Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
Von einer neuen Art kleinstädtscher Politik,


LXXXIX.
Von einer neuen Art kleinstädtscher
Politik, so aus dem Accise Fixo
entstanden.

Es hat unstreitig seine großen Vortheile, wenn Städte und
Weichbilder ihre feststehenden Steuren haben, die sich
mit der Zahl ihrer Einwohner nicht vermehren, und mit der
Aufnahme ihres Handels nicht steigen. Die Eingesessenen
werden dadurch ermuntert etwas zu unternehmen, und immer
mehr Familien anzuziehen, welche die Last mit ihnen theilen;
ihr eignes Interesse verbindet sie dazu, und je mehr sie sich
vermehren, je höher ihre Nahrung steigt, desto weniger fühlt
jeder einzelner Bürger die Last. Es beruht diese Einrichtung
auch auf einem großen Rechtsgrunde. Denn ursprünglich
lagen die Steuren nur auf den Acker, und ein Städtgen mag
hundert oder tausend Einwohner zählen: so vermehren sich
seine steuerbaren Aecker dadurch nicht. Später hat man nun
zwar den Handel und das Handwerk auch besteuren müssen,
und dieses ist der Billigkeit sehr gemäs, besonders wenn der-
gleichen Oerter Bannmeilen haben. Treibt man aber diese
Steuer zu hoch: so geht sie zuletzt in eine Vermögensteuer
über, und dazu ist der Einwohner einer Stadt so lange nicht
verpflichtet, als nicht auch diejenigen so ausserhalb den Städ-
ten wohnen, dazu angeschlagen werden. Zudem vermehret
sich der Handel in der Banmneile nicht, er mag von zehn oder
hundert Krämern getrieben werden; und wenn die Bann-
meile jährlich tausend paar Schuh gebraucht: so gewinnet
das Städtgen im Ganzen nichts mehr dabey, ob diese tausend

paar
Von einer neuen Art kleinſtaͤdtſcher Politik,


LXXXIX.
Von einer neuen Art kleinſtaͤdtſcher
Politik, ſo aus dem Acciſe Fixo
entſtanden.

Es hat unſtreitig ſeine großen Vortheile, wenn Staͤdte und
Weichbilder ihre feſtſtehenden Steuren haben, die ſich
mit der Zahl ihrer Einwohner nicht vermehren, und mit der
Aufnahme ihres Handels nicht ſteigen. Die Eingeſeſſenen
werden dadurch ermuntert etwas zu unternehmen, und immer
mehr Familien anzuziehen, welche die Laſt mit ihnen theilen;
ihr eignes Intereſſe verbindet ſie dazu, und je mehr ſie ſich
vermehren, je hoͤher ihre Nahrung ſteigt, deſto weniger fuͤhlt
jeder einzelner Buͤrger die Laſt. Es beruht dieſe Einrichtung
auch auf einem großen Rechtsgrunde. Denn urſpruͤnglich
lagen die Steuren nur auf den Acker, und ein Staͤdtgen mag
hundert oder tauſend Einwohner zaͤhlen: ſo vermehren ſich
ſeine ſteuerbaren Aecker dadurch nicht. Spaͤter hat man nun
zwar den Handel und das Handwerk auch beſteuren muͤſſen,
und dieſes iſt der Billigkeit ſehr gemaͤs, beſonders wenn der-
gleichen Oerter Bannmeilen haben. Treibt man aber dieſe
Steuer zu hoch: ſo geht ſie zuletzt in eine Vermoͤgenſteuer
uͤber, und dazu iſt der Einwohner einer Stadt ſo lange nicht
verpflichtet, als nicht auch diejenigen ſo auſſerhalb den Staͤd-
ten wohnen, dazu angeſchlagen werden. Zudem vermehret
ſich der Handel in der Banmneile nicht, er mag von zehn oder
hundert Kraͤmern getrieben werden; und wenn die Bann-
meile jaͤhrlich tauſend paar Schuh gebraucht: ſo gewinnet
das Staͤdtgen im Ganzen nichts mehr dabey, ob dieſe tauſend

