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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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Die unsichern Sohlen,
Und mit ihm spielen
Wolken und Winde.

Steht er mit festen,
Markigen Knochen
Auf der wohlgegründeten,
Dauernden Erde;
Reicht er nicht auf,
Nur mit der Eiche
Oder der Rebe
Sich zu vergleichen.
Was unterscheidet
Götter von Menschen?
Daß viele Wellen
Vor jenen wandeln,
Ein ewiger Strom:
Uns hebt die Welle,
Verschlingt die Welle,
Und wir versinken.
Ein kleiner Ring
Begränzt unser Leben,
Und viele Geschlechter
Reihen sich dauernd
An ihres Daseyns
Unendliche Kette.

Göthe.

Die unſichern Sohlen,
Und mit ihm ſpielen
Wolken und Winde.

Steht er mit feſten,
Markigen Knochen
Auf der wohlgegruͤndeten,
Dauernden Erde;
Reicht er nicht auf,
Nur mit der Eiche
Oder der Rebe
Sich zu vergleichen.
Was unterſcheidet
Goͤtter von Menſchen?
Daß viele Wellen
Vor jenen wandeln,
Ein ewiger Strom:
Uns hebt die Welle,
Verſchlingt die Welle,
Und wir verſinken.
Ein kleiner Ring
Begraͤnzt unſer Leben,
Und viele Geſchlechter
Reihen ſich dauernd
An ihres Daſeyns
Unendliche Kette.

Goͤthe.

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[104/0132] Die unſichern Sohlen, Und mit ihm ſpielen Wolken und Winde. Steht er mit feſten, Markigen Knochen Auf der wohlgegruͤndeten, Dauernden Erde; Reicht er nicht auf, Nur mit der Eiche Oder der Rebe Sich zu vergleichen. Was unterſcheidet Goͤtter von Menſchen? Daß viele Wellen Vor jenen wandeln, Ein ewiger Strom: Uns hebt die Welle, Verſchlingt die Welle, Und wir verſinken. Ein kleiner Ring Begraͤnzt unſer Leben, Und viele Geſchlechter Reihen ſich dauernd An ihres Daſeyns Unendliche Kette. Goͤthe.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/132>, abgerufen am 29.03.2024.