Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.
e) Ueber den Werth der Boden- und Capitalnutzung und der Arbeitsleistun-
gen insbesondere*).

Die Grundstücke haben keine exceptionelle Stellung im
Kreise der übrigen Güter. Werden dieselben zu Genusszwecken

*) Der Umstand, dass der Preis der Bodennutzungen, der Capital-
nutzungen und der Arbeitsleistungen, oder mit andern Worten: Bodenrente,
Capitalzins und Arbeitslohn, wie wir in der Folge sehen werden, nicht ohne
die grössten Gewaltsamkeiten auf Arbeitsquantitäten, beziehungsweise auf Pro-
ductionskosten zurückgeführt werden können, hat die Vertreter der dies-
bezüglichen Theorien in die Nothwendigkeit versetzt, für die obigen drei
Güterarten Principien der Preisbildung aufzustellen, welche von den für die
übrigen Güter geltenden Grundsätzen vollständig abweichen. Nun haben wir
in dem Vorangehenden dargethan, dass alle Wertherscheinungen, hinsichtlich
welcher Güter sie auch immer zu Tage treten, derselben Natur sind, den-
selben Ursprung haben und der Werth auch rücksichtlich seines Masses in
allen Fällen
nach den gleichen Principien sich regelt. Da nun, wie wir in
den beiden nächsten Capiteln sehen werden, der Preis der Güter eine Folge
ihres Werthes für die wirthschaftenden Menschen ist und auch die Grösse
des erstern unter allen Umständen in jener des letztern ihr massgebendes
Princip findet, so ist zugleich klar, dass auch die Bodenrente, der Capitalzins und
der Arbeitslohn sich nach den gleichen allgemeinen Grundsätzen regeln. In
dem Obigen befassen wir uns indess lediglich mit dem Werthe der Boden-
nutzungen, der Capitalnutzungen und der Arbeitsleistungen, und werden erst
dann auf Grundlage der hier gewonnenen Resultate die Grundsätze aufstellen,
nach welchen sich der Preis der obigen Güter regelt, wenn wir die allgemeine
Theorie des Preises überhaupt dargelegt haben werden.
Zu den seltsamsten wissenschaftlichen Streitfragen gehört jedenfalls
auch die, ob die Bodenrente, beziehungsweise der Capitalzins, vom moralischen
Standpunkte aus berechtigt, oder "unmoralisch" seien. Ich glaube nämlich,
dass unsere Wissenschaft unter Anderem wohl auch die Ursachen zu erforschen
habe, warum, und unter welchen Voraussetzungen die Bodennutzungen, be-
ziehungsweise die Capitalnutzungen, für uns Güter sind, den ökonomischen
Charakter aufweisen, Werth erlangen und endlich im Güterverkehre erscheinen,
also für dieselben Quantitäten anderer ökonomischer Güter (Preise) erlangt
werden können -- die Frage nach dem rechtlichen oder moralischen Charakter
dieser Thatsachen aber ausserhalb der Sphäre unserer Wissenschaft liegt. Wo
immer die Boden- und Capitalnutzungen Preise haben, überall dort ist dies
die Folge ihres Werthes; dieser letztere ist aber nichts willkürliches (S. 85),
sondern die nothwendige Consequenz ihres ökonomischen Charakters; die
Preise der obigen Güter (die Bodenrente und der Capitalzins) sind demnach das
nothwendige Product der ökonomischen Sachlage, unter welcher sie entstehen
Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.
e) Ueber den Werth der Boden- und Capitalnutzung und der Arbeitsleistun-
gen insbesondere*).

Die Grundstücke haben keine exceptionelle Stellung im
Kreise der übrigen Güter. Werden dieselben zu Genusszwecken

*) Der Umstand, dass der Preis der Bodennutzungen, der Capital-
nutzungen und der Arbeitsleistungen, oder mit andern Worten: Bodenrente,
Capitalzins und Arbeitslohn, wie wir in der Folge sehen werden, nicht ohne
die grössten Gewaltsamkeiten auf Arbeitsquantitäten, beziehungsweise auf Pro-
ductionskosten zurückgeführt werden können, hat die Vertreter der dies-
bezüglichen Theorien in die Nothwendigkeit versetzt, für die obigen drei
Güterarten Principien der Preisbildung aufzustellen, welche von den für die
übrigen Güter geltenden Grundsätzen vollständig abweichen. Nun haben wir
in dem Vorangehenden dargethan, dass alle Wertherscheinungen, hinsichtlich
welcher Güter sie auch immer zu Tage treten, derselben Natur sind, den-
selben Ursprung haben und der Werth auch rücksichtlich seines Masses in
allen Fällen
nach den gleichen Principien sich regelt. Da nun, wie wir in
den beiden nächsten Capiteln sehen werden, der Preis der Güter eine Folge
ihres Werthes für die wirthschaftenden Menschen ist und auch die Grösse
des erstern unter allen Umständen in jener des letztern ihr massgebendes
Princip findet, so ist zugleich klar, dass auch die Bodenrente, der Capitalzins und
der Arbeitslohn sich nach den gleichen allgemeinen Grundsätzen regeln. In
dem Obigen befassen wir uns indess lediglich mit dem Werthe der Boden-
nutzungen, der Capitalnutzungen und der Arbeitsleistungen, und werden erst
dann auf Grundlage der hier gewonnenen Resultate die Grundsätze aufstellen,
nach welchen sich der Preis der obigen Güter regelt, wenn wir die allgemeine
Theorie des Preises überhaupt dargelegt haben werden.
