Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Concursprocesse etc.
behaftet *). Hierüber bleibt allemal ein Concurs offen.
Bey dem allen aber haben der alte Rentekauf, oder die
in England üblichen Annuitäten, welche aus unablösli-
chen aber nicht unwiederkäuflichen Zinsen bestehen, den
großen Vorzug, daß klein Gläubiger, der mehrere For-
derung zusammenkäuft einen schwachen Schuldner über
den Haufen werfen kann.


LVII.
Ueber die Adelsprobe in Deutschland.

Es ist nicht blos dem alten, sondern auch dem neuen
Adel, und selbst denen, welche zu dieser Ehre ge-
langen wollen, daran gelegen, daß der alte deutsche Adel,
es sey nun der hohe oder der niedrige, diejenige Würde
und Wehrung behalte, welche er von den frühesten Zei-
ten her gehabt hat. Denn so bald er solche verliert; so
bald nur der alte und neue Adel vermischt wird, und alle
Menschen im Staate durch einen kurzen oder geschwinden
Weg zu einerley Höhe gelangen können: so verliert sich
auch eine der wichtigsten Quellen zur Belohnung großer
und edler Thaten; der Staat muß dasjenige mit schwe-
rem Gelde bezahlen, was er sonst mit der Ehre bestrei-
ten kann; und die glückliche Abstufung der Monarchie,
die auf der einen Seite so vieles zur Größe des Monar-
chen beyträgt, und auf der andern den von dem Throne
entfernten Unterthanen so wesentliche Vortheile verschaft,

ver-
*) So ist es im Calenbergischen v. Pufendorf in obs. T. III.
obs.
180.

Von dem Concursproceſſe ꝛc.
behaftet *). Hieruͤber bleibt allemal ein Concurs offen.
Bey dem allen aber haben der alte Rentekauf, oder die
in England uͤblichen Annuitaͤten, welche aus unabloͤsli-
chen aber nicht unwiederkaͤuflichen Zinſen beſtehen, den
großen Vorzug, daß klein Glaͤubiger, der mehrere For-
derung zuſammenkaͤuft einen ſchwachen Schuldner uͤber
den Haufen werfen kann.


LVII.
Ueber die Adelsprobe in Deutſchland.

Es iſt nicht blos dem alten, ſondern auch dem neuen
Adel, und ſelbſt denen, welche zu dieſer Ehre ge-
langen wollen, daran gelegen, daß der alte deutſche Adel,
es ſey nun der hohe oder der niedrige, diejenige Wuͤrde
und Wehrung behalte, welche er von den fruͤheſten Zei-
ten her gehabt hat. Denn ſo bald er ſolche verliert; ſo
bald nur der alte und neue Adel vermiſcht wird, und alle
Menſchen im Staate durch einen kurzen oder geſchwinden
Weg zu einerley Hoͤhe gelangen koͤnnen: ſo verliert ſich
auch eine der wichtigſten Quellen zur Belohnung großer
und edler Thaten; der Staat muß dasjenige mit ſchwe-
rem Gelde bezahlen, was er ſonſt mit der Ehre beſtrei-
ten kann; und die gluͤckliche Abſtufung der Monarchie,
die auf der einen Seite ſo vieles zur Groͤße des Monar-
chen beytraͤgt, und auf der andern den von dem Throne
entfernten Unterthanen ſo weſentliche Vortheile verſchaft,

