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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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§ 90.
3. Das Eigenthum.

Besitz von Gütern, d. h. von Dingen, welche zu Er-
reichung menschlicher Zwecke gebraucht werden, ist nicht minder
eine Bedingung des Staates, als das abgeschlossene Gebiet und
die Bevölkerung. Güter bedarf sowohl der Einzelne zur Er-
reichung seiner Zwecke, als der Staat zur Erfüllung der ihm
gestellten Aufgaben; und je zahlreicher und größer diese Zwecke
sind, desto bedeutender müssen auch die Güter sein. Es bedarf
aber zweier Gattungen derselben, einmal der zum unmittelbaren
Gebrauche nöthigen, sodann der zur Erzeugung neuer Dinge
erforderlichen. (Ohne die entsprechende Zahl und Art der
letzteren würde der Verbrauch bald den ganzen Vorrath auf-
zehren.)

Aus dieser Unentbehrlichkeit der Güter auch für die
Staatszwecke ergeben sich aber nachstehende leitende Grundsätze:

1. Es sind in Beziehung auf das Güterwesen diejenigen
von Privaten ausgehenden Einrichtungen zu begünstigen, welche
die leichteste, reichlichste und nachhaltigste Erzeugung der für
menschlichen Gebrauch nothwendigen Dinge in Aussicht stellen.

2. Der Staat hat für directe Einrichtungen zu sorgen,
welche die Bewahrung und verständige Vermehrung der Güter
sicherstellen.

3. Der Einzelne kann kein Recht in Anspruch nehmen,
welches unvereinbar wäre mit der Beschaffung, Bewahrung und
vollen Entwicklung des für das Volks- und Staatsleben noth-
wendigen Güterwesens.

4. Die für den Staat, also für die Gesammtheit, noth-
wendigen Güter müssen auf diejenige Weise ausgesondert werden,
welche die richtigen Güterverhältnisse der Einzelnen am we-
nigsten stört.

§ 90.
3. Das Eigenthum.

Beſitz von Gütern, d. h. von Dingen, welche zu Er-
reichung menſchlicher Zwecke gebraucht werden, iſt nicht minder
eine Bedingung des Staates, als das abgeſchloſſene Gebiet und
die Bevölkerung. Güter bedarf ſowohl der Einzelne zur Er-
reichung ſeiner Zwecke, als der Staat zur Erfüllung der ihm
geſtellten Aufgaben; und je zahlreicher und größer dieſe Zwecke
ſind, deſto bedeutender müſſen auch die Güter ſein. Es bedarf
aber zweier Gattungen derſelben, einmal der zum unmittelbaren
Gebrauche nöthigen, ſodann der zur Erzeugung neuer Dinge
erforderlichen. (Ohne die entſprechende Zahl und Art der
letzteren würde der Verbrauch bald den ganzen Vorrath auf-
zehren.)

Aus dieſer Unentbehrlichkeit der Güter auch für die
Staatszwecke ergeben ſich aber nachſtehende leitende Grundſätze:

1. Es ſind in Beziehung auf das Güterweſen diejenigen
von Privaten ausgehenden Einrichtungen zu begünſtigen, welche
die leichteſte, reichlichſte und nachhaltigſte Erzeugung der für
menſchlichen Gebrauch nothwendigen Dinge in Ausſicht ſtellen.

2. Der Staat hat für directe Einrichtungen zu ſorgen,
welche die Bewahrung und verſtändige Vermehrung der Güter
ſicherſtellen.

3. Der Einzelne kann kein Recht in Anſpruch nehmen,
welches unvereinbar wäre mit der Beſchaffung, Bewahrung und
vollen Entwicklung des für das Volks- und Staatsleben noth-
wendigen Güterweſens.

4. Die für den Staat, alſo für die Geſammtheit, noth-
wendigen Güter müſſen auf diejenige Weiſe ausgeſondert werden,
welche die richtigen Güterverhältniſſe der Einzelnen am we-
nigſten ſtört.

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[583/0597] § 90. 3. Das Eigenthum. Beſitz von Gütern, d. h. von Dingen, welche zu Er- reichung menſchlicher Zwecke gebraucht werden, iſt nicht minder eine Bedingung des Staates, als das abgeſchloſſene Gebiet und die Bevölkerung. Güter bedarf ſowohl der Einzelne zur Er- reichung ſeiner Zwecke, als der Staat zur Erfüllung der ihm geſtellten Aufgaben; und je zahlreicher und größer dieſe Zwecke ſind, deſto bedeutender müſſen auch die Güter ſein. Es bedarf aber zweier Gattungen derſelben, einmal der zum unmittelbaren Gebrauche nöthigen, ſodann der zur Erzeugung neuer Dinge erforderlichen. (Ohne die entſprechende Zahl und Art der letzteren würde der Verbrauch bald den ganzen Vorrath auf- zehren.) Aus dieſer Unentbehrlichkeit der Güter auch für die Staatszwecke ergeben ſich aber nachſtehende leitende Grundſätze: 1. Es ſind in Beziehung auf das Güterweſen diejenigen von Privaten ausgehenden Einrichtungen zu begünſtigen, welche die leichteſte, reichlichſte und nachhaltigſte Erzeugung der für menſchlichen Gebrauch nothwendigen Dinge in Ausſicht ſtellen. 2. Der Staat hat für directe Einrichtungen zu ſorgen, welche die Bewahrung und verſtändige Vermehrung der Güter ſicherſtellen. 3. Der Einzelne kann kein Recht in Anſpruch nehmen, welches unvereinbar wäre mit der Beſchaffung, Bewahrung und vollen Entwicklung des für das Volks- und Staatsleben noth- wendigen Güterweſens. 4. Die für den Staat, alſo für die Geſammtheit, noth- wendigen Güter müſſen auf diejenige Weiſe ausgeſondert werden, welche die richtigen Güterverhältniſſe der Einzelnen am we- nigſten ſtört.

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/597>, abgerufen am 29.03.2024.