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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.

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kämpfen, als diese fürchterlich einförmige Glückseligkeit erlangen!

Aber so warte doch wenigstens, bis du mit wahren Widerwärtigkeiten zu kämpfen hast, und verlange nicht mit solcher Ungeduld darnach, daß du sie dir selber thörichter Weise zu bereiten suchst?

Was wünsch ich mir denn weiter, als das? -- Einsamkeit! mit vollen Zügen schlürf' ich jetzt ihren bezaubernden Nektar ein. --

Ja es ist eine große Glückseligkeit, seinen Fuß hinsetzen können, wohin man will, und seinen liebsten Gedanken ungestört nachzuhängen! --

Es scheint, ich habe nun den Muth gefaßt, glücklich zu seyn. --

Nun will ich in dieser Morgenstunde, in diesem Garten, unter freiem Himmel, noch einen feierlichen Vorsatz fassen, inskünftige wahr zu seyn, nicht mehr zu scheinen, weder mir selbst noch andern, in keinem Stücke; das war es eben, was mir bisher so viele Glückseligkeit geraubt hat.

Jch bin nicht den geraden Weg zum Ziele gegangen, sondern habe auf tausend Umwegen das gesucht, was mir vielleicht sehr nahe lag. --



kaͤmpfen, als diese fuͤrchterlich einfoͤrmige Gluͤckseligkeit erlangen!

Aber so warte doch wenigstens, bis du mit wahren Widerwaͤrtigkeiten zu kaͤmpfen hast, und verlange nicht mit solcher Ungeduld darnach, daß du sie dir selber thoͤrichter Weise zu bereiten suchst?

Was wuͤnsch ich mir denn weiter, als das? — Einsamkeit! mit vollen Zuͤgen schluͤrf' ich jetzt ihren bezaubernden Nektar ein. —

Ja es ist eine große Gluͤckseligkeit, seinen Fuß hinsetzen koͤnnen, wohin man will, und seinen liebsten Gedanken ungestoͤrt nachzuhaͤngen! —

Es scheint, ich habe nun den Muth gefaßt, gluͤcklich zu seyn. —

Nun will ich in dieser Morgenstunde, in diesem Garten, unter freiem Himmel, noch einen feierlichen Vorsatz fassen, inskuͤnftige wahr zu seyn, nicht mehr zu scheinen, weder mir selbst noch andern, in keinem Stuͤcke; das war es eben, was mir bisher so viele Gluͤckseligkeit geraubt hat.

Jch bin nicht den geraden Weg zum Ziele gegangen, sondern habe auf tausend Umwegen das gesucht, was mir vielleicht sehr nahe lag. —


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[44/0044] kaͤmpfen, als diese fuͤrchterlich einfoͤrmige Gluͤckseligkeit erlangen! Aber so warte doch wenigstens, bis du mit wahren Widerwaͤrtigkeiten zu kaͤmpfen hast, und verlange nicht mit solcher Ungeduld darnach, daß du sie dir selber thoͤrichter Weise zu bereiten suchst? Sonntag den 2. September. Was wuͤnsch ich mir denn weiter, als das? — Einsamkeit! mit vollen Zuͤgen schluͤrf' ich jetzt ihren bezaubernden Nektar ein. — Ja es ist eine große Gluͤckseligkeit, seinen Fuß hinsetzen koͤnnen, wohin man will, und seinen liebsten Gedanken ungestoͤrt nachzuhaͤngen! — Es scheint, ich habe nun den Muth gefaßt, gluͤcklich zu seyn. — Nun will ich in dieser Morgenstunde, in diesem Garten, unter freiem Himmel, noch einen feierlichen Vorsatz fassen, inskuͤnftige wahr zu seyn, nicht mehr zu scheinen, weder mir selbst noch andern, in keinem Stuͤcke; das war es eben, was mir bisher so viele Gluͤckseligkeit geraubt hat. Jch bin nicht den geraden Weg zum Ziele gegangen, sondern habe auf tausend Umwegen das gesucht, was mir vielleicht sehr nahe lag. —

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/44>, abgerufen am 19.04.2024.