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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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auch geschlachtet. "Gott hilf dir!" sage ich "du from¬
mer Kerl, daß du mir meinen Acker begatet hast, wie
soll ich dir's lohnen?" Aber der alte Mann gab zur
Antwort: Lat he dat man wesen und bede he man för
uns *) und als ich solliches gerne zusagete und ihn fra¬
gete: wie er sein Korn für dem grimmigen Feind ge¬
borgen, verzählete er mir, daß er es in der Höhlen im
Streckelberge heimlichen versteckt gehabt, nunmehro aber
auch all sein Fürrath aufgezehret sei. Inzwischen schnitt
er ein groß schön Stück Fleisch dem Haubt aus der
Lenden und sprach: da hett he uck wat, und wenn et
All iß, kann he noch eiß kamen. **) Als ich nun mit
vieler Danksagung gehen wöllt, griff mich seine kleine
Marie bei der Hand, ein Kindlein bei sieben Jahren,
so im Streckelberge das Gratias gebetet und wollt mit
zu meiner Tochter nach der Schulen. Da da, wie vor¬
bemeldet, mein custos in der Pestzeit auch dieses Zeit¬
liche gesegnet, muß sie die Paar kleinen Kinder im Dorf
informiren, welches aber seit lange unterblieben. Wollt
es ihr dahero nicht wegern, obwohl ich gleich besorgete,
daß mein Töchterlein das Brod mit ihr theilen würd,
angesehen sie das Mägdlein sehr lieb hatte, da es ihre
Päthe war. Und so geschahe denn auch. Denn als das
Kind sahe, daß ich das Brod herfürlangete. schriee es

*) Laß Er daß nur ruhen und bete er nur für uns.
**) Da hat Er auch was, und wenn es verzehret ist,
kann er noch einmal kommen.

auch geſchlachtet. „Gott hilf dir!“ ſage ich „du from¬
mer Kerl, daß du mir meinen Acker begatet haſt, wie
ſoll ich dir's lohnen?“ Aber der alte Mann gab zur
Antwort: Lat he dat man weſen und bede he man för
uns *) und als ich ſolliches gerne zuſagete und ihn fra¬
gete: wie er ſein Korn für dem grimmigen Feind ge¬
borgen, verzählete er mir, daß er es in der Höhlen im
Streckelberge heimlichen verſteckt gehabt, nunmehro aber
auch all ſein Fürrath aufgezehret ſei. Inzwiſchen ſchnitt
er ein groß ſchön Stück Fleiſch dem Haubt aus der
Lenden und ſprach: da hett he uck wat, und wenn et
All iß, kann he noch eiß kamen. **) Als ich nun mit
vieler Dankſagung gehen wöllt, griff mich ſeine kleine
Marie bei der Hand, ein Kindlein bei ſieben Jahren,
ſo im Streckelberge das Gratias gebetet und wollt mit
zu meiner Tochter nach der Schulen. Da da, wie vor¬
bemeldet, mein custos in der Peſtzeit auch dieſes Zeit¬
liche geſegnet, muß ſie die Paar kleinen Kinder im Dorf
informiren, welches aber ſeit lange unterblieben. Wollt
es ihr dahero nicht wegern, obwohl ich gleich beſorgete,
daß mein Töchterlein das Brod mit ihr theilen würd,
angeſehen ſie das Mägdlein ſehr lieb hatte, da es ihre
Päthe war. Und ſo geſchahe denn auch. Denn als das
Kind ſahe, daß ich das Brod herfürlangete. ſchriee es

*) Laß Er daß nur ruhen und bete er nur für uns.
**) Da hat Er auch was, und wenn es verzehret iſt,
kann er noch einmal kommen.
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[26/0042] auch geſchlachtet. „Gott hilf dir!“ ſage ich „du from¬ mer Kerl, daß du mir meinen Acker begatet haſt, wie ſoll ich dir's lohnen?“ Aber der alte Mann gab zur Antwort: Lat he dat man weſen und bede he man för uns *) und als ich ſolliches gerne zuſagete und ihn fra¬ gete: wie er ſein Korn für dem grimmigen Feind ge¬ borgen, verzählete er mir, daß er es in der Höhlen im Streckelberge heimlichen verſteckt gehabt, nunmehro aber auch all ſein Fürrath aufgezehret ſei. Inzwiſchen ſchnitt er ein groß ſchön Stück Fleiſch dem Haubt aus der Lenden und ſprach: da hett he uck wat, und wenn et All iß, kann he noch eiß kamen. **) Als ich nun mit vieler Dankſagung gehen wöllt, griff mich ſeine kleine Marie bei der Hand, ein Kindlein bei ſieben Jahren, ſo im Streckelberge das Gratias gebetet und wollt mit zu meiner Tochter nach der Schulen. Da da, wie vor¬ bemeldet, mein custos in der Peſtzeit auch dieſes Zeit¬ liche geſegnet, muß ſie die Paar kleinen Kinder im Dorf informiren, welches aber ſeit lange unterblieben. Wollt es ihr dahero nicht wegern, obwohl ich gleich beſorgete, daß mein Töchterlein das Brod mit ihr theilen würd, angeſehen ſie das Mägdlein ſehr lieb hatte, da es ihre Päthe war. Und ſo geſchahe denn auch. Denn als das Kind ſahe, daß ich das Brod herfürlangete. ſchriee es *) Laß Er daß nur ruhen und bete er nur für uns. **) Da hat Er auch was, und wenn es verzehret iſt, kann er noch einmal kommen.

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/42>, abgerufen am 25.04.2024.