Zu den seltsamsten wissenschaftlichen Streitfragen gehört jedenfalls
auch die, ob die Bodenrente, beziehungsweise der Capitalzins, vom moralischen
Standpunkte aus berechtigt, oder „unmoralisch“ seien. Ich glaube nämlich,
dass unsere Wissenschaft unter Anderem wohl auch die Ursachen zu erforschen
habe, warum, und unter welchen Voraussetzungen die Bodennutzungen, be-
ziehungsweise die Capitalnutzungen, für uns Güter sind, den ökonomischen
Charakter aufweisen, Werth erlangen und endlich im Güterverkehre erscheinen,
also für dieselben Quantitäten anderer ökonomischer Güter (Preise) erlangt
werden können — die Frage nach dem rechtlichen oder moralischen Charakter
dieser Thatsachen aber ausserhalb der Sphäre unserer Wissenschaft liegt. Wo
immer die Boden- und Capitalnutzungen Preise haben, überall dort ist dies
die Folge ihres Werthes; dieser letztere ist aber nichts willkürliches (S. 85),
sondern die nothwendige Consequenz ihres ökonomischen Charakters; die
Preise der obigen Güter (die Bodenrente und der Capitalzins) sind demnach das
nothwendige Product der ökonomischen Sachlage, unter welcher sie entstehen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0161" n="143"/>
          <fw place="top" type="header">Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>e) Ueber den Werth der Boden- und Capitalnutzung und der Arbeitsleistun-<lb/>
gen insbesondere<note xml:id="seg2pn_10_1" next="#seg2pn_10_2" place="foot" n="*)">Der Umstand, dass der <hi rendition="#g">Preis</hi> der Bodennutzungen, der Capital-<lb/>
nutzungen und der Arbeitsleistungen, oder mit andern Worten: Bodenrente,<lb/>
Capitalzins und Arbeitslohn, wie wir in der Folge sehen werden, nicht ohne<lb/>
die grössten Gewaltsamkeiten auf Arbeitsquantitäten, beziehungsweise auf Pro-<lb/>
ductionskosten zurückgeführt werden können, hat die Vertreter der dies-<lb/>
bezüglichen Theorien in die Nothwendigkeit versetzt, für die obigen drei<lb/>
Güterarten Principien der Preisbildung aufzustellen, welche von den für die<lb/>
übrigen Güter geltenden Grundsätzen vollständig abweichen. Nun haben wir<lb/>
in dem Vorangehenden dargethan, dass alle <hi rendition="#g">Werthe</hi>rscheinungen, hinsichtlich<lb/>
welcher Güter sie auch immer zu Tage treten, derselben Natur sind, den-<lb/>
selben Ursprung haben und der Werth auch rücksichtlich seines Masses <hi rendition="#g">in<lb/>
allen Fällen</hi> nach den gleichen Principien sich regelt. Da nun, wie wir in<lb/>
den beiden nächsten Capiteln sehen werden, der <hi rendition="#g">Preis</hi> der Güter eine Folge<lb/>
ihres <hi rendition="#g">Werthes</hi> für die wirthschaftenden Menschen ist und auch die Grösse<lb/>
des erstern unter allen Umständen in jener des letztern ihr massgebendes<lb/>
Princip findet, so ist zugleich klar, dass auch die Bodenrente, der Capitalzins und<lb/>
der Arbeitslohn sich nach den gleichen allgemeinen Grundsätzen regeln. In<lb/>
dem Obigen befassen wir uns indess lediglich mit dem <hi rendition="#g">Werthe</hi> der Boden-<lb/>
nutzungen, der <choice><sic>Capitalnutznngen</sic><corr>Capitalnutzungen</corr></choice> und der Arbeitsleistungen, und werden erst<lb/>
dann auf Grundlage der hier gewonnenen Resultate die Grundsätze aufstellen,<lb/>
nach welchen sich der Preis der obigen Güter regelt, wenn wir die allgemeine<lb/>
Theorie des Preises überhaupt dargelegt haben werden.<lb/>
Zu den seltsamsten wissenschaftlichen Streitfragen gehört jedenfalls<lb/>
auch die, ob die Bodenrente, beziehungsweise der Capitalzins, vom moralischen<lb/>
Standpunkte aus berechtigt, oder &#x201E;unmoralisch&#x201C; seien. Ich glaube nämlich,<lb/>
dass unsere Wissenschaft unter Anderem wohl auch die Ursachen zu erforschen<lb/>
habe, warum, und unter welchen Voraussetzungen die Bodennutzungen, be-<lb/>
ziehungsweise die Capitalnutzungen, für uns Güter sind, den ökonomischen<lb/>
Charakter aufweisen, Werth erlangen und endlich im Güterverkehre erscheinen,<lb/>
