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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Wär' ich ein römisch blöder Mann,
Ich wähnte dann:
Damit hätt' ich's verbrochen,
Daß triumphirend ich hinaus
Zum Gotteshaus
Schmiß Mühmchen Lisbeths Knochen! *
Jüngst warf ich auf den Festungsrain
Ein Stüberlein
Dem Bettler hin, dem lahmen:
Den schlug der Spanier bis aufs Blut --
Mich fraß die Wuth --
Der Teufel hol' ihn! Amen!
Wohl läg' ich besser auf dem Feld --
"Ade, du Welt!" --
Gewundet und erstochen!
Wie Meister Ulrich Zwingli lag,
Am grünen Hag,
Den hellen Blick gebrochen!
Nun tröstet mich das Eine doch:
Das päpstlich Joch
Ist in den Dreck getreten!
Wir dürfen ohne Clerisei
Und Heuchelei
Getrost zum Herrgott beten!

* Die Reliquien der heiligen Elisabeth.
Wär' ich ein römiſch blöder Mann,
Ich wähnte dann:
Damit hätt' ich's verbrochen,
Daß triumphirend ich hinaus
Zum Gotteshaus
Schmiß Mühmchen Lisbeths Knochen! *
Jüngſt warf ich auf den Feſtungsrain
Ein Stüberlein
Dem Bettler hin, dem lahmen:
Den ſchlug der Spanier bis aufs Blut —
Mich fraß die Wuth —
Der Teufel hol' ihn! Amen!
Wohl läg' ich beſſer auf dem Feld —
„Ade, du Welt!“ —
Gewundet und erſtochen!
Wie Meiſter Ulrich Zwingli lag,
Am grünen Hag,
Den hellen Blick gebrochen!
Nun tröſtet mich das Eine doch:
Das päpſtlich Joch
Iſt in den Dreck getreten!
Wir dürfen ohne Cleriſei
Und Heuchelei
Getroſt zum Herrgott beten!

* Die Reliquien der heiligen Eliſabeth.
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[306/0320] Wär' ich ein römiſch blöder Mann, Ich wähnte dann: Damit hätt' ich's verbrochen, Daß triumphirend ich hinaus Zum Gotteshaus Schmiß Mühmchen Lisbeths Knochen! * Jüngſt warf ich auf den Feſtungsrain Ein Stüberlein Dem Bettler hin, dem lahmen: Den ſchlug der Spanier bis aufs Blut — Mich fraß die Wuth — Der Teufel hol' ihn! Amen! Wohl läg' ich beſſer auf dem Feld — „Ade, du Welt!“ — Gewundet und erſtochen! Wie Meiſter Ulrich Zwingli lag, Am grünen Hag, Den hellen Blick gebrochen! Nun tröſtet mich das Eine doch: Das päpſtlich Joch Iſt in den Dreck getreten! Wir dürfen ohne Cleriſei Und Heuchelei Getroſt zum Herrgott beten! * Die Reliquien der heiligen Eliſabeth.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/320>, abgerufen am 29.03.2024.