Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Schreck einjagen, und ihn aus seiner Fassung brin-
gen könnte.

Uebrigens scheint er viel Anlage zum Stolz
zu haben, und ist außerordentlich neidisch.



II.
Aus einem Tagebuche.

Den 18ten September 1780.

Ein unbedeutender, höchst uninteressanter Aus-
druck aus einer Arie in einer Operette, den ich selbst
nur vor ein paar Tagen von einem guten Freunde
hörte, welcher ihn sich zu wiederhohltenmalen,
aus Langerweile vorsang, kam mir heute Nachmit-
tag, während dem ernsthaftesten Nachdenken, alle
Augenblick, wieder meinen Willen, in den Sinn,
und ich konnte mich nicht enthalten, ihn mir eben-
falls zu wiederhohltenmalen vorzusingen, ohne den
mindesten Gefallen daran zu finden.

Dieses habe ich schon öfter bei mir gespürt.
Auch habe ich zuweilen junge Leute gefragt, was sie
denken, wenn sie eine lange Strecke für sich allein
gehen? und sie hatten ebenfalls irgend einen solchen
unbedeutenden Ausdruck im Kopfe, den sie sich

den

Schreck einjagen, und ihn aus seiner Fassung brin-
gen koͤnnte.

Uebrigens scheint er viel Anlage zum Stolz
zu haben, und ist außerordentlich neidisch.



II.
Aus einem Tagebuche.

Den 18ten September 1780.

Ein unbedeutender, hoͤchst uninteressanter Aus-
druck aus einer Arie in einer Operette, den ich selbst
nur vor ein paar Tagen von einem guten Freunde
hoͤrte, welcher ihn sich zu wiederhohltenmalen,
aus Langerweile vorsang, kam mir heute Nachmit-
tag, waͤhrend dem ernsthaftesten Nachdenken, alle
Augenblick, wieder meinen Willen, in den Sinn,
und ich konnte mich nicht enthalten, ihn mir eben-
falls zu wiederhohltenmalen vorzusingen, ohne den
mindesten Gefallen daran zu finden.

Dieses habe ich schon oͤfter bei mir gespuͤrt.
Auch habe ich zuweilen junge Leute gefragt, was sie
denken, wenn sie eine lange Strecke fuͤr sich allein
gehen? und sie hatten ebenfalls irgend einen solchen
unbedeutenden Ausdruck im Kopfe, den sie sich

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0048" n="44"/>
Schreck einjagen, und ihn aus seiner Fassung
                   brin-<lb/>
gen ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
          <p>Uebrigens scheint er viel Anlage zum Stolz<lb/>
zu haben, und ist außerordentlich
             neidisch.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c"> <hi rendition="#b">II.<lb/><hi rendition="#g">Aus einem Tagebuche.</hi></hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Den 18ten September 1780.</hi> </p><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>in unbedeutender, ho&#x0364;chst uninteressanter
                   Aus-<lb/>
druck aus einer Arie in einer Operette, den ich selbst<lb/>
nur vor ein
                   paar Tagen von einem guten Freunde<lb/>
ho&#x0364;rte, welcher ihn sich zu
                   wiederhohltenmalen,<lb/>
aus Langerweile vorsang, kam mir heute Nachmit-<lb/>
tag,
                   wa&#x0364;hrend dem ernsthaftesten Nachdenken, alle<lb/>
Augenblick, wieder meinen
                   Willen, in den Sinn,<lb/>
und ich konnte mich nicht enthalten, ihn mir
                   eben-<lb/>
falls zu wiederhohltenmalen vorzusingen, ohne den<lb/>
mindesten Gefallen
                   daran zu finden.</p><lb/>
          <p>Dieses habe ich schon o&#x0364;fter bei mir gespu&#x0364;rt.<lb/>
Auch habe ich zuweilen
                   junge Leute gefragt, was sie<lb/>
denken, wenn sie eine lange Strecke fu&#x0364;r
                   sich allein<lb/>
gehen? und sie hatten ebenfalls irgend einen
                   solchen<lb/>
unbedeutenden Ausdruck im Kopfe, den sie sich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0048] Schreck einjagen, und ihn aus seiner Fassung brin- gen koͤnnte. Uebrigens scheint er viel Anlage zum Stolz zu haben, und ist außerordentlich neidisch. II. Aus einem Tagebuche. Den 18ten September 1780. Ein unbedeutender, hoͤchst uninteressanter Aus- druck aus einer Arie in einer Operette, den ich selbst nur vor ein paar Tagen von einem guten Freunde hoͤrte, welcher ihn sich zu wiederhohltenmalen, aus Langerweile vorsang, kam mir heute Nachmit- tag, waͤhrend dem ernsthaftesten Nachdenken, alle Augenblick, wieder meinen Willen, in den Sinn, und ich konnte mich nicht enthalten, ihn mir eben- falls zu wiederhohltenmalen vorzusingen, ohne den mindesten Gefallen daran zu finden. Dieses habe ich schon oͤfter bei mir gespuͤrt. Auch habe ich zuweilen junge Leute gefragt, was sie denken, wenn sie eine lange Strecke fuͤr sich allein gehen? und sie hatten ebenfalls irgend einen solchen unbedeutenden Ausdruck im Kopfe, den sie sich den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning, Marc Kuse, Justus-Liebig-Universität: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2013-06-06T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jurgita Baranauskaite, Justus-Liebig-Universität: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-06-06T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-06T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/48
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/48>, abgerufen am 25.04.2024.