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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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erster Abschnitt.
(d) Jch bediene mich des Worts erbar im ältesten Ver-
stande, weil frey allezeit verdächtig; niemand aber er-
bar
ist, als der ein eignes Haupt in republica hat, und
keinem andern angehörig ist. Adel ist honor eminens;
Ehre aber honor communis. Erster macht optimum;
letztere aber virum bonum. Und obgleich nichts veränder-
licher ist, als die Curialien; und viri boni & optimi gar
bald auch in der Zahl angehöriger Leute erblickt
werden; so glaube ich doch nicht zu viel zu wagen, wenn
ich voraussetze, daß erbar in den ältesten Zeiten einem
unabhängigen Manne zugekommen sey. Später, wie
schon alles diente, wurde erbar ein Tittel des Adels,
und jetzt wird nicht leicht eine Fürstliche Regierung ih-
ren günstigen guten Freunden oder lieben Getreuen,
Ehre geben, das ist erbar oder ersam schreiben,
falls sie nicht eine Würde haben, oder von Adel sind.
§. 8.
Jenseits der Weser sind die Sputen
anders.

Eine ganz andre Einrichtung findet man in den Ge-
genden jenseits der Weser, (a) und vielleicht jenseits
der Linie welche vorher die Herzogthümer Ostphalen
und Engern von Westphalen geschieden hat. Dort
bestehen die Dörfer aus Bauerhöfen und Anspän-
nern, welche zusammen gerückt sind und ihre gemein-
schaftliche Feld-Flur haben. Was ein jeder besitzt
scheinet Maaß und Verhältnis zu einander; und die
Hand einer ordnenden Macht oder Kunst zu ver-
rathen. Die Gerichtsbarkeit, welche hier der Gow-
grafe hat, ist dort bey den Aemtern; oder es hat sie der
Edelmann. Der Gowgrafe, wo er sich noch findet,
ist ein verdunkelter und schlechter Bedienter. Ganze

Dör-
erſter Abſchnitt.
(d) Jch bediene mich des Worts erbar im aͤlteſten Ver-
ſtande, weil frey allezeit verdaͤchtig; niemand aber er-
bar
iſt, als der ein eignes Haupt in republica hat, und
keinem andern angehoͤrig iſt. Adel iſt honor eminens;
Ehre aber honor communis. Erſter macht optimum;
letztere aber virum bonum. Und obgleich nichts veraͤnder-
licher iſt, als die Curialien; und viri boni & optimi gar
bald auch in der Zahl angehoͤriger Leute erblickt
werden; ſo glaube ich doch nicht zu viel zu wagen, wenn
ich vorausſetze, daß erbar in den aͤlteſten Zeiten einem
unabhaͤngigen Manne zugekommen ſey. Spaͤter, wie
ſchon alles diente, wurde erbar ein Tittel des Adels,
und jetzt wird nicht leicht eine Fuͤrſtliche Regierung ih-
ren guͤnſtigen guten Freunden oder lieben Getreuen,
Ehre geben, das iſt erbar oder erſam ſchreiben,
falls ſie nicht eine Wuͤrde haben, oder von Adel ſind.
§. 8.
Jenſeits der Weſer ſind die Sputen
anders.

Eine ganz andre Einrichtung findet man in den Ge-
genden jenſeits der Weſer, (a) und vielleicht jenſeits
der Linie welche vorher die Herzogthuͤmer Oſtphalen
und Engern von Weſtphalen geſchieden hat. Dort
beſtehen die Doͤrfer aus Bauerhoͤfen und Anſpaͤn-
nern, welche zuſammen geruͤckt ſind und ihre gemein-
ſchaftliche Feld-Flur haben. Was ein jeder beſitzt
ſcheinet Maaß und Verhaͤltnis zu einander; und die
Hand einer ordnenden Macht oder Kunſt zu ver-
rathen. Die Gerichtsbarkeit, welche hier der Gow-
grafe hat, iſt dort bey den Aemtern; oder es hat ſie der
Edelmann. Der Gowgrafe, wo er ſich noch findet,
iſt ein verdunkelter und ſchlechter Bedienter. Ganze

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[11/0041] erſter Abſchnitt. ⁽d⁾ Jch bediene mich des Worts erbar im aͤlteſten Ver- ſtande, weil frey allezeit verdaͤchtig; niemand aber er- bar iſt, als der ein eignes Haupt in republica hat, und keinem andern angehoͤrig iſt. Adel iſt honor eminens; Ehre aber honor communis. Erſter macht optimum; letztere aber virum bonum. Und obgleich nichts veraͤnder- licher iſt, als die Curialien; und viri boni & optimi gar bald auch in der Zahl angehoͤriger Leute erblickt werden; ſo glaube ich doch nicht zu viel zu wagen, wenn ich vorausſetze, daß erbar in den aͤlteſten Zeiten einem unabhaͤngigen Manne zugekommen ſey. Spaͤter, wie ſchon alles diente, wurde erbar ein Tittel des Adels, und jetzt wird nicht leicht eine Fuͤrſtliche Regierung ih- ren guͤnſtigen guten Freunden oder lieben Getreuen, Ehre geben, das iſt erbar oder erſam ſchreiben, falls ſie nicht eine Wuͤrde haben, oder von Adel ſind. §. 8. Jenſeits der Weſer ſind die Sputen anders. Eine ganz andre Einrichtung findet man in den Ge- genden jenſeits der Weſer, ⁽a⁾ und vielleicht jenſeits der Linie welche vorher die Herzogthuͤmer Oſtphalen und Engern von Weſtphalen geſchieden hat. Dort beſtehen die Doͤrfer aus Bauerhoͤfen und Anſpaͤn- nern, welche zuſammen geruͤckt ſind und ihre gemein- ſchaftliche Feld-Flur haben. Was ein jeder beſitzt ſcheinet Maaß und Verhaͤltnis zu einander; und die Hand einer ordnenden Macht oder Kunſt zu ver- rathen. Die Gerichtsbarkeit, welche hier der Gow- grafe hat, iſt dort bey den Aemtern; oder es hat ſie der Edelmann. Der Gowgrafe, wo er ſich noch findet, iſt ein verdunkelter und ſchlechter Bedienter. Ganze Doͤr-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/41>, abgerufen am 28.03.2024.