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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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ihm der Weg zur Unsterblichkeit und zum Sitz der
Götter gebahnet wurde.

Von der Eifersucht der Juno ist, nach einer
wohlerfundenen Dichtung, selbst ein Gestirn am
Himmel ein unauslöschliches Zeichen. Sie ver-
wandelte nemlich die vom Jupiter geliebte Nym-
phe Kallisto in eine Bärin, die nachher von
ihm unter die Sterne versetzt ward. Da bat die
Juno den Ocean, er möchte diese neue glänzende
Gestalt am Himmel nicht in seinen Schooß aufneh-
men -- und dieß Gestirn geht niemals unter.

Die Eifersucht der Juno haucht diesen Dich-
tungen Leben ein, so wie die Winde das stille
Meer aufregen. Auch ist diese Eifersucht an sich
selbst erhaben, weil sie nicht ohnmächtig, son-
dern mit Götterkraft und Hoheit verknüpft, den
Gott des Donners selber auf dem höchsten Gipfel
seiner Macht beschränkt.

Vesta,

Die den Erdkreis mit heiliger Gluth belebt,
ist selbst unter den neuen Göttern ein geheimniß-
volles Wesen; sie blieb jungfräulich unter den
Töchtern des Saturnus und der Rhea, und der
keusche Schleier hüllt ihre Bildung ein. --

ihm der Weg zur Unſterblichkeit und zum Sitz der
Goͤtter gebahnet wurde.

Von der Eiferſucht der Juno iſt, nach einer
wohlerfundenen Dichtung, ſelbſt ein Geſtirn am
Himmel ein unausloͤſchliches Zeichen. Sie ver-
wandelte nemlich die vom Jupiter geliebte Nym-
phe Kalliſto in eine Baͤrin, die nachher von
ihm unter die Sterne verſetzt ward. Da bat die
Juno den Ocean, er moͤchte dieſe neue glaͤnzende
Geſtalt am Himmel nicht in ſeinen Schooß aufneh-
men — und dieß Geſtirn geht niemals unter.

Die Eiferſucht der Juno haucht dieſen Dich-
tungen Leben ein, ſo wie die Winde das ſtille
Meer aufregen. Auch iſt dieſe Eiferſucht an ſich
ſelbſt erhaben, weil ſie nicht ohnmaͤchtig, ſon-
dern mit Goͤtterkraft und Hoheit verknuͤpft, den
Gott des Donners ſelber auf dem hoͤchſten Gipfel
ſeiner Macht beſchraͤnkt.

Veſta,

Die den Erdkreis mit heiliger Gluth belebt,
iſt ſelbſt unter den neuen Goͤttern ein geheimniß-
volles Weſen; ſie blieb jungfraͤulich unter den
Toͤchtern des Saturnus und der Rhea, und der
keuſche Schleier huͤllt ihre Bildung ein. —

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[84/0110] ihm der Weg zur Unſterblichkeit und zum Sitz der Goͤtter gebahnet wurde. Von der Eiferſucht der Juno iſt, nach einer wohlerfundenen Dichtung, ſelbſt ein Geſtirn am Himmel ein unausloͤſchliches Zeichen. Sie ver- wandelte nemlich die vom Jupiter geliebte Nym- phe Kalliſto in eine Baͤrin, die nachher von ihm unter die Sterne verſetzt ward. Da bat die Juno den Ocean, er moͤchte dieſe neue glaͤnzende Geſtalt am Himmel nicht in ſeinen Schooß aufneh- men — und dieß Geſtirn geht niemals unter. Die Eiferſucht der Juno haucht dieſen Dich- tungen Leben ein, ſo wie die Winde das ſtille Meer aufregen. Auch iſt dieſe Eiferſucht an ſich ſelbſt erhaben, weil ſie nicht ohnmaͤchtig, ſon- dern mit Goͤtterkraft und Hoheit verknuͤpft, den Gott des Donners ſelber auf dem hoͤchſten Gipfel ſeiner Macht beſchraͤnkt. Veſta, Die den Erdkreis mit heiliger Gluth belebt, iſt ſelbſt unter den neuen Goͤttern ein geheimniß- volles Weſen; ſie blieb jungfraͤulich unter den Toͤchtern des Saturnus und der Rhea, und der keuſche Schleier huͤllt ihre Bildung ein. —

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/110>, abgerufen am 29.03.2024.