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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Achtes Kapitel.

Wenige Tage später, den 19. März, eilte der ge¬
lehrte Ritter Fortunatus Sprecher die Treppe zu den
Gemächern seines erlauchten Gastes herauf. Diese
frühe Morgenstunde konnte unmöglich zur Fortsetzung
der Biographie des Herzogs geeignet sein; auch war
das Antlitz des Ritters, der krampfhaft ein großes mit
dem Bündnerwappen verziertes Druckblatt in der Hand
hielt, wie solche zu öffentlichen Kundgebungen an die
Mauer geschlagen werden, heute besonders schwer ver¬
düstert.

Oben angelangt, blieb er athemlos einen Augen¬
blick stehen und sammelte sich. Doch ließ er dem
Kammerdiener kaum Zeit ihn anzumelden und drang
ohne die gewohnte Rücksicht und Höflichkeit in das
Arbeitszimmer des Herzogs ein, wo dieser, seine

Achtes Kapitel.

Wenige Tage ſpäter, den 19. März, eilte der ge¬
lehrte Ritter Fortunatus Sprecher die Treppe zu den
Gemächern ſeines erlauchten Gaſtes herauf. Dieſe
frühe Morgenſtunde konnte unmöglich zur Fortſetzung
der Biographie des Herzogs geeignet ſein; auch war
das Antlitz des Ritters, der krampfhaft ein großes mit
dem Bündnerwappen verziertes Druckblatt in der Hand
hielt, wie ſolche zu öffentlichen Kundgebungen an die
Mauer geſchlagen werden, heute beſonders ſchwer ver¬
düſtert.

Oben angelangt, blieb er athemlos einen Augen¬
blick ſtehen und ſammelte ſich. Doch ließ er dem
Kammerdiener kaum Zeit ihn anzumelden und drang
ohne die gewohnte Rückſicht und Höflichkeit in das
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[0322] Achtes Kapitel. Wenige Tage ſpäter, den 19. März, eilte der ge¬ lehrte Ritter Fortunatus Sprecher die Treppe zu den Gemächern ſeines erlauchten Gaſtes herauf. Dieſe frühe Morgenſtunde konnte unmöglich zur Fortſetzung der Biographie des Herzogs geeignet ſein; auch war das Antlitz des Ritters, der krampfhaft ein großes mit dem Bündnerwappen verziertes Druckblatt in der Hand hielt, wie ſolche zu öffentlichen Kundgebungen an die Mauer geſchlagen werden, heute beſonders ſchwer ver¬ düſtert. Oben angelangt, blieb er athemlos einen Augen¬ blick ſtehen und ſammelte ſich. Doch ließ er dem Kammerdiener kaum Zeit ihn anzumelden und drang ohne die gewohnte Rückſicht und Höflichkeit in das Arbeitszimmer des Herzogs ein, wo dieſer, ſeine

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/322>, abgerufen am 24.04.2024.