Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite
führung kommt, von den Darstellungen des öffentlichen Rechtes ganz über-
gangen wird. Die Systeme des Staatsrechtes schieben die ganzen Erör-
terungen dem Völkerrechte zu, welches seiner Seits sich, und zwar mit
größerem Rechte, gar nicht darum bekümmert, weil sie nicht internationalen
sondern einseitigen und inneren Rechtes seien. Nur die verfassungsmäßigen
Rechte des Staatsoberhauptes in den auswärtigen Beziehungen und, vor-
kommenden Falles, die gleichnamigen Rechte der Ständeversammlungen
werden etwa besprochen. Damit ist aber der Gegenstand lange nicht
erschöpft.
§ 39.
g. Von der Finanzverwaltung.

Schon die Ausführung der Verfassung, noch mehr aber
die Instandhaltung der bisher geschilderten Verwaltungszweige
erfordert einen sehr beträchtlichen Aufwand von materiellen
Mitteln
, also von Geld und Geldeswerth. Daß dieselben
von dem Volke, welches den Staat bildet und dessen Vortheile
genießt, beigeschaft werden müssen, ist eine logische Nothwendig-
keit. Wer den Zweck will muß auch die Mittel wollen. Und
ebenso unzweifelhaft ist, daß die rechtzeitige Betreibung, die
Bereithaltung und Bewahrung, endlich die sachgemäße Ver-
wendung dieser Mittel eine Aufgabe der Regierung ist 1).
Möglicherweise mag in solchen Staaten, deren Verfassung einen
Schutz der Unterthanen gegen Mißregierung erlaubt und ver-
langt, bei der Feststellung von Einnahmen und Ausgaben und
zur Ausübung einer Controle über die wirkliche Ausführung
des Beschlossenen eine Theilnahme der Staatsbürger in irgend
einer Weise stattfinden; allein die Ausführung und somit die
eigentliche Handhabung des ganzen Staatshaushaltes steht immer
der Regierung zu, und bildet einen Haupttheil der Verwal-
tung 2). Eine grundsätzliche Ausnahme in diesen allgemeinsten
Lehren macht nur der Patrimonialstaat, in welchem die Bestrei-
tung der Regierungskosten in erster Linie Sache des Staats-
oberhauptes ist, und wo die Unterthanen, wenigstens so weit

führung kommt, von den Darſtellungen des öffentlichen Rechtes ganz über-
gangen wird. Die Syſteme des Staatsrechtes ſchieben die ganzen Erör-
terungen dem Völkerrechte zu, welches ſeiner Seits ſich, und zwar mit
größerem Rechte, gar nicht darum bekümmert, weil ſie nicht internationalen
ſondern einſeitigen und inneren Rechtes ſeien. Nur die verfaſſungsmäßigen
Rechte des Staatsoberhauptes in den auswärtigen Beziehungen und, vor-
kommenden Falles, die gleichnamigen Rechte der Ständeverſammlungen
werden etwa beſprochen. Damit iſt aber der Gegenſtand lange nicht
erſchöpft.
§ 39.
g. Von der Finanzverwaltung.

