Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
Arkadien.

In den mythologischen Dichtungen der Alten
erscheint Arkadien nicht ganz in dem reitzenden
Lichte des süßen Schäferlebens, dessen Scenen
die neuere Dichtkunst fast immer in dies Land ver-
setzt, und mit dessen Nahmen sich schon etwas
Sanftes und Einladendes in dieser dichterischen
Vorstellungsart verknüpft.

Bei den Alten hingegen war mit der Idee
von der Einfachheit der Sitten bei den Arkadiern
zugleich der Begriff von einer gewissen Rohheit
und Trägheit verbunden, die man den Bewoh-
nern dieses Hirtenlandes zuschrieb. -- Auch war
es nicht das sanfteste Klima, was in Arkadien
herrschte, vielmehr war es wegen seiner gebirgig-
ten Lage rauher, als die umliegenden Gegenden.

Daß aber die Hirtengötter, nach der Sage
der Vorzeit, hier vorzüglich ihre Gegenwart
offenbarten, und hier sogar ihren Ursprung
hatten;
daß die alten Dichtungen auf dem Berge
Cyllene in Arkadien selbst die neugebohrne Göt-
tergestalt des Merkur zuerst hervortreten ließen. --
Dieß gab der gebirgigten Gegend, wo die Nacht
des Waldes überdem die Göttergestalten, welche
die Einbildungskraft sich schuf, gleichsam in Dun-
kel hüllte, eine vorzügliche Heiligkeit. -- Der
Nahme des Landes und die Nahmen der einzelnen

Arkadien.

In den mythologiſchen Dichtungen der Alten
erſcheint Arkadien nicht ganz in dem reitzenden
Lichte des ſuͤßen Schaͤferlebens, deſſen Scenen
die neuere Dichtkunſt faſt immer in dies Land ver-
ſetzt, und mit deſſen Nahmen ſich ſchon etwas
Sanftes und Einladendes in dieſer dichteriſchen
Vorſtellungsart verknuͤpft.

Bei den Alten hingegen war mit der Idee
von der Einfachheit der Sitten bei den Arkadiern
zugleich der Begriff von einer gewiſſen Rohheit
und Traͤgheit verbunden, die man den Bewoh-
nern dieſes Hirtenlandes zuſchrieb. — Auch war
es nicht das ſanfteſte Klima, was in Arkadien
herrſchte, vielmehr war es wegen ſeiner gebirgig-
ten Lage rauher, als die umliegenden Gegenden.

Daß aber die Hirtengoͤtter, nach der Sage
der Vorzeit, hier vorzuͤglich ihre Gegenwart
offenbarten, und hier ſogar ihren Urſprung
hatten;
daß die alten Dichtungen auf dem Berge
Cyllene in Arkadien ſelbſt die neugebohrne Goͤt-
tergeſtalt des Merkur zuerſt hervortreten ließen. —
Dieß gab der gebirgigten Gegend, wo die Nacht
des Waldes uͤberdem die Goͤttergeſtalten, welche
die Einbildungskraft ſich ſchuf, gleichſam in Dun-
kel huͤllte, eine vorzuͤgliche Heiligkeit. — Der
Nahme des Landes und die Nahmen der einzelnen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0244" n="196"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Arkadien</hi>.</hi> </head><lb/>
          <p>In den mythologi&#x017F;chen Dichtungen der Alten<lb/>
er&#x017F;cheint Arkadien nicht ganz in dem reitzenden<lb/>
Lichte des &#x017F;u&#x0364;ßen Scha&#x0364;ferlebens, de&#x017F;&#x017F;en Scenen<lb/>
die neuere Dichtkun&#x017F;t fa&#x017F;t immer in dies Land ver-<lb/>
&#x017F;etzt, und mit de&#x017F;&#x017F;en Nahmen &#x017F;ich &#x017F;chon etwas<lb/>
Sanftes und Einladendes in die&#x017F;er dichteri&#x017F;chen<lb/>
Vor&#x017F;tellungsart verknu&#x0364;pft.</p><lb/>
          <p>Bei den Alten hingegen war mit der Idee<lb/>
von der Einfachheit der Sitten bei den Arkadiern<lb/>
zugleich der Begriff von einer gewi&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Rohheit</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Tra&#x0364;gheit</hi> verbunden, die man den Bewoh-<lb/>
nern die&#x017F;es Hirtenlandes zu&#x017F;chrieb. &#x2014; Auch war<lb/>
es nicht das &#x017F;anfte&#x017F;te Klima, was in Arkadien<lb/>
herr&#x017F;chte, vielmehr war es wegen &#x017F;einer gebirgig-<lb/>
ten Lage rauher, als die umliegenden Gegenden.</p><lb/>
          <p>Daß aber die <hi rendition="#fr">Hirtengo&#x0364;tter,</hi> nach der Sage<lb/>
der Vorzeit, hier vorzu&#x0364;glich ihre Gegenwart<lb/>
offenbarten, und <hi rendition="#fr">hier &#x017F;ogar ihren Ur&#x017F;prung<lb/>
hatten;</hi> daß die alten Dichtungen auf dem Berge<lb/><hi rendition="#fr">Cyllene</hi> in Arkadien &#x017F;elb&#x017F;t die neugebohrne Go&#x0364;t-<lb/>
terge&#x017F;talt des Merkur zuer&#x017F;t hervortreten ließen. &#x2014;<lb/>
Dieß gab der gebirgigten Gegend, wo die Nacht<lb/>
des Waldes u&#x0364;berdem die Go&#x0364;tterge&#x017F;talten, welche<lb/>
die Einbildungskraft &#x017F;ich &#x017F;chuf, gleich&#x017F;am in Dun-<lb/>
kel hu&#x0364;llte, eine vorzu&#x0364;gliche Heiligkeit. &#x2014; Der<lb/>
Nahme des Landes und die Nahmen der einzelnen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0244] Arkadien. In den mythologiſchen Dichtungen der Alten erſcheint Arkadien nicht ganz in dem reitzenden Lichte des ſuͤßen Schaͤferlebens, deſſen Scenen die neuere Dichtkunſt faſt immer in dies Land ver- ſetzt, und mit deſſen Nahmen ſich ſchon etwas Sanftes und Einladendes in dieſer dichteriſchen Vorſtellungsart verknuͤpft. Bei den Alten hingegen war mit der Idee von der Einfachheit der Sitten bei den Arkadiern zugleich der Begriff von einer gewiſſen Rohheit und Traͤgheit verbunden, die man den Bewoh- nern dieſes Hirtenlandes zuſchrieb. — Auch war es nicht das ſanfteſte Klima, was in Arkadien herrſchte, vielmehr war es wegen ſeiner gebirgig- ten Lage rauher, als die umliegenden Gegenden. Daß aber die Hirtengoͤtter, nach der Sage der Vorzeit, hier vorzuͤglich ihre Gegenwart offenbarten, und hier ſogar ihren Urſprung hatten; daß die alten Dichtungen auf dem Berge Cyllene in Arkadien ſelbſt die neugebohrne Goͤt- tergeſtalt des Merkur zuerſt hervortreten ließen. — Dieß gab der gebirgigten Gegend, wo die Nacht des Waldes uͤberdem die Goͤttergeſtalten, welche die Einbildungskraft ſich ſchuf, gleichſam in Dun- kel huͤllte, eine vorzuͤgliche Heiligkeit. — Der Nahme des Landes und die Nahmen der einzelnen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/244
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/244>, abgerufen am 29.03.2024.