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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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dritter Abschnitt.
VII. 2. behauptet. Der Stilus Capitularium: ut missi no-
stri Scabinos per singula loca eligant
ist ein Canzley-ton;
und Ludovicus pius drückt sich deutlicher aus; ut missi
nostri cum totius populi consensu in locum malorum Sca-
binorum bonos eligant.
Der Missus derief und dirigirte
bloß die Wahl-versammlung.
(b) Wie achtsam Carl hierauf gewesen, zeigt die feine Wen-
dung, da er die Schöpfen nicht durch die Richter oder
Grafen, sondern durch seinen besondern Gesandten be-
stättgen ließ, um die Schöpfen nicht in die Abhängig-
keit des Richters zu setzen. S. Capit. cit.
(c) Die wahre Freyheit leidet nicht, sich durch andre, als
seine eigne gewillkührte Mitgenossen in vorkommenden
Fällen verurtheilen und taxiren zu lassen. Daß eine
Nation dieses Recht verliere ist wohl mehr geschehn;
daß sie es aber verliere ohne es zu fühlen und ohne dar-
über einen Seufzer auszustossen, dieses ist zu bewundern
und gleichwohl in Frankreich wie in Deutschland ge-
schehen; bloß weil eine Bologneser Cravate den alten
Halstuch besiegt, und fremdes Necht stolze Gelehrte
und einheimische Stümper veranlasset hat? Was vor
eine Aufmerksamkeit ist nicht in den Capitularien der
Wahl rechtschaffener Schöpfen geordnet? Das Wohl
der ganzen Nation wurde gleichsam darauf gesetzt. Und
nun spricht der Richter, der doch Bediemer ist, das
Urtheil; und Hofräthe lehren gemeines Recht.
Fürsten und Gelehrte haben einander allezeit wohl ge-
dient.
§. 119.
Jmgleichen des Heergeweddes.

"Ausserdem sey es ein anstößiger Gebrauch (a) "unter den Franken, daß der Oberste wo nicht den
"ganzen Sterbfall, doch allemal einen Theil der
"Verlassenschaft seines Gemeinen zöge. (b) Die
"Sassen kennten diesen Gebrauch nur im Hof-recht;
"und als eine Urkunde des Dienstes; nicht aber im

Heer-
Q 4
dritter Abſchnitt.
VII. 2. behauptet. Der Stilus Capitularium: ut miſſi no-
ſtri Scabinos per ſingula loca eligant
iſt ein Canzley-ton;
und Ludovicus pius druͤckt ſich deutlicher aus; ut miſſi
noſtri cum totius populi conſenſu in locum malorum Sca-
binorum bonos eligant.
Der Miſſus derief und dirigirte
bloß die Wahl-verſammlung.
(b) Wie achtſam Carl hierauf geweſen, zeigt die feine Wen-
dung, da er die Schoͤpfen nicht durch die Richter oder
Grafen, ſondern durch ſeinen beſondern Geſandten be-
ſtaͤttgen ließ, um die Schoͤpfen nicht in die Abhaͤngig-
keit des Richters zu ſetzen. S. Capit. cit.
(c) Die wahre Freyheit leidet nicht, ſich durch andre, als
ſeine eigne gewillkuͤhrte Mitgenoſſen in vorkommenden
Faͤllen verurtheilen und taxiren zu laſſen. Daß eine
Nation dieſes Recht verliere iſt wohl mehr geſchehn;
daß ſie es aber verliere ohne es zu fuͤhlen und ohne dar-
uͤber einen Seufzer auszuſtoſſen, dieſes iſt zu bewundern
und gleichwohl in Frankreich wie in Deutſchland ge-
ſchehen; bloß weil eine Bologneſer Cravate den alten
Halstuch beſiegt, und fremdes Necht ſtolze Gelehrte
und einheimiſche Stuͤmper veranlaſſet hat? Was vor
eine Aufmerkſamkeit iſt nicht in den Capitularien der
Wahl rechtſchaffener Schoͤpfen geordnet? Das Wohl
der ganzen Nation wurde gleichſam darauf geſetzt. Und
nun ſpricht der Richter, der doch Bediemer iſt, das
Urtheil; und Hofraͤthe lehren gemeines Recht.
Fuͤrſten und Gelehrte haben einander allezeit wohl ge-
dient.
§. 119.
Jmgleichen des Heergeweddes.

„Auſſerdem ſey es ein anſtoͤßiger Gebrauch (a) „unter den Franken, daß der Oberſte wo nicht den
„ganzen Sterbfall, doch allemal einen Theil der
„Verlaſſenſchaft ſeines Gemeinen zoͤge. (b) Die
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Heer-
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[247/0277] dritter Abſchnitt. ⁽a⁾ VII. 2. behauptet. Der Stilus Capitularium: ut miſſi no- ſtri Scabinos per ſingula loca eligant iſt ein Canzley-ton; und Ludovicus pius druͤckt ſich deutlicher aus; ut miſſi noſtri cum totius populi conſenſu in locum malorum Sca- binorum bonos eligant. Der Miſſus derief und dirigirte bloß die Wahl-verſammlung. ⁽b⁾ Wie achtſam Carl hierauf geweſen, zeigt die feine Wen- dung, da er die Schoͤpfen nicht durch die Richter oder Grafen, ſondern durch ſeinen beſondern Geſandten be- ſtaͤttgen ließ, um die Schoͤpfen nicht in die Abhaͤngig- keit des Richters zu ſetzen. S. Capit. cit. ⁽c⁾ Die wahre Freyheit leidet nicht, ſich durch andre, als ſeine eigne gewillkuͤhrte Mitgenoſſen in vorkommenden Faͤllen verurtheilen und taxiren zu laſſen. Daß eine Nation dieſes Recht verliere iſt wohl mehr geſchehn; daß ſie es aber verliere ohne es zu fuͤhlen und ohne dar- uͤber einen Seufzer auszuſtoſſen, dieſes iſt zu bewundern und gleichwohl in Frankreich wie in Deutſchland ge- ſchehen; bloß weil eine Bologneſer Cravate den alten Halstuch beſiegt, und fremdes Necht ſtolze Gelehrte und einheimiſche Stuͤmper veranlaſſet hat? Was vor eine Aufmerkſamkeit iſt nicht in den Capitularien der Wahl rechtſchaffener Schoͤpfen geordnet? Das Wohl der ganzen Nation wurde gleichſam darauf geſetzt. Und nun ſpricht der Richter, der doch Bediemer iſt, das Urtheil; und Hofraͤthe lehren gemeines Recht. Fuͤrſten und Gelehrte haben einander allezeit wohl ge- dient. §. 119. Jmgleichen des Heergeweddes. „Auſſerdem ſey es ein anſtoͤßiger Gebrauch ⁽a⁾ „unter den Franken, daß der Oberſte wo nicht den „ganzen Sterbfall, doch allemal einen Theil der „Verlaſſenſchaft ſeines Gemeinen zoͤge. ⁽b⁾ Die „Saſſen kennten dieſen Gebrauch nur im Hof-recht; „und als eine Urkunde des Dienſtes; nicht aber im Heer- Q 4

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/277>, abgerufen am 25.04.2024.