Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite
Osnabrücksche Geschichte
§. 76.
Von den Germaniern.

Der Nahme Germanien (a) war zu dieser Zeit
noch nicht üblich, und bezeichnet leicht eine grosse
Heermannie, (b) oder eine Verbindung mehrer
Staaten zu ihrer gemeinsamen Vertheidigung, wel-
che also nach dem Cimbrischen Einbruche erfolgte.
Die Absicht dieser Vereinigung erräth man leicht
aus der grossen Markomannie, (c) welche sie an
der Elbe hatten, und wofür sie in der Folge mehr als
einmal erzittern (d) musten. Dieses ist die älteste
Urkunde ihres Plans, (e) dem zu Folge auch die
Longobarden an der Elbe hinunter mit dazu gehören
musten, weil man wohl siehet, daß die ganze Anstalt
in der Absicht gemacht worden, um den Völkern,
welche aus dem heutigen Ungarn, Schlesien, Pohlen
und überelbischen Ländern einbrechen konnten, eine
genugsame Macht entgegen zu setzen. Die Sueven
deren Sicherheit hauptsächlich davon abhieng, brach-
ten dies wichtige Werk zu Stande. Daher kann
man Germanien als den ältesten Schwäbischen Bund
betrachten, und zugleich den Grund finden, warum
die Germanier oft Sueven, und warum die Sueven
in der Folge allein Allemannier heissen. Denn Ger-
manien
(f) und Allemanien ist nur der Aussprache
nach unterschieden.

(a) Caeterum Germaniae vocabulum recens & nuper additum;
quoniam qui primi Rheni transgressi Gallos expulerint, ac
nunc Tungri tunc Germani vocati sunt. TAC. de M. G.
2.
Jch begreife nicht wie das Letztere den Gelehrten habe
undeutlich scheinen können. Tacitus sagt: die jetzigen
Oſnabruͤckſche Geſchichte
§. 76.
Von den Germaniern.

Der Nahme Germanien (a) war zu dieſer Zeit
noch nicht uͤblich, und bezeichnet leicht eine groſſe
Heermannie, (b) oder eine Verbindung mehrer
Staaten zu ihrer gemeinſamen Vertheidigung, wel-
che alſo nach dem Cimbriſchen Einbruche erfolgte.
Die Abſicht dieſer Vereinigung erraͤth man leicht
aus der groſſen Markomannie, (c) welche ſie an
der Elbe hatten, und wofuͤr ſie in der Folge mehr als
einmal erzittern (d) muſten. Dieſes iſt die aͤlteſte
Urkunde ihres Plans, (e) dem zu Folge auch die
Longobarden an der Elbe hinunter mit dazu gehoͤren
muſten, weil man wohl ſiehet, daß die ganze Anſtalt
in der Abſicht gemacht worden, um den Voͤlkern,
welche aus dem heutigen Ungarn, Schleſien, Pohlen
und uͤberelbiſchen Laͤndern einbrechen konnten, eine
genugſame Macht entgegen zu ſetzen. Die Sueven
deren Sicherheit hauptſaͤchlich davon abhieng, brach-
ten dies wichtige Werk zu Stande. Daher kann
man Germanien als den aͤlteſten Schwaͤbiſchen Bund
betrachten, und zugleich den Grund finden, warum
die Germanier oft Sueven, und warum die Sueven
in der Folge allein Allemannier heiſſen. Denn Ger-
manien
(f) und Allemanien iſt nur der Ausſprache
nach unterſchieden.

