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Mohr, Christian Otto: Beitrag zur Theorie des Fachwerks. Fortsetzung. T. 2. In: Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Hannover (1875), Sp. 17-38.

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Mohr, Beitrag zur Theorie des Fachwerks.

Anwendung auf das kontinuirliche Balkenfachwerk.

Für praktische Zwecke genügt es, die Untersuchung
auf den Fall zu beschränken, in welchem die Anzahl
der überzähligen Konstruktionstheile eben so gross
ist wie die Anzahl der Mittelstützen des Trägers.
Dies ist, wie man leicht erkennt, der Fall, wenn die
ununterbrochenen Gurtungen durch ein System von
Füllungstheilen mit einander verbunden sind. Kommen
mehrere Systeme von Füllungstheilen zur Anwendung,
so kann man, ohne einen erheblichen Fehler zu be-
gehen, dieselben zusammenlegen und für die so ver-
einfachte Form des Trägers die äusseren Kräfte be-
stimmen. Die Bedingungen, welche die Stützenlage
der Formveränderung des Trägers auferlegt, kann man
auf einfache Weise in Rechnung bringen, indem man
ganz ähnlich wie bei der Berechnung des Bogenfach-
werks fingirte Konstruktionstheile in die Betrachtung
einführt. Man kann nämlich offenbar, ohne am Zustand
des Trägers irgend Etwas zu verändern, die beweg-
lichen Mittelstützen durch pendelförmige Auflager 1, 2
(Fig. 19) ersetzen, welche um ihre unteren festen End-
punkte frei sich drehen. Betrachtet man nun diese

[Abbildung] Fig. 19.
[Abbildung] Pendel als Theile des Balkens und zwar als die über-
zähligen
Konstruktionstheile, so kann man das im
Obigen entwickelte und durch Zahlenbeispiele erläuterte
Verfahren zur Berechnung zusammengesetzter Balken-
fachwerke ohne Weiteres auf die hier vorliegende Auf-
gabe anwenden. Auf diesem Wege soll im Folgenden
ein graphisches Verfahren zur Bestimmung der Auf-
lagerreaktionen entwickelt werden. Für die analy-
tische
Behandlung der Aufgabe erscheint es, nament-
lich wenn man die Voraussetzung der horizontalen
Stützenlage der Betrachtung zu Grunde legen will, noch
etwas bequemer, als überzählige Konstruktionstheile
diejenigen Gurtungstheile einzuführen, deren Mo-
mentenpunkte in den Vertikalen der Mittelstützen lie-
gen. Durch Beseitigung dieser Konstruktionstheile wird
das kontinuirliche Balkenfachwerk in eine Anzahl ein-
facher
Balkenfachwerke zerlegt, welche die einzelnen
Tragfelder überspannen. S bezeichnet sonach die Span-
nungen, welche von den Belastungen in diesen ein-
fachen, von einander unabhängigen Fachwerken her-
vorgerufen werden.

Bezeichnet man ferner mit h die Trägerhöhe zwi-
schen den Schwerpunkten der beiden Gurtungsquer-
schnitte und mit s1, s2, s3, ... die Stützweiten des
1sten, 2ten, 3ten, ... Tragfeldes, so ist in Bezug auf
die Bestimmung der Zahlenwerthe u zu berücksichtigen,
dass eine Zugspannung gleich Eins eines der über-
zähligen
Konstruktionstheile z. B. des Theils 3 (Fi-
gur 20) vertikale Auflagerreaktionen der drei benach-
[Spaltenumbruch] barten Stützen 2, 3 und 4 von der Grösse [Formel 1]
und [Formel 2] erzeugt und dass also in allen Konstruktions-
theilen der beiden einfachen Fachwerke über dem
dritten und vierten Tragfelde Spannungen u3 sich

[Abbildung]

(Fig. 20.)

[Abbildung] bilden. Ebenso erstrecken sich die Spannungen u1 auf
die Theile des ersten und zweiten, die Spannungen u2
auf die Theile des zweiten und dritten Tragfeldes u. s. f.
Man erkennt hieraus, dass die Produkte u1 · u2 nur
für die Konstruktionstheile des zweiten, die Produkte
u2 · u3 nur für die Theile des dritten Tragfeldes sich
bilden lassen. Deutet man also durch die Zeichen
[Formel 3] an, dass die Summirung auf die Konstruktionstheile
des ersten oder des ersten und zweiten Tragfeldes
sich erstreckt, so nehmen die Gleichungen 9) im vor-
liegenden Falle folgende Form an:
18) [Formel 4]

