Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
Nicola Pesce.
Ein halbes Jährchen hab' ich nun geschwommen
Und noch behagt mir dieses kühle Gleiten,
Der Arme lässig Auseinanderbreiten --
Die Fastenspeise mag der Seele frommen!
Halb schlummernd lieg' ich stundenlang, umglommen
Von Wetterleuchten, bis auf allen Seiten
Sich Wogen thürmen. Männlich gilt's zu streiten.
Ich freue mich. Stets bin ich durchgekommen.
Was machte mich zum Fisch? Ein Mißverständniß
Mit meinem Weib. Vermehrte Menschenkenntniß.
Mein Wanderdrang und meine Farbenlust.
Die Furcht verlernt' ich über Todestiefen,
Fast bis zum Frieren kühlt' ich mir die Brust --
Ich bleib' ein Fisch und meine Haare triefen!

Nicola Pesce.
Ein halbes Jährchen hab' ich nun geſchwommen
Und noch behagt mir dieſes kühle Gleiten,
Der Arme läſſig Auseinanderbreiten —
Die Faſtenſpeiſe mag der Seele frommen!
Halb ſchlummernd lieg' ich ſtundenlang, umglommen
Von Wetterleuchten, bis auf allen Seiten
Sich Wogen thürmen. Männlich gilt's zu ſtreiten.
Ich freue mich. Stets bin ich durchgekommen.
Was machte mich zum Fiſch? Ein Mißverſtändniß
Mit meinem Weib. Vermehrte Menſchenkenntniß.
Mein Wanderdrang und meine Farbenluſt.
Die Furcht verlernt' ich über Todestiefen,
Faſt bis zum Frieren kühlt' ich mir die Bruſt —
Ich bleib' ein Fiſch und meine Haare triefen!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0158" n="144"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Nicola Pesce.<lb/></head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ein halbes Jährchen hab' ich nun ge&#x017F;chwommen</l><lb/>
              <l>Und noch behagt mir die&#x017F;es kühle Gleiten,</l><lb/>
              <l>Der Arme lä&#x017F;&#x017F;ig Auseinanderbreiten &#x2014;</l><lb/>
              <l>Die Fa&#x017F;ten&#x017F;pei&#x017F;e mag der Seele frommen!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Halb &#x017F;chlummernd lieg' ich &#x017F;tundenlang, umglommen</l><lb/>
              <l>Von Wetterleuchten, bis auf allen Seiten</l><lb/>
              <l>Sich Wogen thürmen. Männlich gilt's zu &#x017F;treiten.</l><lb/>
              <l>Ich freue mich. Stets bin ich durchgekommen.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Was machte mich zum Fi&#x017F;ch? Ein Mißver&#x017F;tändniß</l><lb/>
              <l>Mit meinem Weib. Vermehrte Men&#x017F;chenkenntniß.</l><lb/>
              <l>Mein Wanderdrang und meine Farbenlu&#x017F;t.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Die Furcht verlernt' ich über Todestiefen,</l><lb/>
              <l>Fa&#x017F;t bis zum Frieren kühlt' ich mir die Bru&#x017F;t &#x2014;</l><lb/>
              <l>Ich <hi rendition="#g">bleib</hi>' ein Fi&#x017F;ch und meine Haare triefen!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0158] Nicola Pesce. Ein halbes Jährchen hab' ich nun geſchwommen Und noch behagt mir dieſes kühle Gleiten, Der Arme läſſig Auseinanderbreiten — Die Faſtenſpeiſe mag der Seele frommen! Halb ſchlummernd lieg' ich ſtundenlang, umglommen Von Wetterleuchten, bis auf allen Seiten Sich Wogen thürmen. Männlich gilt's zu ſtreiten. Ich freue mich. Stets bin ich durchgekommen. Was machte mich zum Fiſch? Ein Mißverſtändniß Mit meinem Weib. Vermehrte Menſchenkenntniß. Mein Wanderdrang und meine Farbenluſt. Die Furcht verlernt' ich über Todestiefen, Faſt bis zum Frieren kühlt' ich mir die Bruſt — Ich bleib' ein Fiſch und meine Haare triefen!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/158
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/158>, abgerufen am 19.04.2024.