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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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LEPIDUS UND SERTORIUS.
bemerklich machte. Es kam abermals zur Schlacht in den Ebenen
des Turiaflusses (Guadalaviar), und lange schwankte der Kampf.
Pompeius mit der Reiterei ward von Sertorius geschlagen und
sein tapferer Schwager und Quästor Gaius Memmius getödtet;
dagegen überwand Metellus den Perpenna und schlug den gegen
ihn gerichteten Angriff der feindlichen Hauptarmee siegreich zu-
rück, wobei er selbst im tapfern Kampf eine Wunde empfing.
Abermals zerstreute sich hierauf das sertorianische Heer. -- Rö-
mischer Seits durfte man mit den Erfolgen dieses Feldzugs zu-
frieden sein. Das südliche und mittlere Spanien war in Folge der
Vernichtung der hirtuleischen Armee und der Schlachten am Xu-
car und Guadalaviar vom Feinde befreit und durch die Besetzung
der keltiberischen Städte Segobriga (zwischen Toledo und
Cuenca) und Bilbilis (bei Calatayud) durch Metellus dauernd ge-
sichert. Der Kampf concentrirte sich fortan am oberen und mitt-
leren Ebro, wo Calagurris, Osca, Ilerda und an der Küste Tar-
raco die Hauptwaffenplätze der Sertorianer wurden. Obwohl
beide römische Feldherren sich wacker geschlagen hatten, so war
es doch wesentlich nicht Pompeius, sondern Metellus, dem man
das Errungene verdankte.

Einen Augenblick konnte man in Rom der Hoffnung sich
hingeben dem Ziele nah zu sein. Die sertorianische Armee war
verschwunden; die römischen Truppen drangen tief in das Bin-
nenland ein und belagerten den Feldherrn selbst in der Festung
Clunia am obern Duero. Allein während sie vergeblich diese
Felsenburg umstanden, sammelten die Contingente der insurgir-
ten Gemeinden sich abermals; Sertorius entschlüpfte aus der
Festung und stand doch wieder als Feldherr an der Spitze einer
Armee, als das ereignissreiche Jahr 679 zu Ende ging. Abermals
mussten die Römer die Winterquartiere beziehen mit der trost-
losen Aussicht auf die unendliche Erneuerung der sisypheischen
Kriegsarbeit. Allein es war nicht möglich dieselben in dem von
Freund und Feind entsetzlich verheerten unteren Ebrothal zu
wählen; Pompeius nahm sie in dem Gebiet der Vaccaeer (um
Valladolid), Metellus gar in Gallien. Verstärkt durch zwei frische
aus Italien nachgesandte Legionen begannen die beiden Feldher-
ren im Frühjahre 680 abermals ihre Operationen. Schlachten
wurden eigentlich nicht mehr geliefert; Sertorius beschränkte
sich durchaus auf den Guerilla- und Belagerungskrieg. Metellus
unterwarf im südlichen Spanien die noch mit Sertorius haltenden
Ortschaften und führte, um die Quelle der Aufstände zu ver-
stopfen, überall die gesammte männliche Bevölkerung mit sich

LEPIDUS UND SERTORIUS.
bemerklich machte. Es kam abermals zur Schlacht in den Ebenen
des Turiaflusses (Guadalaviar), und lange schwankte der Kampf.
Pompeius mit der Reiterei ward von Sertorius geschlagen und
sein tapferer Schwager und Quästor Gaius Memmius getödtet;
dagegen überwand Metellus den Perpenna und schlug den gegen
ihn gerichteten Angriff der feindlichen Hauptarmee siegreich zu-
rück, wobei er selbst im tapfern Kampf eine Wunde empfing.
Abermals zerstreute sich hierauf das sertorianische Heer. — Rö-
mischer Seits durfte man mit den Erfolgen dieses Feldzugs zu-
frieden sein. Das südliche und mittlere Spanien war in Folge der
Vernichtung der hirtuleischen Armee und der Schlachten am Xu-
car und Guadalaviar vom Feinde befreit und durch die Besetzung
der keltiberischen Städte Segobriga (zwischen Toledo und
Cuenca) und Bilbilis (bei Calatayud) durch Metellus dauernd ge-
sichert. Der Kampf concentrirte sich fortan am oberen und mitt-
leren Ebro, wo Calagurris, Osca, Ilerda und an der Küste Tar-
raco die Hauptwaffenplätze der Sertorianer wurden. Obwohl
beide römische Feldherren sich wacker geschlagen hatten, so war
es doch wesentlich nicht Pompeius, sondern Metellus, dem man
das Errungene verdankte.

