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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Hirtenfeuer.
Ließest unter uns dich nieder,
Liebe, liebenswerthe Frau,
Aber heute ziehst du wieder,
Wie die Sterne ziehn im Blau.
Siehst den Abendstern du blinken
Dort vor seinem Untergang?
Einen Augenblick im Sinken
Ruht er auf dem Bergeshang.
In der flüchtigen Minute,
In dem eilenden Moment
Ist's als ob er gastlich ruhte,
Wie ein Hirtenfeuer brennt.
Aber nur die kleinste Weile
Bringt er auf der Erde zu,
Sieh -- er zittert ja vor Eile
Und verschwindet, Frau, wie du.

C. F. Meyer, Gedichte. 12
Hirtenfeuer.
Ließeſt unter uns dich nieder,
Liebe, liebenswerthe Frau,
Aber heute ziehſt du wieder,
Wie die Sterne ziehn im Blau.
Siehſt den Abendſtern du blinken
Dort vor ſeinem Untergang?
Einen Augenblick im Sinken
Ruht er auf dem Bergeshang.
In der flüchtigen Minute,
In dem eilenden Moment
Iſt's als ob er gaſtlich ruhte,
Wie ein Hirtenfeuer brennt.
Aber nur die kleinſte Weile
Bringt er auf der Erde zu,
Sieh — er zittert ja vor Eile
Und verſchwindet, Frau, wie du.

C. F. Meyer, Gedichte. 12
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[177/0191] Hirtenfeuer. Ließeſt unter uns dich nieder, Liebe, liebenswerthe Frau, Aber heute ziehſt du wieder, Wie die Sterne ziehn im Blau. Siehſt den Abendſtern du blinken Dort vor ſeinem Untergang? Einen Augenblick im Sinken Ruht er auf dem Bergeshang. In der flüchtigen Minute, In dem eilenden Moment Iſt's als ob er gaſtlich ruhte, Wie ein Hirtenfeuer brennt. Aber nur die kleinſte Weile Bringt er auf der Erde zu, Sieh — er zittert ja vor Eile Und verſchwindet, Frau, wie du. C. F. Meyer, Gedichte. 12

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/191>, abgerufen am 29.03.2024.