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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 49. Verleihung öffentlicher Unternehmungen.
Einzelakt geschehen. Diese Verleihung in Gesetzesform hat dann sach-
lich die Natur eines Verwaltungsaktes.

2. Um Rechte des Beliehenen zu begründen, genügt diese Ver-
fügungsfähigkeit, um ihm Verpflichtungen einseitig aufzulegen,
wäre wiederum die gesetzliche Grundlage oder die Form des gesetz-
lichen Einzelaktes erforderlich. Statt dessen tritt aber hier wieder
die freiwillige Unterwerfung des Betroffenen ein, die in dessen
Gesuch oder in der Annahme der Verleihung enthalten ist (Bd. I S. 98).
Die Verleihung ist ein Verwaltungsakt auf Unterwerfung wie die An-
stellung im Staatsdienste, ein Vertrag so wenig wie diese (oben § 44, I).
Die Verhandlungen, die vorausgehen, stellen Bedingungen und Um-
fang dieser Unterwerfung fest und bestimmen den genaueren Inhalt
des dadurch zulässig gewordenen Verwaltungsaktes22. Was wirkt, ist
wieder dieser allein.

3. Die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes tritt ein, wie immer,
mit der Eröffnung an den beliehenen Unternehmer; ordentlicher
Weise wird dies durch Aushändigung einer Verleihungsurkunde ge-
schehen.

Bei Brücken, Fähren, Ortsstraßen genügt dies. Bei größeren
Unternehmungen, Eisenbahnen, Kanälen wird es aber zweckmäßig
sein, daß das Publikum davon benachrichtigt wird, daß ihm ein neues
öffentliches Unternehmen entgegentritt oder daß es die Thätigkeit
dieses Unternehmens fortan unter solchem Gesichtspunkt zu betrachten
habe. Veröffentlichungen sind angebracht. Das Gesetz schreibt wohl
auch vor, daß die Wirksamkeit der Verleihung Dritten gegenüber erst
mit der Vornahme solcher Veröffentlichungen eintrete23. Von selbst
versteht sich das nicht.

Eine besondere Gestalt nimmt die Sache an, wenn der künftige
Träger des öffentlichen Unternehmens für diesen Zweck eigens erst
geschaffen wird durch einen Akt der Staatsgewalt. Da verbindet sich

22 Es verhält sich damit wie mit den Vorverhandlungen bei der Anstellung
im Staatsdienst; oben § 44 S. 222. In ihnen schon einen Vertrag zu sehen, welcher
der Erteilung des "Privilegiums" vorausgeht, hat keinen Zweck, wenn man doch
anerkennen muß, daß keinerlei Anspruch damit begründet wird: Eger, Eisen-
bahn-R. I S. 94.
23 Preuß. Ges. v. 10. April 1872 § 4. Das Verhältnis zwischen dem Ver-
leiher und dem Beliehenen tritt unabhängig davon in Kraft schon durch die etwa
vorausgegangene Eröffnung an den Letzteren. -- Gemäß H.G.B. art. 210 wird der
neu zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession in vorläufiger Weise und
bedingt erteilt und dem Gründungskomitee eine Urkunde darüber zugestellt; Eger,
Eisenbahn-R. I S. 124.
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§ 49. Verleihung öffentlicher Unternehmungen.
Einzelakt geschehen. Diese Verleihung in Gesetzesform hat dann sach-
lich die Natur eines Verwaltungsaktes.

2. Um Rechte des Beliehenen zu begründen, genügt diese Ver-
fügungsfähigkeit, um ihm Verpflichtungen einseitig aufzulegen,
wäre wiederum die gesetzliche Grundlage oder die Form des gesetz-
lichen Einzelaktes erforderlich. Statt dessen tritt aber hier wieder
die freiwillige Unterwerfung des Betroffenen ein, die in dessen
Gesuch oder in der Annahme der Verleihung enthalten ist (Bd. I S. 98).
Die Verleihung ist ein Verwaltungsakt auf Unterwerfung wie die An-
stellung im Staatsdienste, ein Vertrag so wenig wie diese (oben § 44, I).
Die Verhandlungen, die vorausgehen, stellen Bedingungen und Um-
fang dieser Unterwerfung fest und bestimmen den genaueren Inhalt
des dadurch zulässig gewordenen Verwaltungsaktes22. Was wirkt, ist
wieder dieser allein.

3. Die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes tritt ein, wie immer,
mit der Eröffnung an den beliehenen Unternehmer; ordentlicher
Weise wird dies durch Aushändigung einer Verleihungsurkunde ge-
schehen.