Schon die Ausführung der Verfaſſung, noch mehr aber
die Inſtandhaltung der bisher geſchilderten Verwaltungszweige
erfordert einen ſehr beträchtlichen Aufwand von materiellen
Mitteln
, alſo von Geld und Geldeswerth. Daß dieſelben
von dem Volke, welches den Staat bildet und deſſen Vortheile
genießt, beigeſchaft werden müſſen, iſt eine logiſche Nothwendig-
keit. Wer den Zweck will muß auch die Mittel wollen. Und
ebenſo unzweifelhaft iſt, daß die rechtzeitige Betreibung, die
Bereithaltung und Bewahrung, endlich die ſachgemäße Ver-
wendung dieſer Mittel eine Aufgabe der Regierung iſt 1).
Möglicherweiſe mag in ſolchen Staaten, deren Verfaſſung einen
Schutz der Unterthanen gegen Mißregierung erlaubt und ver-
langt, bei der Feſtſtellung von Einnahmen und Ausgaben und
zur Ausübung einer Controle über die wirkliche Ausführung
des Beſchloſſenen eine Theilnahme der Staatsbürger in irgend
einer Weiſe ſtattfinden; allein die Ausführung und ſomit die
eigentliche Handhabung des ganzen Staatshaushaltes ſteht immer
der Regierung zu, und bildet einen Haupttheil der Verwal-
tung 2). Eine grundſätzliche Ausnahme in dieſen allgemeinſten
Lehren macht nur der Patrimonialſtaat, in welchem die Beſtrei-
tung der Regierungskoſten in erſter Linie Sache des Staats-
oberhauptes iſt, und wo die Unterthanen, wenigſtens ſo weit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <note place="end" n="1)"><pb facs="#f0302" n="288"/>
führung kommt, von den Dar&#x017F;tellungen des öffentlichen Rechtes ganz über-<lb/>
gangen wird. Die Sy&#x017F;teme des Staatsrechtes &#x017F;chieben die ganzen Erör-<lb/>
terungen dem Völkerrechte zu, welches &#x017F;einer Seits &#x017F;ich, und zwar mit<lb/>
größerem Rechte, gar nicht darum bekümmert, weil &#x017F;ie nicht internationalen<lb/>
&#x017F;ondern ein&#x017F;eitigen und inneren Rechtes &#x017F;eien. Nur die verfa&#x017F;&#x017F;ungsmäßigen<lb/>
Rechte des Staatsoberhauptes in den auswärtigen Beziehungen und, vor-<lb/>
kommenden Falles, die gleichnamigen Rechte der Ständever&#x017F;ammlungen<lb/>
werden etwa be&#x017F;prochen. Damit i&#x017F;t aber der Gegen&#x017F;tand lange nicht<lb/>
er&#x017F;chöpft.</note>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§ 39.<lb/><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">g.</hi> Von der Finanzverwaltung.</hi></head><lb/>
                    <p>Schon die Ausführung der Verfa&#x017F;&#x017F;ung, noch mehr aber<lb/>
die In&#x017F;tandhaltung der bisher ge&#x017F;childerten Verwaltungszweige<lb/>
erfordert einen &#x017F;ehr beträchtlichen Aufwand von <hi rendition="#g">materiellen<lb/>
Mitteln</hi>, al&#x017F;o von Geld und Geldeswerth. Daß die&#x017F;elben<lb/>
von dem Volke, welches den Staat bildet und de&#x017F;&#x017F;en Vortheile<lb/>
genießt, beige&#x017F;chaft werden mü&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t eine logi&#x017F;che Nothwendig-<lb/>
keit. Wer den Zweck will muß auch die Mittel wollen. Und<lb/>
eben&#x017F;o unzweifelhaft i&#x017F;t, daß die rechtzeitige Betreibung, die<lb/>
Bereithaltung und Bewahrung, endlich die &#x017F;achgemäße Ver-<lb/>
wendung die&#x017F;er Mittel eine Aufgabe der Regierung i&#x017F;t <hi rendition="#sup">1</hi>).<lb/>
Möglicherwei&#x017F;e mag in &#x017F;olchen Staaten, deren Verfa&#x017F;&#x017F;ung einen<lb/>
Schutz der Unterthanen gegen Mißregierung erlaubt und ver-<lb/>
langt, bei der Fe&#x017F;t&#x017F;tellung von Einnahmen und Ausgaben und<lb/>
zur Ausübung einer Controle über die wirkliche Ausführung<lb/>
des Be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen eine Theilnahme der Staatsbürger in irgend<lb/>
einer Wei&#x017F;e &#x017F;tattfinden; allein die Ausführung und &#x017F;omit die<lb/>
eigentliche Handhabung des ganzen Staatshaushaltes &#x017F;teht immer<lb/>
der Regierung zu, und bildet einen Haupttheil der Verwal-<lb/>
tung <hi rendition="#sup">2</hi>). Eine grund&#x017F;ätzliche Ausnahme in die&#x017F;en allgemein&#x017F;ten<lb/>
Lehren macht nur der Patrimonial&#x017F;taat, in welchem die Be&#x017F;trei-<lb/>
tung der Regierungsko&#x017F;ten in er&#x017F;ter Linie Sache des Staats-<lb/>
oberhauptes i&#x017F;t, und wo die Unterthanen, wenig&#x017F;tens &#x017F;o weit<lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0302] ¹⁾ führung kommt, von den Darſtellungen des öffentlichen Rechtes ganz über- gangen wird. Die Syſteme des Staatsrechtes ſchieben die ganzen Erör- terungen dem Völkerrechte zu, welches ſeiner Seits ſich, und zwar mit größerem Rechte, gar nicht darum bekümmert, weil ſie nicht internationalen ſondern einſeitigen und inneren Rechtes ſeien. Nur die verfaſſungsmäßigen Rechte des Staatsoberhauptes in den auswärtigen Beziehungen und, vor- kommenden Falles, die gleichnamigen Rechte der Ständeverſammlungen werden etwa beſprochen. Damit iſt aber der Gegenſtand lange nicht erſchöpft. § 39. g. Von der Finanzverwaltung. Schon die Ausführung der Verfaſſung, noch mehr aber die Inſtandhaltung der bisher geſchilderten Verwaltungszweige erfordert einen ſehr beträchtlichen Aufwand von materiellen Mitteln, alſo von Geld und Geldeswerth. Daß dieſelben von dem Volke, welches den Staat bildet und deſſen Vortheile genießt, beigeſchaft werden müſſen, iſt eine logiſche Nothwendig- keit. Wer den Zweck will muß auch die Mittel wollen. Und ebenſo unzweifelhaft iſt, daß die rechtzeitige Betreibung, die Bereithaltung und Bewahrung, endlich die ſachgemäße Ver- wendung dieſer Mittel eine Aufgabe der Regierung iſt 1). Möglicherweiſe mag in ſolchen Staaten, deren Verfaſſung einen Schutz der Unterthanen gegen Mißregierung erlaubt und ver- langt, bei der Feſtſtellung von Einnahmen und Ausgaben und zur Ausübung einer Controle über die wirkliche Ausführung des Beſchloſſenen eine Theilnahme der Staatsbürger in irgend einer Weiſe ſtattfinden; allein die Ausführung und ſomit die eigentliche Handhabung des ganzen Staatshaushaltes ſteht immer der Regierung zu, und bildet einen Haupttheil der Verwal- tung 2). Eine grundſätzliche Ausnahme in dieſen allgemeinſten Lehren macht nur der Patrimonialſtaat, in welchem die Beſtrei- tung der Regierungskoſten in erſter Linie Sache des Staats- oberhauptes iſt, und wo die Unterthanen, wenigſtens ſo weit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/302
Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/302>, abgerufen am 19.04.2024.