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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Antwort
an Polyxena von Tobosa.

Sie haben mich, Ehr- und Tugendsame Polyxena von
Tobosa, durch Ihre unvermuthete Zuschrift in ein
solches Feuer gesetzt, daß es wenig fehlt, oder ich schil-
derte ihn jetzt

Den Degen freyssan,
Die Würmin schadesan
Und die Magd wohlgethan;
Nebst dem Recken geheure,
Der so mannich Abenteure
Mit Streiten und Hoffarten
Beym König zu Lamparten
Im Heldenbuch gethan.

Allein ich besorge, Sie kennen den kühnen Kern, Herrebrand
nicht, der seiner minniglichen Ameye von Tarfis hofirte;
und wenn ich Ihnen etwas vom Rosengarten zu Worms,
und vom König Laurin dem Gezwerge erzählen wollte, der
mit Mannheit und Zauherey des kühnen Weigands Diet-
liebs Schwester entführte, dafür aber der Helden Gaukel-
mann werden muste: so würden sie diese Halbgötter unsrer
deutschen Mythologie, in ihren neuen Bardenliedern ver-
geblich sucheu; und vielleicht mehr vom Oßian, als von
unsern tapfern Wolf dieterich wissen, der doch auf dem
wilden Meere so tapfer gegen die Heyden stritt, und mau-
chen so über Bord stieß, daß er durch diese Tanfe ein Christ
ward. Also weg mit diesen romantischen Geschöpfen uns-
rer ungenutzten Heldenzeiten; und ernsthaft zu der Sache,
welche Sie sowol empfnnden und vorgetragen haben.

Sie
fuͤr die deutſchen Wochenſchriften.


Antwort
an Polyxena von Toboſa.

Sie haben mich, Ehr- und Tugendſame Polyxena von
Toboſa, durch Ihre unvermuthete Zuſchrift in ein
ſolches Feuer geſetzt, daß es wenig fehlt, oder ich ſchil-
derte ihn jetzt

Den Degen freyſſan,
Die Wuͤrmin ſchadeſan
Und die Magd wohlgethan;
Nebſt dem Recken geheure,
Der ſo mannich Abenteure
Mit Streiten und Hoffarten
Beym Koͤnig zu Lamparten
Im Heldenbuch gethan.

Allein ich beſorge, Sie kennen den kuͤhnen Kern, Herrebrand
nicht, der ſeiner minniglichen Ameye von Tarfis hofirte;
und wenn ich Ihnen etwas vom Roſengarten zu Worms,
und vom Koͤnig Laurin dem Gezwerge erzaͤhlen wollte, der
mit Mannheit und Zauherey des kuͤhnen Weigands Diet-
liebs Schweſter entfuͤhrte, dafuͤr aber der Helden Gaukel-
mann werden muſte: ſo wuͤrden ſie dieſe Halbgoͤtter unſrer
deutſchen Mythologie, in ihren neuen Bardenliedern ver-
geblich ſucheu; und vielleicht mehr vom Oßian, als von
unſern tapfern Wolf dieterich wiſſen, der doch auf dem
wilden Meere ſo tapfer gegen die Heyden ſtritt, und mau-
chen ſo uͤber Bord ſtieß, daß er durch dieſe Tanfe ein Chriſt
ward. Alſo weg mit dieſen romantiſchen Geſchoͤpfen unſ-
rer ungenutzten Heldenzeiten; und ernſthaft zu der Sache,
welche Sie ſowol empfnnden und vorgetragen haben.

Sie
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[91/0105] fuͤr die deutſchen Wochenſchriften. Antwort an Polyxena von Toboſa. Sie haben mich, Ehr- und Tugendſame Polyxena von Toboſa, durch Ihre unvermuthete Zuſchrift in ein ſolches Feuer geſetzt, daß es wenig fehlt, oder ich ſchil- derte ihn jetzt Den Degen freyſſan, Die Wuͤrmin ſchadeſan Und die Magd wohlgethan; Nebſt dem Recken geheure, Der ſo mannich Abenteure Mit Streiten und Hoffarten Beym Koͤnig zu Lamparten Im Heldenbuch gethan. Allein ich beſorge, Sie kennen den kuͤhnen Kern, Herrebrand nicht, der ſeiner minniglichen Ameye von Tarfis hofirte; und wenn ich Ihnen etwas vom Roſengarten zu Worms, und vom Koͤnig Laurin dem Gezwerge erzaͤhlen wollte, der mit Mannheit und Zauherey des kuͤhnen Weigands Diet- liebs Schweſter entfuͤhrte, dafuͤr aber der Helden Gaukel- mann werden muſte: ſo wuͤrden ſie dieſe Halbgoͤtter unſrer deutſchen Mythologie, in ihren neuen Bardenliedern ver- geblich ſucheu; und vielleicht mehr vom Oßian, als von unſern tapfern Wolf dieterich wiſſen, der doch auf dem wilden Meere ſo tapfer gegen die Heyden ſtritt, und mau- chen ſo uͤber Bord ſtieß, daß er durch dieſe Tanfe ein Chriſt ward. Alſo weg mit dieſen romantiſchen Geſchoͤpfen unſ- rer ungenutzten Heldenzeiten; und ernſthaft zu der Sache, welche Sie ſowol empfnnden und vorgetragen haben. Sie

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/105>, abgerufen am 16.04.2024.