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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
wegung setzte, sofern es eben nur in Dienst und Abhängigkeit gegen-
über dem eigentlichen Geschäftsherrn geschah18. Es kann sich auch
nachträglich ein Dritter darbieten, indem er das Ergebnis der von
einem Andern für ihn angeregten Leistung entgegennimmt und an-
erkennt. Es kommt nur darauf an, ob der Tarif ihn als Schuldner
treffen will; die Voraussetzungen für sein Wirksamwerden sind ge-
geben19.

3. Der Eingang der Gebühren ist ordentlicherweise dadurch ge-
sichert, daß die Leistung der Anstalt von der Vorausbezahlung ab-
hängig gemacht wird. Wo ausnahmsweise eine Nacherhebung erforder-
lich wird, ist die Form dafür die administrative Zwangsbeitreibung
(Bd. I § 32, II). Sie erfolgt gesetzlicher Bestimmung gemäß un-
mittelbar aus dem wirksam gewordenen Tarif, ohne daß ein Urteil
oder Verwaltungsakt die Schuld festgestellt haben müßte20.

Der Einzelne, der behauptet, die Gebühr nicht oder nicht in
dieser Höhe zu schulden, ist dem gegenüber darauf angewiesen, dies

18 Als Portoschuldner wird der Briefschreiber behandelt, weil er dafür an-
gesehen werden kann, den Brief selbst oder durch einen andern aufgegeben zu
haben; die unmittelbare Veranlassung zur Leistung der Post war immer nur der
Mensch, der den Brief in den Kasten warf.
19 So erklärt sich die Portopflicht des Adressaten bei der unfrankierten Post-
sendung oder für gewisse Telegraphengebühren (Tel.Ord. § 19, II). Die übliche
Konstruktion des Vorganges, wonach der Absender eine Assignation auf den
Adressaten giebt, die dieser durch Annahme der Depesche acceptiert, ist unwahr.
Die Verpflichtung wird begründet vor Eröffnung der Depesche, also Acceptation
der Assignation eines Unbekannten, Ungenannten, -- das ist das Rechtsinstitut
nicht. In der Annahme der Depesche tritt der Empfänger lediglich der Tele-
graphenanstalt gegenüber, bekennt sich dieser gegenüber als den, dem sie geleistet
hat, und unterwirft sich dem Tarif, der ihn unter dieser Voraussetzung treffen will.
Damit ist nicht gesagt, daß man nicht zur Not auch hier mit einem Vertrag aus-
kommen kann, nur müßte man ihn selbständig gestalten.
20 Wenn die herrschende Meinung das als ein "Privilegium" ansieht (Laband,
St.R. II S. 95 Note 4) und es deshalb nur zuläßt, soweit ein besonderes Gesetz
dazu ermächtigt, so hängt das zusammen mit der civilrechtlichen Auffassung der
Gebührenpflicht. Es entspricht aber auch der Forderung des Rechtsstaates, wo-
nach die ausführende That geleitet sein soll durch einen obrigkeitlichen Akt, der
zunächst bestimmt, was Rechtens ist (Bd. I S. 66, S. 477). Man mag daraus den
Willen des Gesetzes folgern, daß überall, wo es ausnahmsweise jenes unmittelbare
Verfahren nicht gewährt, die Verwaltung, um beitreiben zu können, sich erst den
vollstreckbaren obrigkeitlichen Ausspruch verschaffen muß. Sofern aber eine dazu
berufene Verwaltungsbehörde nicht gegeben ist, führt das mit Notwendigkeit zu
den für "vermögensrechtliche Streitsachen" allgemein zuständigen Civilgerichten:
die Verwaltung klagt ihre öffentlichrechtliche Gebührenforderung ein. So ins-
besondere bei Nachforderung von Telegraphengebühren.

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
wegung setzte, sofern es eben nur in Dienst und Abhängigkeit gegen-
über dem eigentlichen Geschäftsherrn geschah18. Es kann sich auch
nachträglich ein Dritter darbieten, indem er das Ergebnis der von
einem Andern für ihn angeregten Leistung entgegennimmt und an-
erkennt. Es kommt nur darauf an, ob der Tarif ihn als Schuldner
treffen will; die Voraussetzungen für sein Wirksamwerden sind ge-
geben19.

3. Der Eingang der Gebühren ist ordentlicherweise dadurch ge-
sichert, daß die Leistung der Anstalt von der Vorausbezahlung ab-
hängig gemacht wird. Wo ausnahmsweise eine Nacherhebung erforder-
lich wird, ist die Form dafür die administrative Zwangsbeitreibung
(Bd. I § 32, II). Sie erfolgt gesetzlicher Bestimmung gemäß un-
mittelbar aus dem wirksam gewordenen Tarif, ohne daß ein Urteil
oder Verwaltungsakt die Schuld festgestellt haben müßte20.

