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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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auf gleiche Weise, und so haben denn auch Alle gleichmäßig
mit der Person einzustehen, wo dieß überhaupt nöthig ist.
Es fällt jedoch in die Augen, daß der Mangel an Vorberei-
tung für die besondere Dienstleistung, die geringe persönliche
Befähigung vieler der bloßen Reihe nach Aufzufordernder, end-
lich der durch eine gleiche Vertheilung der Last erzeugte häufige
Wechsel der Dienstleistenden nur bei ganz wenigen öffentlichen
Geschäften eine Versehung nach Reihenfolge zuläßt; namentlich
etwa bei einigen Sicherheitsdiensten, bei gewissen einfachen Ge-
schäften der Rechtspflege u. s. w. In allen anderen Fällen
wäre eine Besetzung öffentlicher Aemter nach der Reihenfolge
nicht nur unzweckmäßig, sondern selbst ein förmliches Unrecht
gegen die Unterthanen, deren Ansprüche an den Staat auf
solche Weise gar nicht befriedigt werden können.

Eine Zwangsauswahl hat, außer bedeutenden recht-
lichen Bedenken, namentlich auch das gegen sich, daß bei allen
Dienstleistungen, welche eigene geistige oder sittliche Anstren-
gung von Seiten jedes einzelnen Ausführenden verlangen, auf
eine solche bei Gezwungenen nicht zu rechnen ist. Es können
also nur solche Geschäfte durch Unfreiwillige besorgt werden,
deren pünktliche Versehung durch Aufsicht und Strenge erzwun-
gen werden kann. Dies ist denn hauptsächlich der Fall
bei gewöhnlichem Kriegs- oder Seedienste; möglicherweise,
namentlich wenn nur Gebildetere beigezogen werden, bei einigen
Dienstleistungen zu örtlichen Rechts- oder Polizeizwecken,
z. B. zur Dienstleistung als Geschworne, Sachverständige
und dgl. 8).

Da nun Uebertragung der Staatsgeschäfte in Erbrecht
oder durch Privatvertrag sowohl wegen möglicher völliger
Untauglichkeit, als aus vielen weiteren Zweckmäßigkeitsgründen
außer Frage ist: so bleibt als Regel die Besetzung der Aemter
durch freien Vertrag.

auf gleiche Weiſe, und ſo haben denn auch Alle gleichmäßig
mit der Perſon einzuſtehen, wo dieß überhaupt nöthig iſt.
Es fällt jedoch in die Augen, daß der Mangel an Vorberei-
tung für die beſondere Dienſtleiſtung, die geringe perſönliche
Befähigung vieler der bloßen Reihe nach Aufzufordernder, end-
lich der durch eine gleiche Vertheilung der Laſt erzeugte häufige
Wechſel der Dienſtleiſtenden nur bei ganz wenigen öffentlichen
Geſchäften eine Verſehung nach Reihenfolge zuläßt; namentlich
etwa bei einigen Sicherheitsdienſten, bei gewiſſen einfachen Ge-
ſchäften der Rechtspflege u. ſ. w. In allen anderen Fällen
wäre eine Beſetzung öffentlicher Aemter nach der Reihenfolge
nicht nur unzweckmäßig, ſondern ſelbſt ein förmliches Unrecht
gegen die Unterthanen, deren Anſprüche an den Staat auf
ſolche Weiſe gar nicht befriedigt werden können.

Eine Zwangsauswahl hat, außer bedeutenden recht-
lichen Bedenken, namentlich auch das gegen ſich, daß bei allen
Dienſtleiſtungen, welche eigene geiſtige oder ſittliche Anſtren-
gung von Seiten jedes einzelnen Ausführenden verlangen, auf
eine ſolche bei Gezwungenen nicht zu rechnen iſt. Es können
alſo nur ſolche Geſchäfte durch Unfreiwillige beſorgt werden,
deren pünktliche Verſehung durch Aufſicht und Strenge erzwun-
gen werden kann. Dies iſt denn hauptſächlich der Fall
bei gewöhnlichem Kriegs- oder Seedienſte; möglicherweiſe,
namentlich wenn nur Gebildetere beigezogen werden, bei einigen
Dienſtleiſtungen zu örtlichen Rechts- oder Polizeizwecken,
z. B. zur Dienſtleiſtung als Geſchworne, Sachverſtändige
und dgl. 8).

Da nun Uebertragung der Staatsgeſchäfte in Erbrecht
oder durch Privatvertrag ſowohl wegen möglicher völliger
Untauglichkeit, als aus vielen weiteren Zweckmäßigkeitsgründen
außer Frage iſt: ſo bleibt als Regel die Beſetzung der Aemter
durch freien Vertrag.

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[254/0268] auf gleiche Weiſe, und ſo haben denn auch Alle gleichmäßig mit der Perſon einzuſtehen, wo dieß überhaupt nöthig iſt. Es fällt jedoch in die Augen, daß der Mangel an Vorberei- tung für die beſondere Dienſtleiſtung, die geringe perſönliche Befähigung vieler der bloßen Reihe nach Aufzufordernder, end- lich der durch eine gleiche Vertheilung der Laſt erzeugte häufige Wechſel der Dienſtleiſtenden nur bei ganz wenigen öffentlichen Geſchäften eine Verſehung nach Reihenfolge zuläßt; namentlich etwa bei einigen Sicherheitsdienſten, bei gewiſſen einfachen Ge- ſchäften der Rechtspflege u. ſ. w. In allen anderen Fällen wäre eine Beſetzung öffentlicher Aemter nach der Reihenfolge nicht nur unzweckmäßig, ſondern ſelbſt ein förmliches Unrecht gegen die Unterthanen, deren Anſprüche an den Staat auf ſolche Weiſe gar nicht befriedigt werden können. Eine Zwangsauswahl hat, außer bedeutenden recht- lichen Bedenken, namentlich auch das gegen ſich, daß bei allen Dienſtleiſtungen, welche eigene geiſtige oder ſittliche Anſtren- gung von Seiten jedes einzelnen Ausführenden verlangen, auf eine ſolche bei Gezwungenen nicht zu rechnen iſt. Es können alſo nur ſolche Geſchäfte durch Unfreiwillige beſorgt werden, deren pünktliche Verſehung durch Aufſicht und Strenge erzwun- gen werden kann. Dies iſt denn hauptſächlich der Fall bei gewöhnlichem Kriegs- oder Seedienſte; möglicherweiſe, namentlich wenn nur Gebildetere beigezogen werden, bei einigen Dienſtleiſtungen zu örtlichen Rechts- oder Polizeizwecken, z. B. zur Dienſtleiſtung als Geſchworne, Sachverſtändige und dgl. 8). Da nun Uebertragung der Staatsgeſchäfte in Erbrecht oder durch Privatvertrag ſowohl wegen möglicher völliger Untauglichkeit, als aus vielen weiteren Zweckmäßigkeitsgründen außer Frage iſt: ſo bleibt als Regel die Beſetzung der Aemter durch freien Vertrag.

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/268>, abgerufen am 24.04.2024.