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Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

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offenbahren könne und werde: als in solchen, die
wie das unvernünfftige Vieh dahin leben, die nie-
mahls in ihr Hertz einkehren, nach GOtt und na-
türlicher Billigkeit nicht einmahl fragen. Da nun
unter allerley Völckern mancherley Offenbahrun-
gen vorgegeben werden: ist es allerdings nöthig
einen gewissen Grund zu haben, um nicht betro-
gen zu werden, und die Offenbahrungen zu ent-
scheiden.
Nicander. Jch weiß nichts von Offenbahrun-
gen, als was mich das Licht der Natur und die ge-
sunde Vernunft überzeuget wahr zu seyn, das neh-
me ich an; das andere laß ich an seinen Ort gestel-
let seyn; dabey viele Traumereyen, auch Betrü-
gereyen seyn mögen.
Alamodan. Behüte GOtt! Wie redet der Herr
von denen Offenbahrungen so frey.
Modestin. Lieber Herr Nicander mir ist sein red-
liches Gemüht zur genüge bekannt; ich halte auch
daß er dieses mehr auf die betrüglich vorgegebene
falsche Offenbahrungen, als überhaupt auf die
Ohnmüglichkeit einer göttlichen Offenbahrung
werde verstanden haben. Will dahero, wo er mich
gütig anhören will, trachten ihn zu überzeugen:
daß man ein sicheres und höheres Licht, als das Ver-
nunfft-Licht ist, haben könne: welches man das
Licht der Gnaden, und nach dessen unterschiedenen
Maas und Zweck, Offenbahrung, Weissagung,
und noch mit andern Nahmen belegen kan.
Nicander. Jch will den Herrn gerne hören, wo
man mir nur die Freyheit lässet, alles ohnpartheyisch
zu


offenbahren koͤnne und werde: als in ſolchen, die
wie das unvernuͤnfftige Vieh dahin leben, die nie-
mahls in ihr Hertz einkehren, nach GOtt und na-
tuͤrlicher Billigkeit nicht einmahl fragen. Da nun
unter allerley Voͤlckern mancherley Offenbahrun-
gen vorgegeben werden: iſt es allerdings noͤthig
einen gewiſſen Grund zu haben, um nicht betro-
gen zu werden, und die Offenbahrungen zu ent-
ſcheiden.
Nicander. Jch weiß nichts von Offenbahrun-
gen, als was mich das Licht der Natur und die ge-
ſunde Vernunft uͤberzeuget wahr zu ſeyn, das neh-
me ich an; das andere laß ich an ſeinen Ort geſtel-
let ſeyn; dabey viele Traumereyen, auch Betruͤ-
gereyen ſeyn moͤgen.
Alamodan. Behuͤte GOtt! Wie redet der Herr
von denen Offenbahrungen ſo frey.
Modeſtin. Lieber Herr Nicander mir iſt ſein red-
liches Gemuͤht zur genuͤge bekannt; ich halte auch
daß er dieſes mehr auf die betruͤglich vorgegebene
falſche Offenbahrungen, als uͤberhaupt auf die
Ohnmuͤglichkeit einer goͤttlichen Offenbahrung
werde verſtanden haben. Will dahero, wo er mich
guͤtig anhoͤren will, trachten ihn zu uͤberzeugen:
daß man ein ſicheres und hoͤheres Licht, als das Ver-
nunfft-Licht iſt, haben koͤnne: welches man das
Licht der Gnaden, und nach deſſen unterſchiedenen
Maas und Zweck, Offenbahrung, Weiſſagung,
und noch mit andern Nahmen belegen kan.
Nicander. Jch will den Herrn gerne hoͤren, wo
man mir nur die Freyheit laͤſſet, alles ohnpartheyiſch
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[8/0014] offenbahren koͤnne und werde: als in ſolchen, die wie das unvernuͤnfftige Vieh dahin leben, die nie- mahls in ihr Hertz einkehren, nach GOtt und na- tuͤrlicher Billigkeit nicht einmahl fragen. Da nun unter allerley Voͤlckern mancherley Offenbahrun- gen vorgegeben werden: iſt es allerdings noͤthig einen gewiſſen Grund zu haben, um nicht betro- gen zu werden, und die Offenbahrungen zu ent- ſcheiden. Nicander. Jch weiß nichts von Offenbahrun- gen, als was mich das Licht der Natur und die ge- ſunde Vernunft uͤberzeuget wahr zu ſeyn, das neh- me ich an; das andere laß ich an ſeinen Ort geſtel- let ſeyn; dabey viele Traumereyen, auch Betruͤ- gereyen ſeyn moͤgen. Alamodan. Behuͤte GOtt! Wie redet der Herr von denen Offenbahrungen ſo frey. Modeſtin. Lieber Herr Nicander mir iſt ſein red- liches Gemuͤht zur genuͤge bekannt; ich halte auch daß er dieſes mehr auf die betruͤglich vorgegebene falſche Offenbahrungen, als uͤberhaupt auf die Ohnmuͤglichkeit einer goͤttlichen Offenbahrung werde verſtanden haben. Will dahero, wo er mich guͤtig anhoͤren will, trachten ihn zu uͤberzeugen: daß man ein ſicheres und hoͤheres Licht, als das Ver- nunfft-Licht iſt, haben koͤnne: welches man das Licht der Gnaden, und nach deſſen unterſchiedenen Maas und Zweck, Offenbahrung, Weiſſagung, und noch mit andern Nahmen belegen kan. Nicander. Jch will den Herrn gerne hoͤren, wo man mir nur die Freyheit laͤſſet, alles ohnpartheyiſch zu

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Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/14>, abgerufen am 28.03.2024.