(a) Cæterum Germaniæ vocabulum recens & nuper additum;
quoniam qui primi Rheni tranſgreſſi Gallos expulerint, ac
nunc Tungri tunc Germani vocati ſunt. TAC. de M. G.
2.
Jch begreife nicht wie das Letztere den Gelehrten habe
undeutlich ſcheinen koͤnnen. Tacitus ſagt: die jetzigen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0186" n="156"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">O&#x017F;nabru&#x0364;ck&#x017F;che Ge&#x017F;chichte</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 76.<lb/><hi rendition="#b">Von den Germaniern.</hi></head><lb/>
          <p>Der Nahme <hi rendition="#fr">Germanien</hi> <note place="end" n="(a)"/> war zu die&#x017F;er Zeit<lb/>
noch nicht u&#x0364;blich, und bezeichnet leicht eine gro&#x017F;&#x017F;e<lb/><hi rendition="#fr">Heermannie,</hi> <note place="end" n="(b)"/> oder eine Verbindung mehrer<lb/>
Staaten zu ihrer gemein&#x017F;amen Vertheidigung, wel-<lb/>
che al&#x017F;o nach dem Cimbri&#x017F;chen Einbruche erfolgte.<lb/>
Die Ab&#x017F;icht die&#x017F;er Vereinigung erra&#x0364;th man leicht<lb/>
aus der gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Markomannie,</hi> <note place="end" n="(c)"/> welche &#x017F;ie an<lb/>
der Elbe hatten, und wofu&#x0364;r &#x017F;ie in der Folge mehr als<lb/>
einmal erzittern <note place="end" n="(d)"/> mu&#x017F;ten. Die&#x017F;es i&#x017F;t die a&#x0364;lte&#x017F;te<lb/>
Urkunde ihres Plans, <note place="end" n="(e)"/> dem zu Folge auch die<lb/>
Longobarden an der Elbe hinunter mit dazu geho&#x0364;ren<lb/>
mu&#x017F;ten, weil man wohl &#x017F;iehet, daß die ganze An&#x017F;talt<lb/>
in der Ab&#x017F;icht gemacht worden, um den Vo&#x0364;lkern,<lb/>
welche aus dem heutigen Ungarn, Schle&#x017F;ien, Pohlen<lb/>
und u&#x0364;berelbi&#x017F;chen La&#x0364;ndern einbrechen konnten, eine<lb/>
genug&#x017F;ame Macht entgegen zu &#x017F;etzen. Die Sueven<lb/>
deren Sicherheit haupt&#x017F;a&#x0364;chlich davon abhieng, brach-<lb/>
ten dies wichtige Werk zu Stande. Daher kann<lb/>
man Germanien als den a&#x0364;lte&#x017F;ten Schwa&#x0364;bi&#x017F;chen Bund<lb/>
betrachten, und zugleich den Grund finden, warum<lb/>
die Germanier oft Sueven, und warum die Sueven<lb/>
in der Folge allein Allemannier hei&#x017F;&#x017F;en. Denn <hi rendition="#fr">Ger-<lb/>
manien</hi> <note place="end" n="(f)"/> und <hi rendition="#fr">Allemanien</hi> i&#x017F;t nur der Aus&#x017F;prache<lb/>
nach unter&#x017F;chieden.</p><lb/>
          <note place="end" n="(a)"><hi rendition="#aq">Cæterum Germaniæ vocabulum recens &amp; nuper additum;<lb/>
quoniam qui primi Rheni tran&#x017F;gre&#x017F;&#x017F;i Gallos expulerint, ac<lb/>
nunc Tungri tunc Germani vocati &#x017F;unt. TAC. de M. G.</hi> 2.<lb/>
Jch begreife nicht wie das Letztere den Gelehrten habe<lb/>
undeutlich &#x017F;cheinen ko&#x0364;nnen. Tacitus &#x017F;agt: die jetzigen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Tun-</fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0186] Oſnabruͤckſche Geſchichte §. 76. Von den Germaniern. Der Nahme Germanien ⁽a⁾ war zu dieſer Zeit noch nicht uͤblich, und bezeichnet leicht eine groſſe Heermannie, ⁽b⁾ oder eine Verbindung mehrer Staaten zu ihrer gemeinſamen Vertheidigung, wel- che alſo nach dem Cimbriſchen Einbruche erfolgte. Die Abſicht dieſer Vereinigung erraͤth man leicht aus der groſſen Markomannie, ⁽c⁾ welche ſie an der Elbe hatten, und wofuͤr ſie in der Folge mehr als einmal erzittern ⁽d⁾ muſten. Dieſes iſt die aͤlteſte Urkunde ihres Plans, ⁽e⁾ dem zu Folge auch die Longobarden an der Elbe hinunter mit dazu gehoͤren muſten, weil man wohl ſiehet, daß die ganze Anſtalt in der Abſicht gemacht worden, um den Voͤlkern, welche aus dem heutigen Ungarn, Schleſien, Pohlen und uͤberelbiſchen Laͤndern einbrechen konnten, eine genugſame Macht entgegen zu ſetzen. Die Sueven deren Sicherheit hauptſaͤchlich davon abhieng, brach- ten dies wichtige Werk zu Stande. Daher kann man Germanien als den aͤlteſten Schwaͤbiſchen Bund betrachten, und zugleich den Grund finden, warum die Germanier oft Sueven, und warum die Sueven in der Folge allein Allemannier heiſſen. Denn Ger- manien ⁽f⁾ und Allemanien iſt nur der Ausſprache nach unterſchieden. ⁽a⁾ Cæterum Germaniæ vocabulum recens & nuper additum; quoniam qui primi Rheni tranſgreſſi Gallos expulerint, ac nunc Tungri tunc Germani vocati ſunt. TAC. de M. G. 2. Jch begreife nicht wie das Letztere den Gelehrten habe undeutlich ſcheinen koͤnnen. Tacitus ſagt: die jetzigen Tun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/186
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/186>, abgerufen am 24.04.2024.