ver-
*) So iſt es im Calenbergiſchen v. Pufendorf in obſ. T. III.
obſ.
180.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0280" n="268"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von dem Concursproce&#x017F;&#x017F;e &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
behaftet <note place="foot" n="*)">So i&#x017F;t es im Calenbergi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">v. Pufendorf in ob&#x017F;. T. III.<lb/>
ob&#x017F;.</hi> 180.</note>. Hieru&#x0364;ber bleibt allemal ein Concurs offen.<lb/>
Bey dem allen aber haben der alte Rentekauf, oder die<lb/>
in England u&#x0364;blichen Annuita&#x0364;ten, welche aus unablo&#x0364;sli-<lb/>
chen aber nicht unwiederka&#x0364;uflichen Zin&#x017F;en be&#x017F;tehen, den<lb/>
großen Vorzug, daß klein Gla&#x0364;ubiger, der mehrere For-<lb/>
derung zu&#x017F;ammenka&#x0364;uft einen &#x017F;chwachen Schuldner u&#x0364;ber<lb/>
den Haufen werfen kann.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LVII.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Ueber die Adelsprobe in Deut&#x017F;chland.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>s i&#x017F;t nicht blos dem <hi rendition="#fr">alten</hi>, &#x017F;ondern auch dem <hi rendition="#fr">neuen</hi><lb/>
Adel, und &#x017F;elb&#x017F;t denen, welche zu die&#x017F;er Ehre ge-<lb/>
langen wollen, daran gelegen, daß der <hi rendition="#fr">alte</hi> deut&#x017F;che Adel,<lb/>
es &#x017F;ey nun der <hi rendition="#fr">hohe</hi> oder der <hi rendition="#fr">niedrige</hi>, diejenige Wu&#x0364;rde<lb/>
und Wehrung behalte, welche er von den fru&#x0364;he&#x017F;ten Zei-<lb/>
ten her gehabt hat. Denn &#x017F;o bald er &#x017F;olche verliert; &#x017F;o<lb/>
bald nur der <hi rendition="#fr">alte</hi> und <hi rendition="#fr">neue</hi> Adel vermi&#x017F;cht wird, und alle<lb/>
Men&#x017F;chen im Staate durch einen kurzen oder ge&#x017F;chwinden<lb/>
Weg zu einerley Ho&#x0364;he gelangen ko&#x0364;nnen: &#x017F;o verliert &#x017F;ich<lb/>
auch eine der wichtig&#x017F;ten Quellen zur Belohnung großer<lb/>
und edler Thaten; der Staat muß dasjenige mit &#x017F;chwe-<lb/>
rem Gelde bezahlen, was er &#x017F;on&#x017F;t mit der Ehre be&#x017F;trei-<lb/>
ten kann; und die glu&#x0364;ckliche Ab&#x017F;tufung der Monarchie,<lb/>
die auf der einen Seite &#x017F;o vieles zur Gro&#x0364;ße des Monar-<lb/>
chen beytra&#x0364;gt, und auf der andern den von dem Throne<lb/>
entfernten Unterthanen &#x017F;o we&#x017F;entliche Vortheile ver&#x017F;chaft,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0280] Von dem Concursproceſſe ꝛc. behaftet *). Hieruͤber bleibt allemal ein Concurs offen. Bey dem allen aber haben der alte Rentekauf, oder die in England uͤblichen Annuitaͤten, welche aus unabloͤsli- chen aber nicht unwiederkaͤuflichen Zinſen beſtehen, den großen Vorzug, daß klein Glaͤubiger, der mehrere For- derung zuſammenkaͤuft einen ſchwachen Schuldner uͤber den Haufen werfen kann. LVII. Ueber die Adelsprobe in Deutſchland. Es iſt nicht blos dem alten, ſondern auch dem neuen Adel, und ſelbſt denen, welche zu dieſer Ehre ge- langen wollen, daran gelegen, daß der alte deutſche Adel, es ſey nun der hohe oder der niedrige, diejenige Wuͤrde und Wehrung behalte, welche er von den fruͤheſten Zei- ten her gehabt hat. Denn ſo bald er ſolche verliert; ſo bald nur der alte und neue Adel vermiſcht wird, und alle Menſchen im Staate durch einen kurzen oder geſchwinden Weg zu einerley Hoͤhe gelangen koͤnnen: ſo verliert ſich auch eine der wichtigſten Quellen zur Belohnung großer und edler Thaten; der Staat muß dasjenige mit ſchwe- rem Gelde bezahlen, was er ſonſt mit der Ehre beſtrei- ten kann; und die gluͤckliche Abſtufung der Monarchie, die auf der einen Seite ſo vieles zur Groͤße des Monar- chen beytraͤgt, und auf der andern den von dem Throne entfernten Unterthanen ſo weſentliche Vortheile verſchaft, ver- *) So iſt es im Calenbergiſchen v. Pufendorf in obſ. T. III. obſ. 180.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/280
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/280>, abgerufen am 28.03.2024.