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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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Aus den entferntesten Ländern wurden Wall-
fahrten zu dem Tempel der Diana von Ephesus
angestellt, welcher als einer der erhabensten Göt-
tersitze zugleich durch seine äußere Pracht, die
das Werk vieler Könige war, die Sterblichen zur
Verehrung der inwohnenden Gottheit einlud.

Thracien.

Der Hauptsitz der Verehrung des Kriegesgot-
tes ist Thracien, wohin die Dichtkunst überhaupt
das Wilde, Grausame und Ungestüme versetzt.
So warf Diomedes, ein Thracier und ein Sohn
des Mars die Fremden, deren er sich bemächtigen
konnte, seinen Pferden vor, von denen sie zer-
fleischt und verzehrt wurden. Er übte diese Grau-
samkeit so lange, bis Herkules ihn erschlug.

Ein Sohn des Mars und ein Thracier war
auch Tereus, welcher die Philomele ihrer Zunge
beraubte, damit sie die Frevelthat, die er an ihr
verübte, nicht entdecken möchte. --

Der stürmende Boreas hatte nach den Dich-
tungen der Alten seine Wohnung in Thracien,
weswegen die Menschen, die jenseit wohnten, die
Hyperboreer hießen; die Bachantinnen, unter
dem Nahmen der Bistoniden, mit Schlangenkno-
ten in ihr Haar geschlungen, schweiften auf dem
Thracischen Gebirge umher.

Aus den entfernteſten Laͤndern wurden Wall-
fahrten zu dem Tempel der Diana von Epheſus
angeſtellt, welcher als einer der erhabenſten Goͤt-
terſitze zugleich durch ſeine aͤußere Pracht, die
das Werk vieler Koͤnige war, die Sterblichen zur
Verehrung der inwohnenden Gottheit einlud.

Thracien.

Der Hauptſitz der Verehrung des Kriegesgot-
tes iſt Thracien, wohin die Dichtkunſt uͤberhaupt
das Wilde, Grauſame und Ungeſtuͤme verſetzt.
So warf Diomedes, ein Thracier und ein Sohn
des Mars die Fremden, deren er ſich bemaͤchtigen
konnte, ſeinen Pferden vor, von denen ſie zer-
fleiſcht und verzehrt wurden. Er uͤbte dieſe Grau-
ſamkeit ſo lange, bis Herkules ihn erſchlug.

Ein Sohn des Mars und ein Thracier war
auch Tereus, welcher die Philomele ihrer Zunge
beraubte, damit ſie die Frevelthat, die er an ihr
veruͤbte, nicht entdecken moͤchte. —

Der ſtuͤrmende Boreas hatte nach den Dich-
tungen der Alten ſeine Wohnung in Thracien,
weswegen die Menſchen, die jenſeit wohnten, die
Hyperboreer hießen; die Bachantinnen, unter
dem Nahmen der Biſtoniden, mit Schlangenkno-
ten in ihr Haar geſchlungen, ſchweiften auf dem
Thraciſchen Gebirge umher.

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[194/0242] Aus den entfernteſten Laͤndern wurden Wall- fahrten zu dem Tempel der Diana von Epheſus angeſtellt, welcher als einer der erhabenſten Goͤt- terſitze zugleich durch ſeine aͤußere Pracht, die das Werk vieler Koͤnige war, die Sterblichen zur Verehrung der inwohnenden Gottheit einlud. Thracien. Der Hauptſitz der Verehrung des Kriegesgot- tes iſt Thracien, wohin die Dichtkunſt uͤberhaupt das Wilde, Grauſame und Ungeſtuͤme verſetzt. So warf Diomedes, ein Thracier und ein Sohn des Mars die Fremden, deren er ſich bemaͤchtigen konnte, ſeinen Pferden vor, von denen ſie zer- fleiſcht und verzehrt wurden. Er uͤbte dieſe Grau- ſamkeit ſo lange, bis Herkules ihn erſchlug. Ein Sohn des Mars und ein Thracier war auch Tereus, welcher die Philomele ihrer Zunge beraubte, damit ſie die Frevelthat, die er an ihr veruͤbte, nicht entdecken moͤchte. — Der ſtuͤrmende Boreas hatte nach den Dich- tungen der Alten ſeine Wohnung in Thracien, weswegen die Menſchen, die jenſeit wohnten, die Hyperboreer hießen; die Bachantinnen, unter dem Nahmen der Biſtoniden, mit Schlangenkno- ten in ihr Haar geſchlungen, ſchweiften auf dem Thraciſchen Gebirge umher.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/242>, abgerufen am 24.04.2024.