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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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wickelt, die Zweifel, Widersprüche und Lücken gehörigen Ortes
erwähnt und nach Thunlichkeit beseitigt werden. Der richtig
gestellte Stoff ist sodann nach der Verschiedenheit der Gegen-
stände sachgemäß einzutheilen; es muß vom Allgemeinen zum
Besonderen, vom Satze zu den Folgerungen fortgeschritten
werden. Zum Beweise der Richtigkeit des Angeführten und zur
Erleichterung näheren Nachschlagens sind die Belege der ein-
zelnen Behauptungen genau zu geben; eine Anführung litera-
rischer Hülfsmittel und Gewährsmänner ist wenigstens nützlich.
-- Durchweg ist also hier die Absicht, das im Augenblicke der
Darstellung Gültige in seinem ganzen Umfange zu lehren; und
natürlich ist es Pflicht und Ehrensache, nur die objective Wahr-
heit, diese aber ganz zu geben, ohne verfälschende Begünstigung
irgend eines Faktors des Staatslebens oder einer eigenen poli-
tischen Absicht. Geschichtliche Mittheilungen werden nur gemacht,
wo und soweit dieselben unentbehrlich sind zum Verständnisse
eines neuesten Rechtszustandes.

2. Die geschichtliche Behandlung besteht in einer Er-
zählung der allmäligen Entwickelung des gegenwärtig gültigen
Rechtssystemes. Wo möglich muß dieselbe mit den ersten über-
haupt vorhandenen Nachrichten von dem in Frage stehenden
Staate, also mit den geschichtlichen Anfängen des Volkes und
seines einheitlichen Organismus, beginnen und ununterbrochen
bis zur Gegenwart herablaufen; jedenfalls und wenigstens aber
von der letzten wesentlichen Umgestaltung des jetzigen Staates
ausgehen und, nach Erläuterung der Bestandtheile dieses Aus-
gangszustandes, auf die eben angeführte Weise bis zur Gegen-
wart fortschreiten. Hierbei sind denn nicht nur die Haupt-
grundzüge der ganzen Verfassung, sondern auch alle einzelnen
staatsrechtlichen Institute ins Auge zu fassen. Die Kunst und
der Nutzen einer richtigen geschichtlichen Behandlung besteht
wesentlich in einer Verbindung der Einzelheiten zum Ganzen

wickelt, die Zweifel, Widerſprüche und Lücken gehörigen Ortes
erwähnt und nach Thunlichkeit beſeitigt werden. Der richtig
geſtellte Stoff iſt ſodann nach der Verſchiedenheit der Gegen-
ſtände ſachgemäß einzutheilen; es muß vom Allgemeinen zum
Beſonderen, vom Satze zu den Folgerungen fortgeſchritten
werden. Zum Beweiſe der Richtigkeit des Angeführten und zur
Erleichterung näheren Nachſchlagens ſind die Belege der ein-
zelnen Behauptungen genau zu geben; eine Anführung litera-
riſcher Hülfsmittel und Gewährsmänner iſt wenigſtens nützlich.
— Durchweg iſt alſo hier die Abſicht, das im Augenblicke der
Darſtellung Gültige in ſeinem ganzen Umfange zu lehren; und
natürlich iſt es Pflicht und Ehrenſache, nur die objective Wahr-
heit, dieſe aber ganz zu geben, ohne verfälſchende Begünſtigung
irgend eines Faktors des Staatslebens oder einer eigenen poli-
tiſchen Abſicht. Geſchichtliche Mittheilungen werden nur gemacht,
wo und ſoweit dieſelben unentbehrlich ſind zum Verſtändniſſe
eines neueſten Rechtszuſtandes.

2. Die geſchichtliche Behandlung beſteht in einer Er-
zählung der allmäligen Entwickelung des gegenwärtig gültigen
Rechtsſyſtemes. Wo möglich muß dieſelbe mit den erſten über-
haupt vorhandenen Nachrichten von dem in Frage ſtehenden
Staate, alſo mit den geſchichtlichen Anfängen des Volkes und
ſeines einheitlichen Organismus, beginnen und ununterbrochen
bis zur Gegenwart herablaufen; jedenfalls und wenigſtens aber
von der letzten weſentlichen Umgeſtaltung des jetzigen Staates
ausgehen und, nach Erläuterung der Beſtandtheile dieſes Aus-
gangszuſtandes, auf die eben angeführte Weiſe bis zur Gegen-
wart fortſchreiten. Hierbei ſind denn nicht nur die Haupt-
grundzüge der ganzen Verfaſſung, ſondern auch alle einzelnen
ſtaatsrechtlichen Inſtitute ins Auge zu faſſen. Die Kunſt und
der Nutzen einer richtigen geſchichtlichen Behandlung beſteht
weſentlich in einer Verbindung der Einzelheiten zum Ganzen

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[384/0398] wickelt, die Zweifel, Widerſprüche und Lücken gehörigen Ortes erwähnt und nach Thunlichkeit beſeitigt werden. Der richtig geſtellte Stoff iſt ſodann nach der Verſchiedenheit der Gegen- ſtände ſachgemäß einzutheilen; es muß vom Allgemeinen zum Beſonderen, vom Satze zu den Folgerungen fortgeſchritten werden. Zum Beweiſe der Richtigkeit des Angeführten und zur Erleichterung näheren Nachſchlagens ſind die Belege der ein- zelnen Behauptungen genau zu geben; eine Anführung litera- riſcher Hülfsmittel und Gewährsmänner iſt wenigſtens nützlich. — Durchweg iſt alſo hier die Abſicht, das im Augenblicke der Darſtellung Gültige in ſeinem ganzen Umfange zu lehren; und natürlich iſt es Pflicht und Ehrenſache, nur die objective Wahr- heit, dieſe aber ganz zu geben, ohne verfälſchende Begünſtigung irgend eines Faktors des Staatslebens oder einer eigenen poli- tiſchen Abſicht. Geſchichtliche Mittheilungen werden nur gemacht, wo und ſoweit dieſelben unentbehrlich ſind zum Verſtändniſſe eines neueſten Rechtszuſtandes. 2. Die geſchichtliche Behandlung beſteht in einer Er- zählung der allmäligen Entwickelung des gegenwärtig gültigen Rechtsſyſtemes. Wo möglich muß dieſelbe mit den erſten über- haupt vorhandenen Nachrichten von dem in Frage ſtehenden Staate, alſo mit den geſchichtlichen Anfängen des Volkes und ſeines einheitlichen Organismus, beginnen und ununterbrochen bis zur Gegenwart herablaufen; jedenfalls und wenigſtens aber von der letzten weſentlichen Umgeſtaltung des jetzigen Staates ausgehen und, nach Erläuterung der Beſtandtheile dieſes Aus- gangszuſtandes, auf die eben angeführte Weiſe bis zur Gegen- wart fortſchreiten. Hierbei ſind denn nicht nur die Haupt- grundzüge der ganzen Verfaſſung, ſondern auch alle einzelnen ſtaatsrechtlichen Inſtitute ins Auge zu faſſen. Die Kunſt und der Nutzen einer richtigen geſchichtlichen Behandlung beſteht weſentlich in einer Verbindung der Einzelheiten zum Ganzen

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/398>, abgerufen am 19.04.2024.