Einen Augenblick konnte man in Rom der Hoffnung sich
hingeben dem Ziele nah zu sein. Die sertorianische Armee war
verschwunden; die römischen Truppen drangen tief in das Bin-
nenland ein und belagerten den Feldherrn selbst in der Festung
Clunia am obern Duero. Allein während sie vergeblich diese
Felsenburg umstanden, sammelten die Contingente der insurgir-
ten Gemeinden sich abermals; Sertorius entschlüpfte aus der
Festung und stand doch wieder als Feldherr an der Spitze einer
Armee, als das ereigniſsreiche Jahr 679 zu Ende ging. Abermals
muſsten die Römer die Winterquartiere beziehen mit der trost-
losen Aussicht auf die unendliche Erneuerung der sisypheischen
Kriegsarbeit. Allein es war nicht möglich dieselben in dem von
Freund und Feind entsetzlich verheerten unteren Ebrothal zu
wählen; Pompeius nahm sie in dem Gebiet der Vaccaeer (um
Valladolid), Metellus gar in Gallien. Verstärkt durch zwei frische
aus Italien nachgesandte Legionen begannen die beiden Feldher-
ren im Frühjahre 680 abermals ihre Operationen. Schlachten
wurden eigentlich nicht mehr geliefert; Sertorius beschränkte
sich durchaus auf den Guerilla- und Belagerungskrieg. Metellus
unterwarf im südlichen Spanien die noch mit Sertorius haltenden
Ortschaften und führte, um die Quelle der Aufstände zu ver-
stopfen, überall die gesammte männliche Bevölkerung mit sich

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[27/0037] LEPIDUS UND SERTORIUS. bemerklich machte. Es kam abermals zur Schlacht in den Ebenen des Turiaflusses (Guadalaviar), und lange schwankte der Kampf. Pompeius mit der Reiterei ward von Sertorius geschlagen und sein tapferer Schwager und Quästor Gaius Memmius getödtet; dagegen überwand Metellus den Perpenna und schlug den gegen ihn gerichteten Angriff der feindlichen Hauptarmee siegreich zu- rück, wobei er selbst im tapfern Kampf eine Wunde empfing. Abermals zerstreute sich hierauf das sertorianische Heer. — Rö- mischer Seits durfte man mit den Erfolgen dieses Feldzugs zu- frieden sein. Das südliche und mittlere Spanien war in Folge der Vernichtung der hirtuleischen Armee und der Schlachten am Xu- car und Guadalaviar vom Feinde befreit und durch die Besetzung der keltiberischen Städte Segobriga (zwischen Toledo und Cuenca) und Bilbilis (bei Calatayud) durch Metellus dauernd ge- sichert. Der Kampf concentrirte sich fortan am oberen und mitt- leren Ebro, wo Calagurris, Osca, Ilerda und an der Küste Tar- raco die Hauptwaffenplätze der Sertorianer wurden. Obwohl beide römische Feldherren sich wacker geschlagen hatten, so war es doch wesentlich nicht Pompeius, sondern Metellus, dem man das Errungene verdankte. Einen Augenblick konnte man in Rom der Hoffnung sich hingeben dem Ziele nah zu sein. Die sertorianische Armee war verschwunden; die römischen Truppen drangen tief in das Bin- nenland ein und belagerten den Feldherrn selbst in der Festung Clunia am obern Duero. Allein während sie vergeblich diese Felsenburg umstanden, sammelten die Contingente der insurgir- ten Gemeinden sich abermals; Sertorius entschlüpfte aus der Festung und stand doch wieder als Feldherr an der Spitze einer Armee, als das ereigniſsreiche Jahr 679 zu Ende ging. Abermals muſsten die Römer die Winterquartiere beziehen mit der trost- losen Aussicht auf die unendliche Erneuerung der sisypheischen Kriegsarbeit. Allein es war nicht möglich dieselben in dem von Freund und Feind entsetzlich verheerten unteren Ebrothal zu wählen; Pompeius nahm sie in dem Gebiet der Vaccaeer (um Valladolid), Metellus gar in Gallien. Verstärkt durch zwei frische aus Italien nachgesandte Legionen begannen die beiden Feldher- ren im Frühjahre 680 abermals ihre Operationen. Schlachten wurden eigentlich nicht mehr geliefert; Sertorius beschränkte sich durchaus auf den Guerilla- und Belagerungskrieg. Metellus unterwarf im südlichen Spanien die noch mit Sertorius haltenden Ortschaften und führte, um die Quelle der Aufstände zu ver- stopfen, überall die gesammte männliche Bevölkerung mit sich

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/37>, abgerufen am 19.04.2024.