Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
An meinen Arzt,

Herrn Dr. Elsässer.

Siehe! da stünd' ich wieder auf meinen Füßen! und blicke
Froh erstaunt in die Welt, die mir im Rücken schön
lag;

Aber ich spreche von Danke dir nicht: du liesest ihn besser
Mir im Auge, du fühlst hier ihn im Drucke der Hand.
-- Ich glückseliger Thor, daß ich meine, du solltest ver¬
wundert

Ueber dich selber seyn, oder gerührt, so wie ich!
Doch daran erkennen wir dich! -- Den schwindelnden
Nachen

Herrlich meisternd fährt ruhig der Schiffer an's Land,
Wirft in den Kahn das Ruder, das, ach! so Viele ge¬
rettet,

Laut aufjauchzen sie ihm, aber er achtet es kaum,
Kettet das Schiff an den Pflock; und Abends sizt er beim
Kruge

Wie ein anderer Mann, füllet sein Pfeifchen und ruht.

An meinen Arzt,

Herrn Dr. Elſaͤſſer.

Siehe! da ſtuͤnd' ich wieder auf meinen Fuͤßen! und blicke
Froh erſtaunt in die Welt, die mir im Ruͤcken ſchoͤn
lag;

Aber ich ſpreche von Danke dir nicht: du lieſeſt ihn beſſer
Mir im Auge, du fuͤhlſt hier ihn im Drucke der Hand.
— Ich gluͤckſeliger Thor, daß ich meine, du ſollteſt ver¬
wundert

Ueber dich ſelber ſeyn, oder geruͤhrt, ſo wie ich!
Doch daran erkennen wir dich! — Den ſchwindelnden
Nachen

Herrlich meiſternd faͤhrt ruhig der Schiffer an's Land,
Wirft in den Kahn das Ruder, das, ach! ſo Viele ge¬
rettet,

Laut aufjauchzen ſie ihm, aber er achtet es kaum,
Kettet das Schiff an den Pflock; und Abends ſizt er beim
Kruge

Wie ein anderer Mann, fuͤllet ſein Pfeifchen und ruht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0137" n="121"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b #g">An meinen Arzt,</hi><lb/>
        </head>
        <p rendition="#c">Herrn <hi rendition="#aq">Dr</hi>. El&#x017F;a&#x0364;&#x017F;&#x017F;er.</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Siehe! da &#x017F;tu&#x0364;nd' ich wieder auf meinen Fu&#x0364;ßen! und blicke</l><lb/>
          <l>Froh er&#x017F;taunt in die Welt, die mir im Ru&#x0364;cken &#x017F;cho&#x0364;n<lb/><hi rendition="#et">lag;</hi></l><lb/>
          <l>Aber ich &#x017F;preche von Danke dir nicht: du lie&#x017F;e&#x017F;t ihn be&#x017F;&#x017F;er</l><lb/>
          <l>Mir im Auge, du fu&#x0364;hl&#x017F;t hier ihn im Drucke der Hand.</l><lb/>
          <l>&#x2014; Ich glu&#x0364;ck&#x017F;eliger Thor, daß ich meine, du &#x017F;ollte&#x017F;t ver¬<lb/><hi rendition="#et">wundert</hi></l><lb/>
          <l>Ueber dich &#x017F;elber &#x017F;eyn, oder geru&#x0364;hrt, &#x017F;o wie ich!</l><lb/>
          <l>Doch daran erkennen wir dich! &#x2014; Den &#x017F;chwindelnden<lb/><hi rendition="#et">Nachen</hi></l><lb/>
          <l>Herrlich mei&#x017F;ternd fa&#x0364;hrt ruhig der Schiffer an's Land,</l><lb/>
          <l>Wirft in den Kahn das Ruder, das, ach! &#x017F;o Viele ge¬<lb/><hi rendition="#et">rettet,</hi></l><lb/>
          <l>Laut aufjauchzen &#x017F;ie ihm, aber er achtet es kaum,</l><lb/>
          <l>Kettet das Schiff an den Pflock; und Abends &#x017F;izt er beim<lb/><hi rendition="#et">Kruge</hi></l><lb/>
          <l>Wie ein anderer Mann, fu&#x0364;llet &#x017F;ein Pfeifchen und ruht.</l><lb/>
        </lg>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0137] An meinen Arzt, Herrn Dr. Elſaͤſſer. Siehe! da ſtuͤnd' ich wieder auf meinen Fuͤßen! und blicke Froh erſtaunt in die Welt, die mir im Ruͤcken ſchoͤn lag; Aber ich ſpreche von Danke dir nicht: du lieſeſt ihn beſſer Mir im Auge, du fuͤhlſt hier ihn im Drucke der Hand. — Ich gluͤckſeliger Thor, daß ich meine, du ſollteſt ver¬ wundert Ueber dich ſelber ſeyn, oder geruͤhrt, ſo wie ich! Doch daran erkennen wir dich! — Den ſchwindelnden Nachen Herrlich meiſternd faͤhrt ruhig der Schiffer an's Land, Wirft in den Kahn das Ruder, das, ach! ſo Viele ge¬ rettet, Laut aufjauchzen ſie ihm, aber er achtet es kaum, Kettet das Schiff an den Pflock; und Abends ſizt er beim Kruge Wie ein anderer Mann, fuͤllet ſein Pfeifchen und ruht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/137
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/137>, abgerufen am 23.04.2024.