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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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stehlend, des mächtigen Zusammenhangs Meister
wird, ist das Werk des leichten Götterboten.

Er stieg vom hohen Olymp ins Reich des
Pluto nieder. -- Die Seelen der Verstorbenen
führt er mit seinem Stabe der öden Schattenwelt,
der dunkeln Behausung der Todten zu; er selber
steigt wieder zum Olymp empor, wo ewiger Glanz
und Klarheit herrscht. --

Die Erde.

Obgleich die Erde, die den umwölbenden
Uranos aus sich gebahr, und sich mit ihm ver-
mählte, unter die uralten über Bildung und Form
erhabenen Erscheinungen, worauf die Phantasie
noch nicht haften kann, zurücktritt; so hat den-
noch die bildende Kunst versucht, auch diese Göt-
tergestalt durch allegorische Darstellung zu be-
zeichnen.

So ist auf der hier beigefügten Kupfertafel,
nach einem antiken geschnittenen Steine, die alles
ernährende Erde gebildet, in ruhiger Stellung
am Boden sitzend, und mit ihrer Rechten den
Stamm eines Baums umfassend, dessen Zweige
sich über ihrem Haupte ausbreiten. Neben ihr
liegt ein Horn des Ueberflusses; mit der Linken
berührt sie die neben ihr ruhende Himmelskugel;
vor ihr steht die Siegesgöttin; und unter dem

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ſtehlend, des maͤchtigen Zuſammenhangs Meiſter
wird, iſt das Werk des leichten Goͤtterboten.

Er ſtieg vom hohen Olymp ins Reich des
Pluto nieder. — Die Seelen der Verſtorbenen
fuͤhrt er mit ſeinem Stabe der oͤden Schattenwelt,
der dunkeln Behauſung der Todten zu; er ſelber
ſteigt wieder zum Olymp empor, wo ewiger Glanz
und Klarheit herrſcht. —

Die Erde.

Obgleich die Erde, die den umwoͤlbenden
Uranos aus ſich gebahr, und ſich mit ihm ver-
maͤhlte, unter die uralten uͤber Bildung und Form
erhabenen Erſcheinungen, worauf die Phantaſie
noch nicht haften kann, zuruͤcktritt; ſo hat den-
noch die bildende Kunſt verſucht, auch dieſe Goͤt-
tergeſtalt durch allegoriſche Darſtellung zu be-
zeichnen.

So iſt auf der hier beigefuͤgten Kupfertafel,
nach einem antiken geſchnittenen Steine, die alles
ernaͤhrende Erde gebildet, in ruhiger Stellung
am Boden ſitzend, und mit ihrer Rechten den
Stamm eines Baums umfaſſend, deſſen Zweige
ſich uͤber ihrem Haupte ausbreiten. Neben ihr
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[163/0209] ſtehlend, des maͤchtigen Zuſammenhangs Meiſter wird, iſt das Werk des leichten Goͤtterboten. Er ſtieg vom hohen Olymp ins Reich des Pluto nieder. — Die Seelen der Verſtorbenen fuͤhrt er mit ſeinem Stabe der oͤden Schattenwelt, der dunkeln Behauſung der Todten zu; er ſelber ſteigt wieder zum Olymp empor, wo ewiger Glanz und Klarheit herrſcht. — Die Erde. Obgleich die Erde, die den umwoͤlbenden Uranos aus ſich gebahr, und ſich mit ihm ver- maͤhlte, unter die uralten uͤber Bildung und Form erhabenen Erſcheinungen, worauf die Phantaſie noch nicht haften kann, zuruͤcktritt; ſo hat den- noch die bildende Kunſt verſucht, auch dieſe Goͤt- tergeſtalt durch allegoriſche Darſtellung zu be- zeichnen. So iſt auf der hier beigefuͤgten Kupfertafel, nach einem antiken geſchnittenen Steine, die alles ernaͤhrende Erde gebildet, in ruhiger Stellung am Boden ſitzend, und mit ihrer Rechten den Stamm eines Baums umfaſſend, deſſen Zweige ſich uͤber ihrem Haupte ausbreiten. Neben ihr liegt ein Horn des Ueberfluſſes; mit der Linken beruͤhrt ſie die neben ihr ruhende Himmelskugel; vor ihr ſteht die Siegesgoͤttin; und unter dem L 2

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/209>, abgerufen am 28.03.2024.