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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Der menschliche Bedarf.

Je weiter die Menschen in der Cultur fortschreiten, um so
mehr pflegen bei hoch entwickelter Arbeitstheilung einzelne
Personen Quantitäten von Gütern höherer Ordnung unter der
stillschweigenden und, der Regel nach, auch zutreffenden
Voraussetzung zu produciren, dass andere Personen die ent-
sprechenden Quantitäten der complementären Güter ihrerseits
hervorbringen werden. Diejenigen, welche Operngläser verfertigen,
produciren in den seltensten Fällen die Glaslinsen, die Elfenbein-
oder Schildkrötendecken und die Bronce, aus welchen diese
Operngläser zusammengesetzt sind. Vielmehr ist bekannt, dass
die Verfertiger dieser Gläser der Regel nach die einzelnen Theile
derselben von besonderen Fabrikanten oder Künstlern beziehen,
diese Theile nur zusammensetzen und etwa noch die letzte
Hand an dieselben legen. Der Glasschleifer, welcher die Linsen,
der Galanteriewaaren-Arbeiter, der die Elfenbein- oder Schild-
krötendecken, und der Broncearbeiter, welcher das Broncewerk
verfertigt, alle diese Personen sind unter der stillschweigenden
Voraussetzung thätig, dass ein Bedarf an ihren Producten vor-
handen ist und doch ist nichts sicherer, als dass der effective
Bedarf an den Producten eines jeden einzelnen derselben durch
die Production der complementären Quantitäten bedingt ist, so
zwar, dass wenn die Production der Glaslinsen eine Unterbrechung
erleidet, auch der effective Bedarf an den übrigen zur Production
von Fernröhren, Operngläsern und dergleichen Güter mehr
erforderlichen Gütern höherer Ordnung latent wird und dann
wirthschaftliche Störungen zu Tage treten, welche man im ge-
wöhnlichen Leben als völlig abnorm zu bezeichnen pflegt, die in
Wahrheit aber ganz gesetzmässig sind.

c) Die Zeitgrenzen, innerhalb welcher sich die menschlichen Bedürfnisse
geltend machen.

Es erübrigt uns nur noch bei der gegenwärtigen Unter-
suchung das Moment der Zeit in Betracht zu ziehen und darzuthun,
innerhalb welcher Zeitgränzen unser Bedarf an Gütern that-
sächlich hervortritt.

Hier ist nun zunächst klar, dass unser Bedarf an Gütern
erster Ordnung, mit Rücksicht auf einen gegebenen kommenden
Zeitraum, gedeckt erscheint, wofern wir innerhalb dieses Zeit-

Der menschliche Bedarf.

Je weiter die Menschen in der Cultur fortschreiten, um so
mehr pflegen bei hoch entwickelter Arbeitstheilung einzelne
Personen Quantitäten von Gütern höherer Ordnung unter der
stillschweigenden und, der Regel nach, auch zutreffenden
Voraussetzung zu produciren, dass andere Personen die ent-
sprechenden Quantitäten der complementären Güter ihrerseits
hervorbringen werden. Diejenigen, welche Operngläser verfertigen,
produciren in den seltensten Fällen die Glaslinsen, die Elfenbein-
oder Schildkrötendecken und die Bronce, aus welchen diese
Operngläser zusammengesetzt sind. Vielmehr ist bekannt, dass
die Verfertiger dieser Gläser der Regel nach die einzelnen Theile
derselben von besonderen Fabrikanten oder Künstlern beziehen,
diese Theile nur zusammensetzen und etwa noch die letzte
Hand an dieselben legen. Der Glasschleifer, welcher die Linsen,
der Galanteriewaaren-Arbeiter, der die Elfenbein- oder Schild-
krötendecken, und der Broncearbeiter, welcher das Broncewerk
verfertigt, alle diese Personen sind unter der stillschweigenden
Voraussetzung thätig, dass ein Bedarf an ihren Producten vor-
handen ist und doch ist nichts sicherer, als dass der effective
Bedarf an den Producten eines jeden einzelnen derselben durch
die Production der complementären Quantitäten bedingt ist, so
zwar, dass wenn die Production der Glaslinsen eine Unterbrechung
erleidet, auch der effective Bedarf an den übrigen zur Production
von Fernröhren, Operngläsern und dergleichen Güter mehr
erforderlichen Gütern höherer Ordnung latent wird und dann
wirthschaftliche Störungen zu Tage treten, welche man im ge-
wöhnlichen Leben als völlig abnorm zu bezeichnen pflegt, die in
Wahrheit aber ganz gesetzmässig sind.