Bei Brücken, Fähren, Ortsstraßen genügt dies. Bei größeren
Unternehmungen, Eisenbahnen, Kanälen wird es aber zweckmäßig
sein, daß das Publikum davon benachrichtigt wird, daß ihm ein neues
öffentliches Unternehmen entgegentritt oder daß es die Thätigkeit
dieses Unternehmens fortan unter solchem Gesichtspunkt zu betrachten
habe. Veröffentlichungen sind angebracht. Das Gesetz schreibt wohl
auch vor, daß die Wirksamkeit der Verleihung Dritten gegenüber erst
mit der Vornahme solcher Veröffentlichungen eintrete23. Von selbst
versteht sich das nicht.

Eine besondere Gestalt nimmt die Sache an, wenn der künftige
Träger des öffentlichen Unternehmens für diesen Zweck eigens erst
geschaffen wird durch einen Akt der Staatsgewalt. Da verbindet sich

22 Es verhält sich damit wie mit den Vorverhandlungen bei der Anstellung
im Staatsdienst; oben § 44 S. 222. In ihnen schon einen Vertrag zu sehen, welcher
der Erteilung des „Privilegiums“ vorausgeht, hat keinen Zweck, wenn man doch
anerkennen muß, daß keinerlei Anspruch damit begründet wird: Eger, Eisen-
bahn-R. I S. 94.
23 Preuß. Ges. v. 10. April 1872 § 4. Das Verhältnis zwischen dem Ver-
leiher und dem Beliehenen tritt unabhängig davon in Kraft schon durch die etwa
vorausgegangene Eröffnung an den Letzteren. — Gemäß H.G.B. art. 210 wird der
neu zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession in vorläufiger Weise und
bedingt erteilt und dem Gründungskomitee eine Urkunde darüber zugestellt; Eger,
Eisenbahn-R. I S. 124.
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[307/0319] § 49. Verleihung öffentlicher Unternehmungen. Einzelakt geschehen. Diese Verleihung in Gesetzesform hat dann sach- lich die Natur eines Verwaltungsaktes. 2. Um Rechte des Beliehenen zu begründen, genügt diese Ver- fügungsfähigkeit, um ihm Verpflichtungen einseitig aufzulegen, wäre wiederum die gesetzliche Grundlage oder die Form des gesetz- lichen Einzelaktes erforderlich. Statt dessen tritt aber hier wieder die freiwillige Unterwerfung des Betroffenen ein, die in dessen Gesuch oder in der Annahme der Verleihung enthalten ist (Bd. I S. 98). Die Verleihung ist ein Verwaltungsakt auf Unterwerfung wie die An- stellung im Staatsdienste, ein Vertrag so wenig wie diese (oben § 44, I). Die Verhandlungen, die vorausgehen, stellen Bedingungen und Um- fang dieser Unterwerfung fest und bestimmen den genaueren Inhalt des dadurch zulässig gewordenen Verwaltungsaktes 22. Was wirkt, ist wieder dieser allein. 3. Die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes tritt ein, wie immer, mit der Eröffnung an den beliehenen Unternehmer; ordentlicher Weise wird dies durch Aushändigung einer Verleihungsurkunde ge- schehen. Bei Brücken, Fähren, Ortsstraßen genügt dies. Bei größeren Unternehmungen, Eisenbahnen, Kanälen wird es aber zweckmäßig sein, daß das Publikum davon benachrichtigt wird, daß ihm ein neues öffentliches Unternehmen entgegentritt oder daß es die Thätigkeit dieses Unternehmens fortan unter solchem Gesichtspunkt zu betrachten habe. Veröffentlichungen sind angebracht. Das Gesetz schreibt wohl auch vor, daß die Wirksamkeit der Verleihung Dritten gegenüber erst mit der Vornahme solcher Veröffentlichungen eintrete 23. Von selbst versteht sich das nicht. Eine besondere Gestalt nimmt die Sache an, wenn der künftige Träger des öffentlichen Unternehmens für diesen Zweck eigens erst geschaffen wird durch einen Akt der Staatsgewalt. Da verbindet sich 22 Es verhält sich damit wie mit den Vorverhandlungen bei der Anstellung im Staatsdienst; oben § 44 S. 222. In ihnen schon einen Vertrag zu sehen, welcher der Erteilung des „Privilegiums“ vorausgeht, hat keinen Zweck, wenn man doch anerkennen muß, daß keinerlei Anspruch damit begründet wird: Eger, Eisen- bahn-R. I S. 94. 23 Preuß. Ges. v. 10. April 1872 § 4. Das Verhältnis zwischen dem Ver- leiher und dem Beliehenen tritt unabhängig davon in Kraft schon durch die etwa vorausgegangene Eröffnung an den Letzteren. — Gemäß H.G.B. art. 210 wird der neu zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession in vorläufiger Weise und bedingt erteilt und dem Gründungskomitee eine Urkunde darüber zugestellt; Eger, Eisenbahn-R. I S. 124. 20*

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/319>, abgerufen am 25.04.2024.