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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Preisbildung und Gütervertheilung bei beiderseitiger Concurrenz.
und noch jetzt kann der Reisende in Osteuropa und selbst bei
uns in kleinern Ortschaften der in Rede stehenden eigenthüm-
lichen Gattung von Monopolisten auf Schritt und Tritt begegnen,
Das Monopol, als factischer Zustand und nicht als gesellschaft-
liche Beschränkung der freien Concurrenz aufgefasst, ist dem-
nach der Regel nach das ältere, das ursprünglichere, die Con-
currenz das der Zeitfolge nach spätere und der Darsteller der
eigenthümlichen Erscheinungen des Tauschhandels unter dem
Vorherrschen der Concurrenz wird demnach mit Vortheil an
die Erscheinungen des Monopolhandels anknüpfen.

Die Art und Weise, in welcher sich die Concurrenz aus
dem Monopol entwickelt, hängt innig mit dem Fortschritte der
wirthschaftlichen Cultur zusammen. Das Anwachsen der Bevöl-
kerung, die gesteigerten Bedürfnisse der einzelnen wirthschaften-
den Individuen, ihr steigender Wohlstand, zwingen den Mono-
polisten in zahlreichen Fällen, selbst bei gesteigerter Production,
immer mehr Schichten der Bevölkerung von dem Genusse des
Monopolgutes auszuschliessen, gestatten ihm gleichzeitig, seine
Preise immer mehr und mehr emporzuschrauben und die Ge-
sellschaft wird solcherart zu einem immer günstigeren Objecte
für seine monopolistische Ausbeutungspolitik. Ein erster Hand-
werker irgend einer bestimmten Art, ein erster Arzt, ein erster
Rechtsfreund ist in jedem Orte ein willkommener Mann. Wenn
derselbe indess keiner Concurrenz begegnet, während gleich-
zeitig der Ort aufblüht, wird er fast ohne Ausnahme nach einiger
Zeit bei den minder wohlhabenden Schichten der Bevölkerung
in den Ruf eines harten und selbstsüchtigen Mannes kommen
und selbst bei den wohlhabenderen Bewohnern des Ortes für
eigennützig gelten. Dem wachsenden Bedarf der Gesellschaft
nach seinen Waaren, (beziehungsweise nach seinen Dienstleistun-
gen,) kann der Monopolist nicht immer entsprechen und, wenn
er es vermag, liegt eine entsprechende Vermehrung seines Ab-
satzes, wie wir sahen, nicht immer in seinem ökonomischen
Interesse. Er wird demnach in den meisten Fällen dazu geführt
werden, eine Auswahl zwischen seinen Kunden zu treffen und
ein Theil der Concurrenten um sein Monopolgut wird entweder
ganz leer ausgehen, oder damit doch nur widerwillig und schlecht
versorgt werden und selbst die wohlhabenderen Kunden werden

Preisbildung und Gütervertheilung bei beiderseitiger Concurrenz.
und noch jetzt kann der Reisende in Osteuropa und selbst bei
uns in kleinern Ortschaften der in Rede stehenden eigenthüm-
lichen Gattung von Monopolisten auf Schritt und Tritt begegnen,
Das Monopol, als factischer Zustand und nicht als gesellschaft-
liche Beschränkung der freien Concurrenz aufgefasst, ist dem-
nach der Regel nach das ältere, das ursprünglichere, die Con-
currenz das der Zeitfolge nach spätere und der Darsteller der
eigenthümlichen Erscheinungen des Tauschhandels unter dem
Vorherrschen der Concurrenz wird demnach mit Vortheil an
die Erscheinungen des Monopolhandels anknüpfen.