c) Die Zeitgrenzen, innerhalb welcher sich die menschlichen Bedürfnisse
geltend machen.

Es erübrigt uns nur noch bei der gegenwärtigen Unter-
suchung das Moment der Zeit in Betracht zu ziehen und darzuthun,
innerhalb welcher Zeitgränzen unser Bedarf an Gütern that-
sächlich hervortritt.

Hier ist nun zunächst klar, dass unser Bedarf an Gütern
erster Ordnung, mit Rücksicht auf einen gegebenen kommenden
Zeitraum, gedeckt erscheint, wofern wir innerhalb dieses Zeit-

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[43/0061] Der menschliche Bedarf. Je weiter die Menschen in der Cultur fortschreiten, um so mehr pflegen bei hoch entwickelter Arbeitstheilung einzelne Personen Quantitäten von Gütern höherer Ordnung unter der stillschweigenden und, der Regel nach, auch zutreffenden Voraussetzung zu produciren, dass andere Personen die ent- sprechenden Quantitäten der complementären Güter ihrerseits hervorbringen werden. Diejenigen, welche Operngläser verfertigen, produciren in den seltensten Fällen die Glaslinsen, die Elfenbein- oder Schildkrötendecken und die Bronce, aus welchen diese Operngläser zusammengesetzt sind. Vielmehr ist bekannt, dass die Verfertiger dieser Gläser der Regel nach die einzelnen Theile derselben von besonderen Fabrikanten oder Künstlern beziehen, diese Theile nur zusammensetzen und etwa noch die letzte Hand an dieselben legen. Der Glasschleifer, welcher die Linsen, der Galanteriewaaren-Arbeiter, der die Elfenbein- oder Schild- krötendecken, und der Broncearbeiter, welcher das Broncewerk verfertigt, alle diese Personen sind unter der stillschweigenden Voraussetzung thätig, dass ein Bedarf an ihren Producten vor- handen ist und doch ist nichts sicherer, als dass der effective Bedarf an den Producten eines jeden einzelnen derselben durch die Production der complementären Quantitäten bedingt ist, so zwar, dass wenn die Production der Glaslinsen eine Unterbrechung erleidet, auch der effective Bedarf an den übrigen zur Production von Fernröhren, Operngläsern und dergleichen Güter mehr erforderlichen Gütern höherer Ordnung latent wird und dann wirthschaftliche Störungen zu Tage treten, welche man im ge- wöhnlichen Leben als völlig abnorm zu bezeichnen pflegt, die in Wahrheit aber ganz gesetzmässig sind. c) Die Zeitgrenzen, innerhalb welcher sich die menschlichen Bedürfnisse geltend machen. Es erübrigt uns nur noch bei der gegenwärtigen Unter- suchung das Moment der Zeit in Betracht zu ziehen und darzuthun, innerhalb welcher Zeitgränzen unser Bedarf an Gütern that- sächlich hervortritt. Hier ist nun zunächst klar, dass unser Bedarf an Gütern erster Ordnung, mit Rücksicht auf einen gegebenen kommenden Zeitraum, gedeckt erscheint, wofern wir innerhalb dieses Zeit-

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/61>, abgerufen am 29.03.2024.