Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.

Bild:
<< vorherige Seite

es schlecht, wenn sie kein Geld hat. Aller Glauben
und Aberglauben, auf welchen in frühern Zeiten die
Macht, Würde und Legitimität beruhten, ist jetzt in
den einzigen an das Geld zusammengeschmolzen. Der
reichste Staat ist der ligitimste und der reichste Pri¬
vatmann der nobelste. Das Geld duldet keinen an¬
dern Unterschied, als den seiner Besitzer. Es ent¬
waffnet jede andere Macht, überstrahlt jeden andern
Glanz. Darum hat es aber auch jenes Phantom der
Ideologen, die allgemeine Gleichheit, wirklich ins
praktische Leben eingeführt, so weit dies möglich ist.
Geld ist der Schlüssel zu allem, und jeder Mensch
kann ihn finden. Die Gleichheit des Geldreichthums
oder des Geldmangels hat alle Stände gemischt. Der
reiche Jude wird baronisirt, der arme Baron wird
ein Kornjude, ja es gibt Fürsten, die von Pensionen
leben, und Juden, die sie bezahlen.


es ſchlecht, wenn ſie kein Geld hat. Aller Glauben
und Aberglauben, auf welchen in fruͤhern Zeiten die
Macht, Wuͤrde und Legitimitaͤt beruhten, iſt jetzt in
den einzigen an das Geld zuſammengeſchmolzen. Der
reichſte Staat iſt der ligitimſte und der reichſte Pri¬
vatmann der nobelſte. Das Geld duldet keinen an¬
dern Unterſchied, als den ſeiner Beſitzer. Es ent¬
waffnet jede andere Macht, uͤberſtrahlt jeden andern
Glanz. Darum hat es aber auch jenes Phantom der
Ideologen, die allgemeine Gleichheit, wirklich ins
praktiſche Leben eingefuͤhrt, ſo weit dies moͤglich iſt.
Geld iſt der Schluͤſſel zu allem, und jeder Menſch
kann ihn finden. Die Gleichheit des Geldreichthums
oder des Geldmangels hat alle Staͤnde gemiſcht. Der
reiche Jude wird baroniſirt, der arme Baron wird
ein Kornjude, ja es gibt Fuͤrſten, die von Penſionen
leben, und Juden, die ſie bezahlen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0054" n="44"/>
es &#x017F;chlecht, wenn &#x017F;ie kein Geld hat. Aller Glauben<lb/>
und Aberglauben, auf welchen in fru&#x0364;hern Zeiten die<lb/>
Macht, Wu&#x0364;rde und Legitimita&#x0364;t beruhten, i&#x017F;t jetzt in<lb/>
den einzigen an das Geld zu&#x017F;ammenge&#x017F;chmolzen. Der<lb/>
reich&#x017F;te Staat i&#x017F;t der ligitim&#x017F;te und der reich&#x017F;te Pri¬<lb/>
vatmann der nobel&#x017F;te. Das Geld duldet keinen an¬<lb/>
dern Unter&#x017F;chied, als den &#x017F;einer Be&#x017F;itzer. Es ent¬<lb/>
waffnet jede andere Macht, u&#x0364;ber&#x017F;trahlt jeden andern<lb/>
Glanz. Darum hat es aber auch jenes Phantom der<lb/>
Ideologen, die allgemeine Gleichheit, wirklich ins<lb/>
prakti&#x017F;che Leben eingefu&#x0364;hrt, &#x017F;o weit dies mo&#x0364;glich i&#x017F;t.<lb/>
Geld i&#x017F;t der Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zu allem, und jeder Men&#x017F;ch<lb/>
kann ihn finden. Die Gleichheit des Geldreichthums<lb/>
oder des Geldmangels hat alle Sta&#x0364;nde gemi&#x017F;cht. Der<lb/>
reiche Jude wird baroni&#x017F;irt, der arme Baron wird<lb/>
ein Kornjude, ja es gibt Fu&#x0364;r&#x017F;ten, die von Pen&#x017F;ionen<lb/>
leben, und Juden, die &#x017F;ie bezahlen.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0054] es ſchlecht, wenn ſie kein Geld hat. Aller Glauben und Aberglauben, auf welchen in fruͤhern Zeiten die Macht, Wuͤrde und Legitimitaͤt beruhten, iſt jetzt in den einzigen an das Geld zuſammengeſchmolzen. Der reichſte Staat iſt der ligitimſte und der reichſte Pri¬ vatmann der nobelſte. Das Geld duldet keinen an¬ dern Unterſchied, als den ſeiner Beſitzer. Es ent¬ waffnet jede andere Macht, uͤberſtrahlt jeden andern Glanz. Darum hat es aber auch jenes Phantom der Ideologen, die allgemeine Gleichheit, wirklich ins praktiſche Leben eingefuͤhrt, ſo weit dies moͤglich iſt. Geld iſt der Schluͤſſel zu allem, und jeder Menſch kann ihn finden. Die Gleichheit des Geldreichthums oder des Geldmangels hat alle Staͤnde gemiſcht. Der reiche Jude wird baroniſirt, der arme Baron wird ein Kornjude, ja es gibt Fuͤrſten, die von Penſionen leben, und Juden, die ſie bezahlen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/54
Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/54>, abgerufen am 19.04.2024.