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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Das verlorene Schwert.
Der Gallier letzte Burg und Stadt erlag
Nach einem letzten durchgekämpften Tag
Und Julius Cäsar tritt in ihren Hain,
In ihren stillen Göttertempel ein.
Die Weihgeschenke sieht gehäuft er dort,
Von Gold und Silber manchen lichten Hort
Und edeln Raub. Doch über Hort und Schatz
Hangt ein erbeutet Schwert am Ehrenplatz.
Es ist die Römerklinge kurz und schlicht --
Des Juliers scharfer Blick verläßt sie nicht,
Er haftet auf der Waffe wie gebannt,
Sie däucht dem Sieger wunderlich bekannt!
Mit einem Lächeln deutet er empor:
"Ein armer Fechter der sein Schwert verlor!"
Da ruft ein junger Gallier aufgebracht:
"Du selbst verlorest's im Gedräng der Schlacht!"
Mit zorn'ger Faust ergreift's ein Legionar --
"Nein, tapfrer Strabo, laß es dem Altar!
Verloren ging's in steilem Siegeslauf
Und heißem Ringen. Götter hoben's auf."

Das verlorene Schwert.
Der Gallier letzte Burg und Stadt erlag
Nach einem letzten durchgekämpften Tag
Und Julius Cäſar tritt in ihren Hain,
In ihren ſtillen Göttertempel ein.
Die Weihgeſchenke ſieht gehäuft er dort,
Von Gold und Silber manchen lichten Hort
Und edeln Raub. Doch über Hort und Schatz
Hangt ein erbeutet Schwert am Ehrenplatz.
Es iſt die Römerklinge kurz und ſchlicht —
Des Juliers ſcharfer Blick verläßt ſie nicht,
Er haftet auf der Waffe wie gebannt,
Sie däucht dem Sieger wunderlich bekannt!
Mit einem Lächeln deutet er empor:
„Ein armer Fechter der ſein Schwert verlor!“
Da ruft ein junger Gallier aufgebracht:
„Du ſelbſt verloreſt's im Gedräng der Schlacht!“
Mit zorn'ger Fauſt ergreift's ein Legionar —
„Nein, tapfrer Strabo, laß es dem Altar!
Verloren ging's in ſteilem Siegeslauf
Und heißem Ringen. Götter hoben's auf.“

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[210/0224] Das verlorene Schwert. Der Gallier letzte Burg und Stadt erlag Nach einem letzten durchgekämpften Tag Und Julius Cäſar tritt in ihren Hain, In ihren ſtillen Göttertempel ein. Die Weihgeſchenke ſieht gehäuft er dort, Von Gold und Silber manchen lichten Hort Und edeln Raub. Doch über Hort und Schatz Hangt ein erbeutet Schwert am Ehrenplatz. Es iſt die Römerklinge kurz und ſchlicht — Des Juliers ſcharfer Blick verläßt ſie nicht, Er haftet auf der Waffe wie gebannt, Sie däucht dem Sieger wunderlich bekannt! Mit einem Lächeln deutet er empor: „Ein armer Fechter der ſein Schwert verlor!“ Da ruft ein junger Gallier aufgebracht: „Du ſelbſt verloreſt's im Gedräng der Schlacht!“ Mit zorn'ger Fauſt ergreift's ein Legionar — „Nein, tapfrer Strabo, laß es dem Altar! Verloren ging's in ſteilem Siegeslauf Und heißem Ringen. Götter hoben's auf.“

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/224>, abgerufen am 28.03.2024.