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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Dem Paar zu Häupten murmelt leer
Und schnell ein feiles Priesterwort --
"Die Rosse her! Die Rosse her!
Zum Thor hinaus! Ins Freie fort!
Du lieb Geschöpf! Du bebst wie Laub!
Verlarve dir das Angesicht!
Faß Muth! Ich bringe meinen Raub,
In eine Burg die Keiner bricht!"
Am Rand der Arnobrücke steht
Ein schwarzverwittert Marmelbild
Mit Helmgeflatter, Kriegsgerät,
Gott Mars, und lächelt falsch und wild.
Das Schwert des Gottes schüttert leis.
Da springt hervor mit Erzeslaut
Ein Hinterhalt, ein Mörderkreis,
Die Sippe der verrathnen Braut.
"Verdammter, stirb!" -- "Geliebte, flieh!"
Wild ringend stürzt er umgebracht,
An seinen Busen gleitet sie
Und sinkt mit ihm in Eine Nacht.
Herab von aller Thürme Hang
Verkündet gellend Sturmgeläut
Den Bürgerkampf. Das Schwert erklang
Dem Gott, der sich des Mordes freut.

Dem Paar zu Häupten murmelt leer
Und ſchnell ein feiles Prieſterwort —
„Die Roſſe her! Die Roſſe her!
Zum Thor hinaus! Ins Freie fort!
Du lieb Geſchöpf! Du bebſt wie Laub!
Verlarve dir das Angeſicht!
Faß Muth! Ich bringe meinen Raub,
In eine Burg die Keiner bricht!“
Am Rand der Arnobrücke ſteht
Ein ſchwarzverwittert Marmelbild
Mit Helmgeflatter, Kriegsgerät,
Gott Mars, und lächelt falſch und wild.
Das Schwert des Gottes ſchüttert leis.
Da ſpringt hervor mit Erzeslaut
Ein Hinterhalt, ein Mörderkreis,
Die Sippe der verrathnen Braut.
„Verdammter, ſtirb!“ — „Geliebte, flieh!“
Wild ringend ſtürzt er umgebracht,
An ſeinen Buſen gleitet ſie
Und ſinkt mit ihm in Eine Nacht.
Herab von aller Thürme Hang
Verkündet gellend Sturmgeläut
Den Bürgerkampf. Das Schwert erklang
Dem Gott, der ſich des Mordes freut.

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[246/0260] Dem Paar zu Häupten murmelt leer Und ſchnell ein feiles Prieſterwort — „Die Roſſe her! Die Roſſe her! Zum Thor hinaus! Ins Freie fort! Du lieb Geſchöpf! Du bebſt wie Laub! Verlarve dir das Angeſicht! Faß Muth! Ich bringe meinen Raub, In eine Burg die Keiner bricht!“ Am Rand der Arnobrücke ſteht Ein ſchwarzverwittert Marmelbild Mit Helmgeflatter, Kriegsgerät, Gott Mars, und lächelt falſch und wild. Das Schwert des Gottes ſchüttert leis. Da ſpringt hervor mit Erzeslaut Ein Hinterhalt, ein Mörderkreis, Die Sippe der verrathnen Braut. „Verdammter, ſtirb!“ — „Geliebte, flieh!“ Wild ringend ſtürzt er umgebracht, An ſeinen Buſen gleitet ſie Und ſinkt mit ihm in Eine Nacht. Herab von aller Thürme Hang Verkündet gellend Sturmgeläut Den Bürgerkampf. Das Schwert erklang Dem Gott, der ſich des Mordes freut.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/260>, abgerufen am 19.04.2024.