Diese Gleichungen können in Bezug auf die Unbe-
kannten S1, S2, S3 ...... aufgelöst werden ohne Bezug-
nahme auf einen bestimmten Belastungsfall. Nachdem
dies geschehen ist, müssen für jeden Belastungsfall,
welcher in Betracht gezogen werden soll, die Werthe
der Summen S u · S · r berechnet und in die Ausdrücke
für die Spannungen S1, S2, S3 .... eingesetzt werden.
Es ist nur noch daran zu erinnern, dass die Produkte
aus diesen Spannungen und der Trägerhöhe h gleich
den Biegungsmomenten M1, M2, M3 ... der äusse-
ren Kräfte in Bezug auf die Querschnitte durch die
erste, zweite, dritte ... Mittelstütze sind und dass, so-
bald jene Momente ermittelt sind, die Bestimmung und
graphische Darstellung der Spannungen in den übrigen
Konstruktionstheilen auf sehr einfache Weise geschehen
kann.

Aus der Uebereinstimmung in der Form der Glei-
chungen 18) mit den bekannten Clapeyron'schen
Gleichungen
*) lässt sich folgern, dass die Theorie

*) Die Clapeyron'schen Gleichungen beziehen sich offen-
bar auf einen besonderen Fall der vorliegenden viel allge-
meineren Untersuchung und können daher aus den Gleichungen
18 abgeleitet werden. Dieser Fall tritt ein, wenn die Gurtun-
gen einen konstanten Querschnitt F und die Theile dersel-
ben unendlich kleine Längen d x haben, wenn ferner die
Längenänderungen der Füllungstheile vernachlässigt wer-
den dürfen und wenn endlich die Belastungen über die Länge
eines jeden Tragfeldes gleichmässig vertheilt sind. Es möge
[Spaltenumbruch]
Mohr, Beitrag zur Theorie des Fachwerks.

Anwendung auf das kontinuirliche Balkenfachwerk.

Für praktische Zwecke genügt es, die Untersuchung
auf den Fall zu beschränken, in welchem die Anzahl
der überzähligen Konstruktionstheile eben so gross
ist wie die Anzahl der Mittelstützen des Trägers.
Dies ist, wie man leicht erkennt, der Fall, wenn die
ununterbrochenen Gurtungen durch ein System von
Füllungstheilen mit einander verbunden sind. Kommen
mehrere Systeme von Füllungstheilen zur Anwendung,
so kann man, ohne einen erheblichen Fehler zu be-
gehen, dieselben zusammenlegen und für die so ver-
einfachte Form des Trägers die äusseren Kräfte be-
stimmen. Die Bedingungen, welche die Stützenlage
der Formveränderung des Trägers auferlegt, kann man
auf einfache Weise in Rechnung bringen, indem man
ganz ähnlich wie bei der Berechnung des Bogenfach-
werks fingirte Konstruktionstheile in die Betrachtung
einführt. Man kann nämlich offenbar, ohne am Zustand
des Trägers irgend Etwas zu verändern, die beweg-
lichen Mittelstützen durch pendelförmige Auflager 1, 2
(Fig. 19) ersetzen, welche um ihre unteren festen End-
punkte frei sich drehen. Betrachtet man nun diese

[Abbildung] Fig. 19.
[Abbildung] Pendel als Theile des Balkens und zwar als die über-
zähligen
Konstruktionstheile, so kann man das im
Obigen entwickelte und durch Zahlenbeispiele erläuterte
Verfahren zur Berechnung zusammengesetzter Balken-
fachwerke ohne Weiteres auf die hier vorliegende Auf-
gabe anwenden. Auf diesem Wege soll im Folgenden
ein graphisches Verfahren zur Bestimmung der Auf-
lagerreaktionen entwickelt werden. Für die analy-
tische
Behandlung der Aufgabe erscheint es, nament-
lich wenn man die Voraussetzung der horizontalen
Stützenlage der Betrachtung zu Grunde legen will, noch
etwas bequemer, als überzählige Konstruktionstheile
diejenigen Gurtungstheile einzuführen, deren Mo-
mentenpunkte in den Vertikalen der Mittelstützen lie-
gen. Durch Beseitigung dieser Konstruktionstheile wird
das kontinuirliche Balkenfachwerk in eine Anzahl ein-
facher
Balkenfachwerke zerlegt, welche die einzelnen
Tragfelder überspannen. S bezeichnet sonach die Span-
nungen, welche von den Belastungen in diesen ein-
fachen, von einander unabhängigen Fachwerken her-
vorgerufen werden.