Die Art und Weise, in welcher sich die Concurrenz aus
dem Monopol entwickelt, hängt innig mit dem Fortschritte der
wirthschaftlichen Cultur zusammen. Das Anwachsen der Bevöl-
kerung, die gesteigerten Bedürfnisse der einzelnen wirthschaften-
den Individuen, ihr steigender Wohlstand, zwingen den Mono-
polisten in zahlreichen Fällen, selbst bei gesteigerter Production,
immer mehr Schichten der Bevölkerung von dem Genusse des
Monopolgutes auszuschliessen, gestatten ihm gleichzeitig, seine
Preise immer mehr und mehr emporzuschrauben und die Ge-
sellschaft wird solcherart zu einem immer günstigeren Objecte
für seine monopolistische Ausbeutungspolitik. Ein erster Hand-
werker irgend einer bestimmten Art, ein erster Arzt, ein erster
Rechtsfreund ist in jedem Orte ein willkommener Mann. Wenn
derselbe indess keiner Concurrenz begegnet, während gleich-
zeitig der Ort aufblüht, wird er fast ohne Ausnahme nach einiger
Zeit bei den minder wohlhabenden Schichten der Bevölkerung
in den Ruf eines harten und selbstsüchtigen Mannes kommen
und selbst bei den wohlhabenderen Bewohnern des Ortes für
eigennützig gelten. Dem wachsenden Bedarf der Gesellschaft
nach seinen Waaren, (beziehungsweise nach seinen Dienstleistun-
gen,) kann der Monopolist nicht immer entsprechen und, wenn
er es vermag, liegt eine entsprechende Vermehrung seines Ab-
satzes, wie wir sahen, nicht immer in seinem ökonomischen
Interesse. Er wird demnach in den meisten Fällen dazu geführt
werden, eine Auswahl zwischen seinen Kunden zu treffen und
ein Theil der Concurrenten um sein Monopolgut wird entweder
ganz leer ausgehen, oder damit doch nur widerwillig und schlecht
versorgt werden und selbst die wohlhabenderen Kunden werden

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[202/0220] Preisbildung und Gütervertheilung bei beiderseitiger Concurrenz. und noch jetzt kann der Reisende in Osteuropa und selbst bei uns in kleinern Ortschaften der in Rede stehenden eigenthüm- lichen Gattung von Monopolisten auf Schritt und Tritt begegnen, Das Monopol, als factischer Zustand und nicht als gesellschaft- liche Beschränkung der freien Concurrenz aufgefasst, ist dem- nach der Regel nach das ältere, das ursprünglichere, die Con- currenz das der Zeitfolge nach spätere und der Darsteller der eigenthümlichen Erscheinungen des Tauschhandels unter dem Vorherrschen der Concurrenz wird demnach mit Vortheil an die Erscheinungen des Monopolhandels anknüpfen. Die Art und Weise, in welcher sich die Concurrenz aus dem Monopol entwickelt, hängt innig mit dem Fortschritte der wirthschaftlichen Cultur zusammen. Das Anwachsen der Bevöl- kerung, die gesteigerten Bedürfnisse der einzelnen wirthschaften- den Individuen, ihr steigender Wohlstand, zwingen den Mono- polisten in zahlreichen Fällen, selbst bei gesteigerter Production, immer mehr Schichten der Bevölkerung von dem Genusse des Monopolgutes auszuschliessen, gestatten ihm gleichzeitig, seine Preise immer mehr und mehr emporzuschrauben und die Ge- sellschaft wird solcherart zu einem immer günstigeren Objecte für seine monopolistische Ausbeutungspolitik. Ein erster Hand- werker irgend einer bestimmten Art, ein erster Arzt, ein erster Rechtsfreund ist in jedem Orte ein willkommener Mann. Wenn derselbe indess keiner Concurrenz begegnet, während gleich- zeitig der Ort aufblüht, wird er fast ohne Ausnahme nach einiger Zeit bei den minder wohlhabenden Schichten der Bevölkerung in den Ruf eines harten und selbstsüchtigen Mannes kommen und selbst bei den wohlhabenderen Bewohnern des Ortes für eigennützig gelten. Dem wachsenden Bedarf der Gesellschaft nach seinen Waaren, (beziehungsweise nach seinen Dienstleistun- gen,) kann der Monopolist nicht immer entsprechen und, wenn er es vermag, liegt eine entsprechende Vermehrung seines Ab- satzes, wie wir sahen, nicht immer in seinem ökonomischen Interesse. Er wird demnach in den meisten Fällen dazu geführt werden, eine Auswahl zwischen seinen Kunden zu treffen und ein Theil der Concurrenten um sein Monopolgut wird entweder ganz leer ausgehen, oder damit doch nur widerwillig und schlecht versorgt werden und selbst die wohlhabenderen Kunden werden

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/220>, abgerufen am 19.04.2024.