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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Die gegeißelte Psyche.
Wo von alter Schönheit Trümmern
Marmorhell die Säle schimmern,
Windet blaß und lieblich eine
Psyche sich im Marmelsteine.
Unsichtbarem Geißelhiebe
Beugt sie sich in Qual und Liebe,
Auf den zarten Knieen liegend,
Enge sich zusammenschmiegend.
Flehend halb und halb geduldig
Trägt sie Schmach und weiß sich schuldig,
Ihre Schmerzensblicke fragen:
Liebst du mich? und kannst mich schlagen?
Soll dich der Olymp begrüßen,
Arme Psyche, mußt du büßen!
Eros, der dich sucht und peinigt,
Will dich selig und gereinigt.

Die gegeißelte Pſyche.
Wo von alter Schönheit Trümmern
Marmorhell die Säle ſchimmern,
Windet blaß und lieblich eine
Pſyche ſich im Marmelſteine.
Unſichtbarem Geißelhiebe
Beugt ſie ſich in Qual und Liebe,
Auf den zarten Knieen liegend,
Enge ſich zuſammenſchmiegend.
Flehend halb und halb geduldig
Trägt ſie Schmach und weiß ſich ſchuldig,
Ihre Schmerzensblicke fragen:
Liebſt du mich? und kannſt mich ſchlagen?
Soll dich der Olymp begrüßen,
Arme Pſyche, mußt du büßen!
Eros, der dich ſucht und peinigt,
Will dich ſelig und gereinigt.

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[128/0142] Die gegeißelte Pſyche. Wo von alter Schönheit Trümmern Marmorhell die Säle ſchimmern, Windet blaß und lieblich eine Pſyche ſich im Marmelſteine. Unſichtbarem Geißelhiebe Beugt ſie ſich in Qual und Liebe, Auf den zarten Knieen liegend, Enge ſich zuſammenſchmiegend. Flehend halb und halb geduldig Trägt ſie Schmach und weiß ſich ſchuldig, Ihre Schmerzensblicke fragen: Liebſt du mich? und kannſt mich ſchlagen? Soll dich der Olymp begrüßen, Arme Pſyche, mußt du büßen! Eros, der dich ſucht und peinigt, Will dich ſelig und gereinigt.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/142>, abgerufen am 19.04.2024.