Bezeichnet man ferner mit h die Trägerhöhe zwi-
schen den Schwerpunkten der beiden Gurtungsquer-
schnitte und mit s1, s2, s3, … die Stützweiten des
1sten, 2ten, 3ten, … Tragfeldes, so ist in Bezug auf
die Bestimmung der Zahlenwerthe u zu berücksichtigen,
dass eine Zugspannung gleich Eins eines der über-
zähligen
Konstruktionstheile z. B. des Theils 3 (Fi-
gur 20) vertikale Auflagerreaktionen der drei benach-
[Spaltenumbruch] barten Stützen 2, 3 und 4 von der Grösse [Formel 1]
und [Formel 2] erzeugt und dass also in allen Konstruktions-
theilen der beiden einfachen Fachwerke über dem
dritten und vierten Tragfelde Spannungen u3 sich

[Abbildung]

(Fig. 20.)

[Abbildung] bilden. Ebenso erstrecken sich die Spannungen u1 auf
die Theile des ersten und zweiten, die Spannungen u2
auf die Theile des zweiten und dritten Tragfeldes u. s. f.
Man erkennt hieraus, dass die Produkte u1 · u2 nur
für die Konstruktionstheile des zweiten, die Produkte
u2 · u3 nur für die Theile des dritten Tragfeldes sich
bilden lassen. Deutet man also durch die Zeichen
[Formel 3] an, dass die Summirung auf die Konstruktionstheile
des ersten oder des ersten und zweiten Tragfeldes
sich erstreckt, so nehmen die Gleichungen 9) im vor-
liegenden Falle folgende Form an:
18) [Formel 4]

Diese Gleichungen können in Bezug auf die Unbe-
kannten S1, S2, S3 ...... aufgelöst werden ohne Bezug-
nahme auf einen bestimmten Belastungsfall. Nachdem
dies geschehen ist, müssen für jeden Belastungsfall,
welcher in Betracht gezogen werden soll, die Werthe
der Summen Σ u · S · r berechnet und in die Ausdrücke
für die Spannungen S1, S2, S3 .... eingesetzt werden.
Es ist nur noch daran zu erinnern, dass die Produkte
aus diesen Spannungen und der Trägerhöhe h gleich
den Biegungsmomenten M1, M2, M3 … der äusse-
ren Kräfte in Bezug auf die Querschnitte durch die
erste, zweite, dritte … Mittelstütze sind und dass, so-
bald jene Momente ermittelt sind, die Bestimmung und
graphische Darstellung der Spannungen in den übrigen
Konstruktionstheilen auf sehr einfache Weise geschehen
kann.

Aus der Uebereinstimmung in der Form der Glei-
chungen 18) mit den bekannten Clapeyron’schen
Gleichungen
*) lässt sich folgern, dass die Theorie