also für dieselben Quantitäten anderer ökonomischer Güter (Preise) erlangt<lb/>
werden können &#x2014; die Frage nach dem rechtlichen oder moralischen Charakter<lb/>
dieser Thatsachen aber ausserhalb der Sphäre unserer Wissenschaft liegt. Wo<lb/>
immer die Boden- und Capitalnutzungen Preise haben, überall dort ist dies<lb/>
die Folge ihres Werthes; dieser letztere ist aber nichts willkürliches (S. 85),<lb/>
sondern die nothwendige Consequenz ihres ökonomischen Charakters; die<lb/>
Preise der obigen Güter (die Bodenrente und der Capitalzins) sind demnach das<lb/>
nothwendige Product der ökonomischen Sachlage, unter welcher sie entstehen</note>.</head><lb/>
            <p>Die Grundstücke haben keine exceptionelle Stellung im<lb/>
Kreise der übrigen Güter. Werden dieselben zu Genusszwecken<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0161] Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt. e) Ueber den Werth der Boden- und Capitalnutzung und der Arbeitsleistun- gen insbesondere *). Die Grundstücke haben keine exceptionelle Stellung im Kreise der übrigen Güter. Werden dieselben zu Genusszwecken *) Der Umstand, dass der Preis der Bodennutzungen, der Capital- nutzungen und der Arbeitsleistungen, oder mit andern Worten: Bodenrente, Capitalzins und Arbeitslohn, wie wir in der Folge sehen werden, nicht ohne die grössten Gewaltsamkeiten auf Arbeitsquantitäten, beziehungsweise auf Pro- ductionskosten zurückgeführt werden können, hat die Vertreter der dies- bezüglichen Theorien in die Nothwendigkeit versetzt, für die obigen drei Güterarten Principien der Preisbildung aufzustellen, welche von den für die übrigen Güter geltenden Grundsätzen vollständig abweichen. Nun haben wir in dem Vorangehenden dargethan, dass alle Wertherscheinungen, hinsichtlich welcher Güter sie auch immer zu Tage treten, derselben Natur sind, den- selben Ursprung haben und der Werth auch rücksichtlich seines Masses in allen Fällen nach den gleichen Principien sich regelt. Da nun, wie wir in den beiden nächsten Capiteln sehen werden, der Preis der Güter eine Folge ihres Werthes für die wirthschaftenden Menschen ist und auch die Grösse des erstern unter allen Umständen in jener des letztern ihr massgebendes Princip findet, so ist zugleich klar, dass auch die Bodenrente, der Capitalzins und der Arbeitslohn sich nach den gleichen allgemeinen Grundsätzen regeln. In dem Obigen befassen wir uns indess lediglich mit dem Werthe der Boden- nutzungen, der Capitalnutzungen und der Arbeitsleistungen, und werden erst dann auf Grundlage der hier gewonnenen Resultate die Grundsätze aufstellen, nach welchen sich der Preis der obigen Güter regelt, wenn wir die allgemeine Theorie des Preises überhaupt dargelegt haben werden. Zu den seltsamsten wissenschaftlichen Streitfragen gehört jedenfalls auch die, ob die Bodenrente, beziehungsweise der Capitalzins, vom moralischen Standpunkte aus berechtigt, oder „unmoralisch“ seien. Ich glaube nämlich, dass unsere Wissenschaft unter Anderem wohl auch die Ursachen zu erforschen habe, warum, und unter welchen Voraussetzungen die Bodennutzungen, be- ziehungsweise die Capitalnutzungen, für uns Güter sind, den ökonomischen Charakter aufweisen, Werth erlangen und endlich im Güterverkehre erscheinen, also für dieselben Quantitäten anderer ökonomischer Güter (Preise) erlangt werden können — die Frage nach dem rechtlichen oder moralischen Charakter dieser Thatsachen aber ausserhalb der Sphäre unserer Wissenschaft liegt. Wo immer die Boden- und Capitalnutzungen Preise haben, überall dort ist dies die Folge ihres Werthes; dieser letztere ist aber nichts willkürliches (S. 85), sondern die nothwendige Consequenz ihres ökonomischen Charakters; die Preise der obigen Güter (die Bodenrente und der Capitalzins) sind demnach das nothwendige Product der ökonomischen Sachlage, unter welcher sie entstehen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/161
Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/161>, abgerufen am 20.04.2024.