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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
Mohr-sprache gehören also die Bruch Fälle, wenn
jemand ausser dem Winkel sticht; oder die Mohr-Wege
nicht breit genug läßt etc. Alle diese Sprachen sind
nun zwar mit dem Holzgerichte vereiniget, um der Rich-
ter nicht zu viel zu machen. Jnzwischen können sie doch
davon unterschieden seyn; und es hat seinen Nutzen die-
ses zu wissen. Wo sich ein grosses Mohr findet, ist der
Verkauf des Torfes ausserhalb der Mark, nicht so leicht
verboten; und es stechen die Kötter und Heuerleute
gleich den Voll-Erben, weil Ueberfluß da ist. So wie
aber diese Rechte bloß den Reichthum zum Grunde ha-
ben: so muß auch der Mangel andre hervorbringen
können.
(g) Wenn z. E. in einem Esche bisher Recht gewesen ist,
daß keiner vor einen gewissen Tag, um der Stoppel-
weide willen, seinen Morgen pflügen dürfen, und der
Richter davon den Brüchten genossen: jetzt aber sämt-
liche Genossen jenes Gesetz auf heben: so kann der Rich-
ter sich dieser Verordnung nicht widersetzen. Wo der
Landes-Herr Stoppel-Richter ist, muß er sich lediglich
nach der Vereinbarung der Genossen richten. Von die-
sen hängt es ab, ob sie die Stoppeln vor oder nach Bar-
tholomäi, gehütet oder ungehütet, betreiben wollen.
Der Bruchfall gehöret hernach dem Landes-Herrn als
Richtern. Eben so auch in der Mark. Wenn sämtliche
Genossen über die Theilung eins sind: so kann der Holz-
graf, weil er seine Bruchfälle dabey verlieret, sich der
Theilung nicht widersetzen.
§. 18.
Andre Vereinigung wegen Leib
und Erbe.

Durch alle diese kleinen Frieden in beschlossenen
und unbeschlossenen Gemeinschaften war aber noch
keines Mannes Leib und Erbe gesichert. Hierüber
konnten alle diese verschiedenen Genossen kein Recht

wei-
Oſnabruͤckſche Geſchichte
Mohr-ſprache gehoͤren alſo die Bruch Faͤlle, wenn
jemand auſſer dem Winkel ſticht; oder die Mohr-Wege
nicht breit genug laͤßt ꝛc. Alle dieſe Sprachen ſind
nun zwar mit dem Holzgerichte vereiniget, um der Rich-
ter nicht zu viel zu machen. Jnzwiſchen koͤnnen ſie doch
davon unterſchieden ſeyn; und es hat ſeinen Nutzen die-
ſes zu wiſſen. Wo ſich ein groſſes Mohr findet, iſt der
Verkauf des Torfes auſſerhalb der Mark, nicht ſo leicht
verboten; und es ſtechen die Koͤtter und Heuerleute
gleich den Voll-Erben, weil Ueberfluß da iſt. So wie
aber dieſe Rechte bloß den Reichthum zum Grunde ha-
ben: ſo muß auch der Mangel andre hervorbringen
koͤnnen.
(g) Wenn z. E. in einem Eſche bisher Recht geweſen iſt,
daß keiner vor einen gewiſſen Tag, um der Stoppel-
weide willen, ſeinen Morgen pfluͤgen duͤrfen, und der
Richter davon den Bruͤchten genoſſen: jetzt aber ſaͤmt-
liche Genoſſen jenes Geſetz auf heben: ſo kann der Rich-
ter ſich dieſer Verordnung nicht widerſetzen. Wo der
Landes-Herr Stoppel-Richter iſt, muß er ſich lediglich
nach der Vereinbarung der Genoſſen richten. Von die-
ſen haͤngt es ab, ob ſie die Stoppeln vor oder nach Bar-
tholomaͤi, gehuͤtet oder ungehuͤtet, betreiben wollen.
Der Bruchfall gehoͤret hernach dem Landes-Herrn als
Richtern. Eben ſo auch in der Mark. Wenn ſaͤmtliche
Genoſſen uͤber die Theilung eins ſind: ſo kann der Holz-
graf, weil er ſeine Bruchfaͤlle dabey verlieret, ſich der
Theilung nicht widerſetzen.
§. 18.
Andre Vereinigung wegen Leib
und Erbe.

Durch alle dieſe kleinen Frieden in beſchloſſenen
und unbeſchloſſenen Gemeinſchaften war aber noch
keines Mannes Leib und Erbe geſichert. Hieruͤber
konnten alle dieſe verſchiedenen Genoſſen kein Recht

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[30/0060] Oſnabruͤckſche Geſchichte ⁽f⁾ Mohr-ſprache gehoͤren alſo die Bruch Faͤlle, wenn jemand auſſer dem Winkel ſticht; oder die Mohr-Wege nicht breit genug laͤßt ꝛc. Alle dieſe Sprachen ſind nun zwar mit dem Holzgerichte vereiniget, um der Rich- ter nicht zu viel zu machen. Jnzwiſchen koͤnnen ſie doch davon unterſchieden ſeyn; und es hat ſeinen Nutzen die- ſes zu wiſſen. Wo ſich ein groſſes Mohr findet, iſt der Verkauf des Torfes auſſerhalb der Mark, nicht ſo leicht verboten; und es ſtechen die Koͤtter und Heuerleute gleich den Voll-Erben, weil Ueberfluß da iſt. So wie aber dieſe Rechte bloß den Reichthum zum Grunde ha- ben: ſo muß auch der Mangel andre hervorbringen koͤnnen. ⁽g⁾ Wenn z. E. in einem Eſche bisher Recht geweſen iſt, daß keiner vor einen gewiſſen Tag, um der Stoppel- weide willen, ſeinen Morgen pfluͤgen duͤrfen, und der Richter davon den Bruͤchten genoſſen: jetzt aber ſaͤmt- liche Genoſſen jenes Geſetz auf heben: ſo kann der Rich- ter ſich dieſer Verordnung nicht widerſetzen. Wo der Landes-Herr Stoppel-Richter iſt, muß er ſich lediglich nach der Vereinbarung der Genoſſen richten. Von die- ſen haͤngt es ab, ob ſie die Stoppeln vor oder nach Bar- tholomaͤi, gehuͤtet oder ungehuͤtet, betreiben wollen. Der Bruchfall gehoͤret hernach dem Landes-Herrn als Richtern. Eben ſo auch in der Mark. Wenn ſaͤmtliche Genoſſen uͤber die Theilung eins ſind: ſo kann der Holz- graf, weil er ſeine Bruchfaͤlle dabey verlieret, ſich der Theilung nicht widerſetzen. §. 18. Andre Vereinigung wegen Leib und Erbe. Durch alle dieſe kleinen Frieden in beſchloſſenen und unbeſchloſſenen Gemeinſchaften war aber noch keines Mannes Leib und Erbe geſichert. Hieruͤber konnten alle dieſe verſchiedenen Genoſſen kein Recht wei-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/60>, abgerufen am 24.04.2024.