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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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Mars.

Auch dem Furchtbaren und Schrecklichen,
dem verderblichen Kriege selber, gab die Einbil-
dungskraft der Alten Persönlichkeit und Bildung,
und milderte selbst dadurch den Begriff des Wil-
den und Ungestümen, das durch die Heere wie
ein Wetter hinfährt; Wagen zertrümmert; Hel-
me zerschellt; den Tapfern wie den Feigen, im
wirbelnden Sturme zu Boden wirft; und über der
grauenvollen Verwüstung triumphiert.

Die menschenähnliche Bildung, worin die
Dichtung diese furchtbare Erscheinung hüllte, und
sie dem Chor der seeligen Götter zugesellte; gab
nun dem Krieger auch ein hohes Urbild, das über
ihm in Majestät gehüllt war, und das er durch
Kühnheit und Tapferkeit nachahmend in sich über-
trug.

Demohngeachtet verliert sich zuweilen in den
Dichtungen die menschenähnliche Bildung des
Mars wieder in den Begriff des streitenden
Heers. -- Als er selbst im Treffen vor Troja,
mit Hülfe der Minerva, von dem tapfern Dio-
medes verwundet wurde, so brüllte er wie zehn-
tausend Mann
im Schlachtgetümmel, -- und
Furcht und Entsetzen kam die Trojaner und
Griechen an, als sie den ehernen Kriegsgott
brüllen hörten. -- Dieser aber erschien dem

Mars.

Auch dem Furchtbaren und Schrecklichen,
dem verderblichen Kriege ſelber, gab die Einbil-
dungskraft der Alten Perſoͤnlichkeit und Bildung,
und milderte ſelbſt dadurch den Begriff des Wil-
den und Ungeſtuͤmen, das durch die Heere wie
ein Wetter hinfaͤhrt; Wagen zertruͤmmert; Hel-
me zerſchellt; den Tapfern wie den Feigen, im
wirbelnden Sturme zu Boden wirft; und uͤber der
grauenvollen Verwuͤſtung triumphiert.

Die menſchenaͤhnliche Bildung, worin die
Dichtung dieſe furchtbare Erſcheinung huͤllte, und
ſie dem Chor der ſeeligen Goͤtter zugeſellte; gab
nun dem Krieger auch ein hohes Urbild, das uͤber
ihm in Majeſtaͤt gehuͤllt war, und das er durch
Kuͤhnheit und Tapferkeit nachahmend in ſich uͤber-
trug.

Demohngeachtet verliert ſich zuweilen in den
Dichtungen die menſchenaͤhnliche Bildung des
Mars wieder in den Begriff des ſtreitenden
Heers. — Als er ſelbſt im Treffen vor Troja,
mit Huͤlfe der Minerva, von dem tapfern Dio-
medes verwundet wurde, ſo bruͤllte er wie zehn-
tauſend Mann
im Schlachtgetuͤmmel, — und
Furcht und Entſetzen kam die Trojaner und
Griechen an, als ſie den ehernen Kriegsgott
bruͤllen hoͤrten. — Dieſer aber erſchien dem

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[127/0163] Mars. Auch dem Furchtbaren und Schrecklichen, dem verderblichen Kriege ſelber, gab die Einbil- dungskraft der Alten Perſoͤnlichkeit und Bildung, und milderte ſelbſt dadurch den Begriff des Wil- den und Ungeſtuͤmen, das durch die Heere wie ein Wetter hinfaͤhrt; Wagen zertruͤmmert; Hel- me zerſchellt; den Tapfern wie den Feigen, im wirbelnden Sturme zu Boden wirft; und uͤber der grauenvollen Verwuͤſtung triumphiert. Die menſchenaͤhnliche Bildung, worin die Dichtung dieſe furchtbare Erſcheinung huͤllte, und ſie dem Chor der ſeeligen Goͤtter zugeſellte; gab nun dem Krieger auch ein hohes Urbild, das uͤber ihm in Majeſtaͤt gehuͤllt war, und das er durch Kuͤhnheit und Tapferkeit nachahmend in ſich uͤber- trug. Demohngeachtet verliert ſich zuweilen in den Dichtungen die menſchenaͤhnliche Bildung des Mars wieder in den Begriff des ſtreitenden Heers. — Als er ſelbſt im Treffen vor Troja, mit Huͤlfe der Minerva, von dem tapfern Dio- medes verwundet wurde, ſo bruͤllte er wie zehn- tauſend Mann im Schlachtgetuͤmmel, — und Furcht und Entſetzen kam die Trojaner und Griechen an, als ſie den ehernen Kriegsgott bruͤllen hoͤrten. — Dieſer aber erſchien dem

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/163>, abgerufen am 24.04.2024.