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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
einem schlechten Lager, so geitzig an, daß sie es nicht
lange aushalten.
§. 68.
Von den Vortheilen durch den Leib-
eigenthum.

Der Leib-eigenthum bringt andre Vortheile. Die
Landstände sind Gutsherrn, und durch ihre eigne
Wohlfahrt verpflichtet für den leibeignen Unterthan
zu sorgen, und ihn nicht erschöpfen zu lassen. Sie
haben gleiche Bewegungs-Gründe zur Gelindigkeit,
weil ein gütiger Gutsherr von den reichsten Freyen
gesucht wird. Der von aller Amts-Gerichtsbarkeit
befreyete Gutsherr ist zugleich ein natürlicher Feind
des Amts, welchem anderwärts die Unterthanen gar
zu sehr bloß gestellet sind; und er deckt und vertritt sie
mit seinem Ansehn, wie mit seinem Einfluß in die
Landes-Geschäfte. Jm Gegentheil hält die Gerichts-
barkeit des Amts, und die Aufmerksamkeit der Re-
gierung dem Gutsherrn das Gewichte. Und dieser
widerseitige Gegenstand macht, daß der Bauer die
Frucht seiner Arbeit so ruhig als irgendwo genießt.
Jhre gröste Wohlthat aber ist, daß der Jüngste den
Hof erbt, und der Gutsherr die Absteuer der Ge-
schwister bestimmt; anstatt daß auf freyen Höfen ins-
gemein der älteste Erbe, und nach dem zu feinem
grösten Schaden eingeschlichenen Römischen Rechte,
angehalten wird, mit seinen Geschwistern gleich zu
theilen. (a) Die Fortpflanzung des Geschlechts geht
also bey ihnen um ein drittel geschwinder, die Erb-
theilungen kommen so viel öfterer, und der Besitzer
hat mehrentheils seine jüngern Geschwister und seine

eigne
Oſnabruͤckſche Geſchichte
einem ſchlechten Lager, ſo geitzig an, daß ſie es nicht
lange aushalten.
§. 68.
Von den Vortheilen durch den Leib-
eigenthum.

Der Leib-eigenthum bringt andre Vortheile. Die
Landſtaͤnde ſind Gutsherrn, und durch ihre eigne
Wohlfahrt verpflichtet fuͤr den leibeignen Unterthan
zu ſorgen, und ihn nicht erſchoͤpfen zu laſſen. Sie
haben gleiche Bewegungs-Gruͤnde zur Gelindigkeit,
weil ein guͤtiger Gutsherr von den reichſten Freyen
geſucht wird. Der von aller Amts-Gerichtsbarkeit
befreyete Gutsherr iſt zugleich ein natuͤrlicher Feind
des Amts, welchem anderwaͤrts die Unterthanen gar
zu ſehr bloß geſtellet ſind; und er deckt und vertritt ſie
mit ſeinem Anſehn, wie mit ſeinem Einfluß in die
Landes-Geſchaͤfte. Jm Gegentheil haͤlt die Gerichts-
barkeit des Amts, und die Aufmerkſamkeit der Re-
gierung dem Gutsherrn das Gewichte. Und dieſer
widerſeitige Gegenſtand macht, daß der Bauer die
Frucht ſeiner Arbeit ſo ruhig als irgendwo genießt.
Jhre groͤſte Wohlthat aber iſt, daß der Juͤngſte den
Hof erbt, und der Gutsherr die Abſteuer der Ge-
ſchwiſter beſtimmt; anſtatt daß auf freyen Hoͤfen ins-
gemein der aͤlteſte Erbe, und nach dem zu feinem
groͤſten Schaden eingeſchlichenen Roͤmiſchen Rechte,
angehalten wird, mit ſeinen Geſchwiſtern gleich zu
theilen. (a) Die Fortpflanzung des Geſchlechts geht
alſo bey ihnen um ein drittel geſchwinder, die Erb-
theilungen kommen ſo viel oͤfterer, und der Beſitzer
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[140/0170] Oſnabruͤckſche Geſchichte ⁽d⁾ einem ſchlechten Lager, ſo geitzig an, daß ſie es nicht lange aushalten. §. 68. Von den Vortheilen durch den Leib- eigenthum. Der Leib-eigenthum bringt andre Vortheile. Die Landſtaͤnde ſind Gutsherrn, und durch ihre eigne Wohlfahrt verpflichtet fuͤr den leibeignen Unterthan zu ſorgen, und ihn nicht erſchoͤpfen zu laſſen. Sie haben gleiche Bewegungs-Gruͤnde zur Gelindigkeit, weil ein guͤtiger Gutsherr von den reichſten Freyen geſucht wird. Der von aller Amts-Gerichtsbarkeit befreyete Gutsherr iſt zugleich ein natuͤrlicher Feind des Amts, welchem anderwaͤrts die Unterthanen gar zu ſehr bloß geſtellet ſind; und er deckt und vertritt ſie mit ſeinem Anſehn, wie mit ſeinem Einfluß in die Landes-Geſchaͤfte. Jm Gegentheil haͤlt die Gerichts- barkeit des Amts, und die Aufmerkſamkeit der Re- gierung dem Gutsherrn das Gewichte. Und dieſer widerſeitige Gegenſtand macht, daß der Bauer die Frucht ſeiner Arbeit ſo ruhig als irgendwo genießt. Jhre groͤſte Wohlthat aber iſt, daß der Juͤngſte den Hof erbt, und der Gutsherr die Abſteuer der Ge- ſchwiſter beſtimmt; anſtatt daß auf freyen Hoͤfen ins- gemein der aͤlteſte Erbe, und nach dem zu feinem groͤſten Schaden eingeſchlichenen Roͤmiſchen Rechte, angehalten wird, mit ſeinen Geſchwiſtern gleich zu theilen. ⁽a⁾ Die Fortpflanzung des Geſchlechts geht alſo bey ihnen um ein drittel geſchwinder, die Erb- theilungen kommen ſo viel oͤfterer, und der Beſitzer hat mehrentheils ſeine juͤngern Geſchwiſter und ſeine eigne

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/170>, abgerufen am 28.03.2024.