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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Ob sie den ersten Meister kennen
Des Werks, das sie zu enden brennen?
Nach den Gesichtern keck und neu
Blickt' ich hinüber still und scheu ...
Mit einem Male rief ein dreister
Gesell: "Begrüßt den alten Meister!"
Und riß die Kappe sich vom Haar,
Da grüßte mich die ganze Schaar.
Habt Dank und Gottes Lohn, Gesellen!
Ihr wollet die Gerüste stellen?
Nicht ich -- Habt Dank und Gottes Lohn --
Geht hin und rufet meinen Sohn!
Wie wird mir? ... Schallt im Dom das Amt?
Die Glocken dröhnen allesammt ..."
Er faßt des Sohnes Rechte. "Schau!
Es steigt ... Mein Münster steigt im Blau!"
Er starrt, den Blick emporgewendet.
Er neigt das Haupt. Er seufzt: "Vollendet!"

18*
Ob ſie den erſten Meiſter kennen
Des Werks, das ſie zu enden brennen?
Nach den Geſichtern keck und neu
Blickt' ich hinüber ſtill und ſcheu ...
Mit einem Male rief ein dreiſter
Geſell: „Begrüßt den alten Meiſter!“
Und riß die Kappe ſich vom Haar,
Da grüßte mich die ganze Schaar.
Habt Dank und Gottes Lohn, Geſellen!
Ihr wollet die Gerüſte ſtellen?
Nicht ich — Habt Dank und Gottes Lohn —
Geht hin und rufet meinen Sohn!
Wie wird mir? ... Schallt im Dom das Amt?
Die Glocken dröhnen alleſammt ...“
Er faßt des Sohnes Rechte. „Schau!
Es ſteigt ... Mein Münſter ſteigt im Blau!“
Er ſtarrt, den Blick emporgewendet.
Er neigt das Haupt. Er ſeufzt: „Vollendet!“

18*
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[275/0289] Ob ſie den erſten Meiſter kennen Des Werks, das ſie zu enden brennen? Nach den Geſichtern keck und neu Blickt' ich hinüber ſtill und ſcheu ... Mit einem Male rief ein dreiſter Geſell: „Begrüßt den alten Meiſter!“ Und riß die Kappe ſich vom Haar, Da grüßte mich die ganze Schaar. Habt Dank und Gottes Lohn, Geſellen! Ihr wollet die Gerüſte ſtellen? Nicht ich — Habt Dank und Gottes Lohn — Geht hin und rufet meinen Sohn! Wie wird mir? ... Schallt im Dom das Amt? Die Glocken dröhnen alleſammt ...“ Er faßt des Sohnes Rechte. „Schau! Es ſteigt ... Mein Münſter ſteigt im Blau!“ Er ſtarrt, den Blick emporgewendet. Er neigt das Haupt. Er ſeufzt: „Vollendet!“ 18*

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/289>, abgerufen am 29.03.2024.