Der Einzelne, der behauptet, die Gebühr nicht oder nicht in
dieser Höhe zu schulden, ist dem gegenüber darauf angewiesen, dies

18 Als Portoschuldner wird der Briefschreiber behandelt, weil er dafür an-
gesehen werden kann, den Brief selbst oder durch einen andern aufgegeben zu
haben; die unmittelbare Veranlassung zur Leistung der Post war immer nur der
Mensch, der den Brief in den Kasten warf.
19 So erklärt sich die Portopflicht des Adressaten bei der unfrankierten Post-
sendung oder für gewisse Telegraphengebühren (Tel.Ord. § 19, II). Die übliche
Konstruktion des Vorganges, wonach der Absender eine Assignation auf den
Adressaten giebt, die dieser durch Annahme der Depesche acceptiert, ist unwahr.
Die Verpflichtung wird begründet vor Eröffnung der Depesche, also Acceptation
der Assignation eines Unbekannten, Ungenannten, — das ist das Rechtsinstitut
nicht. In der Annahme der Depesche tritt der Empfänger lediglich der Tele-
graphenanstalt gegenüber, bekennt sich dieser gegenüber als den, dem sie geleistet
hat, und unterwirft sich dem Tarif, der ihn unter dieser Voraussetzung treffen will.
Damit ist nicht gesagt, daß man nicht zur Not auch hier mit einem Vertrag aus-
kommen kann, nur müßte man ihn selbständig gestalten.
20 Wenn die herrschende Meinung das als ein „Privilegium“ ansieht (Laband,
St.R. II S. 95 Note 4) und es deshalb nur zuläßt, soweit ein besonderes Gesetz
dazu ermächtigt, so hängt das zusammen mit der civilrechtlichen Auffassung der
Gebührenpflicht. Es entspricht aber auch der Forderung des Rechtsstaates, wo-
nach die ausführende That geleitet sein soll durch einen obrigkeitlichen Akt, der
zunächst bestimmt, was Rechtens ist (Bd. I S. 66, S. 477). Man mag daraus den
Willen des Gesetzes folgern, daß überall, wo es ausnahmsweise jenes unmittelbare
Verfahren nicht gewährt, die Verwaltung, um beitreiben zu können, sich erst den
vollstreckbaren obrigkeitlichen Ausspruch verschaffen muß. Sofern aber eine dazu
berufene Verwaltungsbehörde nicht gegeben ist, führt das mit Notwendigkeit zu
den für „vermögensrechtliche Streitsachen“ allgemein zuständigen Civilgerichten:
die Verwaltung klagt ihre öffentlichrechtliche Gebührenforderung ein. So ins-
besondere bei Nachforderung von Telegraphengebühren.
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[344/0356] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. wegung setzte, sofern es eben nur in Dienst und Abhängigkeit gegen- über dem eigentlichen Geschäftsherrn geschah 18. Es kann sich auch nachträglich ein Dritter darbieten, indem er das Ergebnis der von einem Andern für ihn angeregten Leistung entgegennimmt und an- erkennt. Es kommt nur darauf an, ob der Tarif ihn als Schuldner treffen will; die Voraussetzungen für sein Wirksamwerden sind ge- geben 19. 3. Der Eingang der Gebühren ist ordentlicherweise dadurch ge- sichert, daß die Leistung der Anstalt von der Vorausbezahlung ab- hängig gemacht wird. Wo ausnahmsweise eine Nacherhebung erforder- lich wird, ist die Form dafür die administrative Zwangsbeitreibung (Bd. I § 32, II). Sie erfolgt gesetzlicher Bestimmung gemäß un- mittelbar aus dem wirksam gewordenen Tarif, ohne daß ein Urteil oder Verwaltungsakt die Schuld festgestellt haben müßte 20. Der Einzelne, der behauptet, die Gebühr nicht oder nicht in dieser Höhe zu schulden, ist dem gegenüber darauf angewiesen, dies 18 Als Portoschuldner wird der Briefschreiber behandelt, weil er dafür an- gesehen werden kann, den Brief selbst oder durch einen andern aufgegeben zu haben; die unmittelbare Veranlassung zur Leistung der Post war immer nur der Mensch, der den Brief in den Kasten warf. 19 So erklärt sich die Portopflicht des Adressaten bei der unfrankierten Post- sendung oder für gewisse Telegraphengebühren (Tel.Ord. § 19, II). Die übliche Konstruktion des Vorganges, wonach der Absender eine Assignation auf den Adressaten giebt, die dieser durch Annahme der Depesche acceptiert, ist unwahr. Die Verpflichtung wird begründet vor Eröffnung der Depesche, also Acceptation der Assignation eines Unbekannten, Ungenannten, — das ist das Rechtsinstitut nicht. In der Annahme der Depesche tritt der Empfänger lediglich der Tele- graphenanstalt gegenüber, bekennt sich dieser gegenüber als den, dem sie geleistet hat, und unterwirft sich dem Tarif, der ihn unter dieser Voraussetzung treffen will. Damit ist nicht gesagt, daß man nicht zur Not auch hier mit einem Vertrag aus- kommen kann, nur müßte man ihn selbständig gestalten. 20 Wenn die herrschende Meinung das als ein „Privilegium“ ansieht (Laband, St.R. II S. 95 Note 4) und es deshalb nur zuläßt, soweit ein besonderes Gesetz dazu ermächtigt, so hängt das zusammen mit der civilrechtlichen Auffassung der Gebührenpflicht. Es entspricht aber auch der Forderung des Rechtsstaates, wo- nach die ausführende That geleitet sein soll durch einen obrigkeitlichen Akt, der zunächst bestimmt, was Rechtens ist (Bd. I S. 66, S. 477). Man mag daraus den Willen des Gesetzes folgern, daß überall, wo es ausnahmsweise jenes unmittelbare Verfahren nicht gewährt, die Verwaltung, um beitreiben zu können, sich erst den vollstreckbaren obrigkeitlichen Ausspruch verschaffen muß. Sofern aber eine dazu berufene Verwaltungsbehörde nicht gegeben ist, führt das mit Notwendigkeit zu den für „vermögensrechtliche Streitsachen“ allgemein zuständigen Civilgerichten: die Verwaltung klagt ihre öffentlichrechtliche Gebührenforderung ein. So ins- besondere bei Nachforderung von Telegraphengebühren.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/356>, abgerufen am 20.04.2024.