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Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

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Wo find' ich Trost?
Eine Liebe kenn' ich, die ist treu,
War getreu, so lang ich sie gefunden,
Hat mit tiefem Seufzen immer neu,
Stets versöhnlich, sich mit mir verbunden.
Welcher einst mit himmlischem Gedulden
Bitter bittern Todestropfen trank,
Hing am Kreuz und büßte mein Verschulden,
Bis es in ein Meer von Gnade sank.
Und was ist's nun, daß ich traurig bin,
Daß ich angstvoll mich am Boden winde?
Frage: Hüter, ist die Nacht bald hin?
Und: was rettet mich von Tod und Sünde?
Arges Herze! ja gesteh es nur,
Du hast wieder böse Lust empfangen;
Frommer Liebe, frommer Treue Spur,
Ach, das ist auf lange nun vergangen.
Ja, das ist's auch, daß ich traurig bin,
Daß ich angstvoll mich am Boden winde!
Hüter, Hüter, ist die Nacht bald hin?
Und was rettet mich von Tod und Sünde?
Wo find' ich Troſt?
Eine Liebe kenn' ich, die iſt treu,
War getreu, ſo lang ich ſie gefunden,
Hat mit tiefem Seufzen immer neu,
Stets verſoͤhnlich, ſich mit mir verbunden.
Welcher einſt mit himmliſchem Gedulden
Bitter bittern Todestropfen trank,
Hing am Kreuz und buͤßte mein Verſchulden,
Bis es in ein Meer von Gnade ſank.
Und was iſt's nun, daß ich traurig bin,
Daß ich angſtvoll mich am Boden winde?
Frage: Huͤter, iſt die Nacht bald hin?
Und: was rettet mich von Tod und Suͤnde?
Arges Herze! ja geſteh es nur,
Du haſt wieder boͤſe Luſt empfangen;
Frommer Liebe, frommer Treue Spur,
Ach, das iſt auf lange nun vergangen.
Ja, das iſt's auch, daß ich traurig bin,
Daß ich angſtvoll mich am Boden winde!
Huͤter, Huͤter, iſt die Nacht bald hin?
Und was rettet mich von Tod und Suͤnde?
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[146/0162] Wo find' ich Troſt? Eine Liebe kenn' ich, die iſt treu, War getreu, ſo lang ich ſie gefunden, Hat mit tiefem Seufzen immer neu, Stets verſoͤhnlich, ſich mit mir verbunden. Welcher einſt mit himmliſchem Gedulden Bitter bittern Todestropfen trank, Hing am Kreuz und buͤßte mein Verſchulden, Bis es in ein Meer von Gnade ſank. Und was iſt's nun, daß ich traurig bin, Daß ich angſtvoll mich am Boden winde? Frage: Huͤter, iſt die Nacht bald hin? Und: was rettet mich von Tod und Suͤnde? Arges Herze! ja geſteh es nur, Du haſt wieder boͤſe Luſt empfangen; Frommer Liebe, frommer Treue Spur, Ach, das iſt auf lange nun vergangen. Ja, das iſt's auch, daß ich traurig bin, Daß ich angſtvoll mich am Boden winde! Huͤter, Huͤter, iſt die Nacht bald hin? Und was rettet mich von Tod und Suͤnde?

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/162>, abgerufen am 28.03.2024.