*) Die Clapeyron’schen Gleichungen beziehen sich offen-
bar auf einen besonderen Fall der vorliegenden viel allge-
meineren Untersuchung und können daher aus den Gleichungen
18 abgeleitet werden. Dieser Fall tritt ein, wenn die Gurtun-
gen einen konstanten Querschnitt F und die Theile dersel-
ben unendlich kleine Längen d x haben, wenn ferner die
Längenänderungen der Füllungstheile vernachlässigt wer-
den dürfen und wenn endlich die Belastungen über die Länge
eines jeden Tragfeldes gleichmässig vertheilt sind. Es möge
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[0014] Mohr, Beitrag zur Theorie des Fachwerks. Anwendung auf das kontinuirliche Balkenfachwerk. Für praktische Zwecke genügt es, die Untersuchung auf den Fall zu beschränken, in welchem die Anzahl der überzähligen Konstruktionstheile eben so gross ist wie die Anzahl der Mittelstützen des Trägers. Dies ist, wie man leicht erkennt, der Fall, wenn die ununterbrochenen Gurtungen durch ein System von Füllungstheilen mit einander verbunden sind. Kommen mehrere Systeme von Füllungstheilen zur Anwendung, so kann man, ohne einen erheblichen Fehler zu be- gehen, dieselben zusammenlegen und für die so ver- einfachte Form des Trägers die äusseren Kräfte be- stimmen. Die Bedingungen, welche die Stützenlage der Formveränderung des Trägers auferlegt, kann man auf einfache Weise in Rechnung bringen, indem man ganz ähnlich wie bei der Berechnung des Bogenfach- werks fingirte Konstruktionstheile in die Betrachtung einführt. Man kann nämlich offenbar, ohne am Zustand des Trägers irgend Etwas zu verändern, die beweg- lichen Mittelstützen durch pendelförmige Auflager 1, 2 (Fig. 19) ersetzen, welche um ihre unteren festen End- punkte frei sich drehen. Betrachtet man nun diese [Abbildung Fig. 19. ] [Abbildung] Pendel als Theile des Balkens und zwar als die über- zähligen Konstruktionstheile, so kann man das im Obigen entwickelte und durch Zahlenbeispiele erläuterte Verfahren zur Berechnung zusammengesetzter Balken- fachwerke ohne Weiteres auf die hier vorliegende Auf- gabe anwenden. Auf diesem Wege soll im Folgenden ein graphisches Verfahren zur Bestimmung der Auf- lagerreaktionen entwickelt werden. Für die analy- tische Behandlung der Aufgabe erscheint es, nament- lich wenn man die Voraussetzung der horizontalen Stützenlage der Betrachtung zu Grunde legen will, noch etwas bequemer, als überzählige Konstruktionstheile diejenigen Gurtungstheile einzuführen, deren Mo- mentenpunkte in den Vertikalen der Mittelstützen lie- gen. Durch Beseitigung dieser Konstruktionstheile wird das kontinuirliche Balkenfachwerk in eine Anzahl ein- facher Balkenfachwerke zerlegt, welche die einzelnen Tragfelder überspannen. S bezeichnet sonach die Span- nungen, welche von den Belastungen in diesen ein- fachen, von einander unabhängigen Fachwerken her- vorgerufen werden. Bezeichnet man ferner mit h die Trägerhöhe zwi- schen den Schwerpunkten der beiden Gurtungsquer- schnitte und mit s1, s2, s3, … die Stützweiten des 1sten, 2ten, 3ten, … Tragfeldes, so ist in Bezug auf die Bestimmung der Zahlenwerthe u zu berücksichtigen, dass eine Zugspannung gleich Eins eines der über- zähligen Konstruktionstheile z. B. des Theils 3 (Fi- gur 20) vertikale Auflagerreaktionen der drei benach- barten Stützen 2, 3 und 4 von der Grösse [FORMEL] und [FORMEL] erzeugt und dass also in allen Konstruktions- theilen der beiden einfachen Fachwerke über dem dritten und vierten Tragfelde Spannungen u3 sich [Abbildung (Fig. 20.) ] [Abbildung] bilden. Ebenso erstrecken sich die Spannungen u1 auf die Theile des ersten und zweiten, die Spannungen u2 auf die Theile des zweiten und dritten Tragfeldes u. s. f. Man erkennt hieraus, dass die Produkte u1 · u2 nur für die Konstruktionstheile des zweiten, die Produkte u2 · u3 nur für die Theile des dritten Tragfeldes sich bilden lassen. Deutet man also durch die Zeichen [FORMEL] an, dass die Summirung auf die Konstruktionstheile des ersten oder des ersten und zweiten Tragfeldes sich erstreckt, so nehmen die Gleichungen 9) im vor- liegenden Falle folgende Form an: 18) [FORMEL] Diese Gleichungen können in Bezug auf die Unbe- kannten S1, S2, S3 ...... aufgelöst werden ohne Bezug- nahme auf einen bestimmten Belastungsfall. Nachdem dies geschehen ist, müssen für jeden Belastungsfall, welcher in Betracht gezogen werden soll, die Werthe der Summen Σ u · S · r berechnet und in die Ausdrücke für die Spannungen S1, S2, S3 .... eingesetzt werden. Es ist nur noch daran zu erinnern, dass die Produkte aus diesen Spannungen und der Trägerhöhe h gleich den Biegungsmomenten M1, M2, M3 … der äusse- ren Kräfte in Bezug auf die Querschnitte durch die erste, zweite, dritte … Mittelstütze sind und dass, so- bald jene Momente ermittelt sind, die Bestimmung und graphische Darstellung der Spannungen in den übrigen Konstruktionstheilen auf sehr einfache Weise geschehen kann. Aus der Uebereinstimmung in der Form der Glei- chungen 18) mit den bekannten Clapeyron’schen Gleichungen *) lässt sich folgern, dass die Theorie *) Die Clapeyron’schen Gleichungen beziehen sich offen- bar auf einen besonderen Fall der vorliegenden viel allge- meineren Untersuchung und können daher aus den Gleichungen 18 abgeleitet werden. Dieser Fall tritt ein, wenn die Gurtun- gen einen konstanten Querschnitt F und die Theile dersel- ben unendlich kleine Längen d x haben, wenn ferner die Längenänderungen der Füllungstheile vernachlässigt wer- den dürfen und wenn endlich die Belastungen über die Länge eines jeden Tragfeldes gleichmässig vertheilt sind. Es möge

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Zitationshilfe: Mohr, Christian Otto: Beitrag zur Theorie des Fachwerks. Fortsetzung. T. 2. In: Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Hannover (1875), Sp. 17-38, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohr_fachwerk02_1875/14>, abgerufen am 23.04.2024.