie beruht, sie nicht mehr beeinträchtigt. Die Dienst- strafgewalt, welcher dieser Mann hinfort für alle neu zu beginnenden Maßregeln nicht mehr unterworfen ist, bleibt doch in Kraft, um das Angefangene zu vollenden. Dabei wird sie allerdings in dem Umfang, in welchem sie noch wirken kann, durch die Einwirkung anderer Endigungsgründe beschränkt sein, die sich mit dem vorausgesetzten Thatbestande verbinden: das Disciplinarurteil kann dadurch gegen- standslos geworden sein oder unvollziehbar, wie wir das oben aus- geführt haben 26. § 46. Fortsetzung; vermögensrechtliche Ansprüche aus dem Dienst- verhältnisse. Mit dem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisse verbinden sich Ansprüche auf Geld und Geldeswert, vermögensrechtliche Ansprüche. Sie gehen zum Teil aus diesem Verhältnisse selbst hervor, sind Be- standteile desselben und als solche selbst öffentlichrechtlicher Natur. Zum Teil knüpfen sie sich nur äußerlich an die Thatsachen, die es 25 26 So erläutern sich die Bestimmungen R.B.G. § 75 Ziff. 2. 25 Pflichten zu erfüllen, sondern unterliegen auch noch einer Disciplinarstrafgewalt; sie stehen also, wie wir sagen dürfen, in einem fortdauernden, wenn auch sehr abgeschwächten Dienstpflichtverhältnisse. Dabei stößt man nun auf die „etwas auffallende“ Thatsache, daß Handlungen aus der aktiven Dienstzeit, die später entdeckt werden, nicht verfolgt werden können, obschon sie, wenn im Ruhestande begangen, verfolgt werden könnten. Das würde so zu erklären sein: unter der Dienststrafgewalt für aktive Staatsdiener stehen diese Leute nicht mehr; die Dienst- strafgewalt für in Ruhestand Versetzte, unter der sie stehen, ist wieder nur für die ganz andere Art von Dienstpflicht da, die bei ihnen übrig geblieben ist, und kann nicht im Interesse des aktiven Dienstes in Bewegung gesetzt werden.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/260>, abgerufen am 20.04.2024.