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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Fünftes Capitel.
Die Lehre vom Preise.

Die Preise, oder mit andern Worten, die im Tausche zur
Erscheinung gelangenden Güterquantitäten, so sehr sie sich
auch unseren Sinnen aufdrängen und desshalb den gewöhnlichsten
Gegenstand der wissenschaftlichen Beobachtung bilden, sind doch
nichts weniger als das Wesentliche der ökonomischen Erschei-
nung des Tausches. Dieses liegt vielmehr in der durch den
Tausch herbeigeführten besseren Vorsorge für die Befriedigung
der Bedürfnisse der beiden Tauschenden. Die wirthschaftenden
Menschen haben das Bestreben, ihre ökonomische Lage nach
Möglichkeit zu verbessern. Zu diesem Zwecke setzen sie ihre
wirthschaftliche Thätigkeit überhaupt in Bewegung und zu diesem
Zwecke tauschen sie auch die Güter aus, wo immer hiedurch
derselbe erreicht werden kann. Die Preise sind hiebei aber
lediglich accidentielle Erscheinungen, Symptome des ökonomischen
Ausgleiches zwischen den menschlichen Wirthschaften.

Wenn man die Schleussen zwischen zwei ruhig stehenden
Gewässern, deren Niveau ein verschiedenes ist, wegräumt, so
werfen sie Wellen, so lange, bis der Spiegel sich schliesslich
wieder glättet. Diese Wellen sind aber nur ein Symptom der
Einwirkung jener Kräfte, die wir die Schwere und die Trägheit
nennen. Solchen Wellen gleichen auch die Güterpreise, diese
Symptome des ökonomischen Ausgleiches des Güterbesitzes
zwischen den Wirthschaften. Die Kraft, die sie aber an die
Oberfläche der Erscheinung treibt, ist die letzte und allgemeine
Ursache aller wirthschaftlichen Bewegung, das Bestreben der
Menschen, ihre Bedürfnisse möglichst vollständig zu befriedigen,
ihre ökonomische Lage zu verbessern. Weil aber die Preise die
einzigen sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen des ganzen Pro-
cesses sind, ihre Höhe sich genau messen lässt und das tägliche

Fünftes Capitel.
Die Lehre vom Preise.

Die Preise, oder mit andern Worten, die im Tausche zur
Erscheinung gelangenden Güterquantitäten, so sehr sie sich
auch unseren Sinnen aufdrängen und desshalb den gewöhnlichsten
Gegenstand der wissenschaftlichen Beobachtung bilden, sind doch
nichts weniger als das Wesentliche der ökonomischen Erschei-
nung des Tausches. Dieses liegt vielmehr in der durch den
Tausch herbeigeführten besseren Vorsorge für die Befriedigung
der Bedürfnisse der beiden Tauschenden. Die wirthschaftenden
Menschen haben das Bestreben, ihre ökonomische Lage nach
Möglichkeit zu verbessern. Zu diesem Zwecke setzen sie ihre
wirthschaftliche Thätigkeit überhaupt in Bewegung und zu diesem
Zwecke tauschen sie auch die Güter aus, wo immer hiedurch
derselbe erreicht werden kann. Die Preise sind hiebei aber
lediglich accidentielle Erscheinungen, Symptome des ökonomischen
Ausgleiches zwischen den menschlichen Wirthschaften.

Wenn man die Schleussen zwischen zwei ruhig stehenden
Gewässern, deren Niveau ein verschiedenes ist, wegräumt, so
werfen sie Wellen, so lange, bis der Spiegel sich schliesslich
wieder glättet. Diese Wellen sind aber nur ein Symptom der
Einwirkung jener Kräfte, die wir die Schwere und die Trägheit
nennen. Solchen Wellen gleichen auch die Güterpreise, diese
Symptome des ökonomischen Ausgleiches des Güterbesitzes
zwischen den Wirthschaften. Die Kraft, die sie aber an die
Oberfläche der Erscheinung treibt, ist die letzte und allgemeine
Ursache aller wirthschaftlichen Bewegung, das Bestreben der
Menschen, ihre Bedürfnisse möglichst vollständig zu befriedigen,
ihre ökonomische Lage zu verbessern. Weil aber die Preise die
einzigen sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen des ganzen Pro-
cesses sind, ihre Höhe sich genau messen lässt und das tägliche

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[[172]/0190] Fünftes Capitel. Die Lehre vom Preise. Die Preise, oder mit andern Worten, die im Tausche zur Erscheinung gelangenden Güterquantitäten, so sehr sie sich auch unseren Sinnen aufdrängen und desshalb den gewöhnlichsten Gegenstand der wissenschaftlichen Beobachtung bilden, sind doch nichts weniger als das Wesentliche der ökonomischen Erschei- nung des Tausches. Dieses liegt vielmehr in der durch den Tausch herbeigeführten besseren Vorsorge für die Befriedigung der Bedürfnisse der beiden Tauschenden. Die wirthschaftenden Menschen haben das Bestreben, ihre ökonomische Lage nach Möglichkeit zu verbessern. Zu diesem Zwecke setzen sie ihre wirthschaftliche Thätigkeit überhaupt in Bewegung und zu diesem Zwecke tauschen sie auch die Güter aus, wo immer hiedurch derselbe erreicht werden kann. Die Preise sind hiebei aber lediglich accidentielle Erscheinungen, Symptome des ökonomischen Ausgleiches zwischen den menschlichen Wirthschaften. Wenn man die Schleussen zwischen zwei ruhig stehenden Gewässern, deren Niveau ein verschiedenes ist, wegräumt, so werfen sie Wellen, so lange, bis der Spiegel sich schliesslich wieder glättet. Diese Wellen sind aber nur ein Symptom der Einwirkung jener Kräfte, die wir die Schwere und die Trägheit nennen. Solchen Wellen gleichen auch die Güterpreise, diese Symptome des ökonomischen Ausgleiches des Güterbesitzes zwischen den Wirthschaften. Die Kraft, die sie aber an die Oberfläche der Erscheinung treibt, ist die letzte und allgemeine Ursache aller wirthschaftlichen Bewegung, das Bestreben der Menschen, ihre Bedürfnisse möglichst vollständig zu befriedigen, ihre ökonomische Lage zu verbessern. Weil aber die Preise die einzigen sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen des ganzen Pro- cesses sind, ihre Höhe sich genau messen lässt und das tägliche

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. [172]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/190>, abgerufen am 23.04.2024.