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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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So darbt's und dämmert's langezeit,
Schon gab ich es verloren,
Und nun, bei meiner Seligkeit,
Ist Heimchen neu geboren!
Bedenkt, es hockte gram und lahm
An Dielen und an Wänden,
Jetzt jubelt's wie ein Bräutigam
Und kann nur gar nicht enden!"
Miguel ist fort und wieder da,
Die Fingerspitze zeigend:
Da sitzt es ja! da singt es ja!
Die Männer lauschen schweigend --
Dann sinnen sie der Sache nach,
Den Lustgesang im Ohre,
Sie schütteln sich die Hände jach
Und schrei'n in wildem Chore:
"Das Heimchen zirpt! Das Heimchen zirpt!
Bald schwelgen wir in Beute!
Wer spielt, gewinnt! Wer wagt, erwirbt!
Wir sind gemachte Leute!
Die Küste winkt! Das Gold erblinkt,
Davon die Sagen melden!
Das Morgen steigt! Das Gestern sinkt!
Wir sind berühmte Helden!"

So darbt's und dämmert's langezeit,
Schon gab ich es verloren,
Und nun, bei meiner Seligkeit,
Iſt Heimchen neu geboren!
Bedenkt, es hockte gram und lahm
An Dielen und an Wänden,
Jetzt jubelt's wie ein Bräutigam
Und kann nur gar nicht enden!“
Miguel iſt fort und wieder da,
Die Fingerſpitze zeigend:
Da ſitzt es ja! da ſingt es ja!
Die Männer lauſchen ſchweigend —
Dann ſinnen ſie der Sache nach,
Den Luſtgeſang im Ohre,
Sie ſchütteln ſich die Hände jach
Und ſchrei'n in wildem Chore:
„Das Heimchen zirpt! Das Heimchen zirpt!
Bald ſchwelgen wir in Beute!
Wer ſpielt, gewinnt! Wer wagt, erwirbt!
Wir ſind gemachte Leute!
Die Küſte winkt! Das Gold erblinkt,
Davon die Sagen melden!
Das Morgen ſteigt! Das Geſtern ſinkt!
Wir ſind berühmte Helden!“

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[285/0299] So darbt's und dämmert's langezeit, Schon gab ich es verloren, Und nun, bei meiner Seligkeit, Iſt Heimchen neu geboren! Bedenkt, es hockte gram und lahm An Dielen und an Wänden, Jetzt jubelt's wie ein Bräutigam Und kann nur gar nicht enden!“ Miguel iſt fort und wieder da, Die Fingerſpitze zeigend: Da ſitzt es ja! da ſingt es ja! Die Männer lauſchen ſchweigend — Dann ſinnen ſie der Sache nach, Den Luſtgeſang im Ohre, Sie ſchütteln ſich die Hände jach Und ſchrei'n in wildem Chore: „Das Heimchen zirpt! Das Heimchen zirpt! Bald ſchwelgen wir in Beute! Wer ſpielt, gewinnt! Wer wagt, erwirbt! Wir ſind gemachte Leute! Die Küſte winkt! Das Gold erblinkt, Davon die Sagen melden! Das Morgen ſteigt! Das Geſtern ſinkt! Wir ſind berühmte Helden!“

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/299>, abgerufen am 25.04.2024.