paar
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0500" n="482"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von einer neuen Art klein&#x017F;ta&#x0364;dt&#x017F;cher Politik,</hi> </fw><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">LXXXIX.</hi><lb/>
Von einer neuen Art klein&#x017F;ta&#x0364;dt&#x017F;cher<lb/>
Politik, &#x017F;o aus dem Acci&#x017F;e Fixo<lb/>
ent&#x017F;tanden.</hi> </head><lb/>
        <p>Es hat un&#x017F;treitig &#x017F;eine großen Vortheile, wenn Sta&#x0364;dte und<lb/>
Weichbilder ihre fe&#x017F;t&#x017F;tehenden Steuren haben, die &#x017F;ich<lb/>
mit der Zahl ihrer Einwohner nicht vermehren, und mit der<lb/>
Aufnahme ihres Handels nicht &#x017F;teigen. Die Einge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;enen<lb/>
werden dadurch ermuntert etwas zu unternehmen, und immer<lb/>
mehr Familien anzuziehen, welche die La&#x017F;t mit ihnen theilen;<lb/>
ihr eignes Intere&#x017F;&#x017F;e verbindet &#x017F;ie dazu, und je mehr &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
vermehren, je ho&#x0364;her ihre Nahrung &#x017F;teigt, de&#x017F;to weniger fu&#x0364;hlt<lb/>
jeder einzelner Bu&#x0364;rger die La&#x017F;t. Es beruht die&#x017F;e Einrichtung<lb/>
auch auf einem großen Rechtsgrunde. Denn ur&#x017F;pru&#x0364;nglich<lb/>
lagen die Steuren nur auf den Acker, und ein Sta&#x0364;dtgen mag<lb/>
hundert oder tau&#x017F;end Einwohner za&#x0364;hlen: &#x017F;o vermehren &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;eine &#x017F;teuerbaren Aecker dadurch nicht. Spa&#x0364;ter hat man nun<lb/>
zwar den Handel und das Handwerk auch be&#x017F;teuren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und die&#x017F;es i&#x017F;t der Billigkeit &#x017F;ehr gema&#x0364;s, be&#x017F;onders wenn der-<lb/>
gleichen Oerter Bannmeilen haben. Treibt man aber die&#x017F;e<lb/>
Steuer zu hoch: &#x017F;o geht &#x017F;ie zuletzt in eine Vermo&#x0364;gen&#x017F;teuer<lb/>
u&#x0364;ber, und dazu i&#x017F;t der Einwohner einer Stadt &#x017F;o lange nicht<lb/>
verpflichtet, als nicht auch diejenigen &#x017F;o au&#x017F;&#x017F;erhalb den Sta&#x0364;d-<lb/>
ten wohnen, dazu ange&#x017F;chlagen werden. Zudem vermehret<lb/>
&#x017F;ich der Handel in der Banmneile nicht, er mag von zehn oder<lb/>
hundert Kra&#x0364;mern getrieben werden; und wenn die Bann-<lb/>
meile ja&#x0364;hrlich tau&#x017F;end paar Schuh gebraucht: &#x017F;o gewinnet<lb/>
das Sta&#x0364;dtgen im Ganzen nichts mehr dabey, ob die&#x017F;e tau&#x017F;end<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">paar</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[482/0500] Von einer neuen Art kleinſtaͤdtſcher Politik, LXXXIX. Von einer neuen Art kleinſtaͤdtſcher Politik, ſo aus dem Acciſe Fixo entſtanden. Es hat unſtreitig ſeine großen Vortheile, wenn Staͤdte und Weichbilder ihre feſtſtehenden Steuren haben, die ſich mit der Zahl ihrer Einwohner nicht vermehren, und mit der Aufnahme ihres Handels nicht ſteigen. Die Eingeſeſſenen werden dadurch ermuntert etwas zu unternehmen, und immer mehr Familien anzuziehen, welche die Laſt mit ihnen theilen; ihr eignes Intereſſe verbindet ſie dazu, und je mehr ſie ſich vermehren, je hoͤher ihre Nahrung ſteigt, deſto weniger fuͤhlt jeder einzelner Buͤrger die Laſt. Es beruht dieſe Einrichtung auch auf einem großen Rechtsgrunde. Denn urſpruͤnglich lagen die Steuren nur auf den Acker, und ein Staͤdtgen mag hundert oder tauſend Einwohner zaͤhlen: ſo vermehren ſich ſeine ſteuerbaren Aecker dadurch nicht. Spaͤter hat man nun zwar den Handel und das Handwerk auch beſteuren muͤſſen, und dieſes iſt der Billigkeit ſehr gemaͤs, beſonders wenn der- gleichen Oerter Bannmeilen haben. Treibt man aber dieſe Steuer zu hoch: ſo geht ſie zuletzt in eine Vermoͤgenſteuer uͤber, und dazu iſt der Einwohner einer Stadt ſo lange nicht verpflichtet, als nicht auch diejenigen ſo auſſerhalb den Staͤd- ten wohnen, dazu angeſchlagen werden. Zudem vermehret ſich der Handel in der Banmneile nicht, er mag von zehn oder hundert Kraͤmern getrieben werden; und wenn die Bann- meile jaͤhrlich tauſend paar Schuh gebraucht: ſo gewinnet das Staͤdtgen im Ganzen nichts mehr dabey, ob dieſe tauſend paar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/500
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/500>, abgerufen am 25.04.2024.