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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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Natur, unter irgend einem bezeichnenden Sinn-
bilde besonders anerkannten; -- es war eine
schöne Idee, der heiligen Flamme, welche
wohlthätig den Menschen dient, gleichsam
wieder zu pflegen, und unbefleckte Jung-
frauen, als die heiligsten Priesterinnen, ih-
rem immerwährenden Dienste zu weihen
.

Für das Feuer, welches allenthalben den
Menschen nützt, gab es auch einen Fleck, wo es
nie durch den Gebrauch zu menschlichem Bedürfniß
herabgezogen, stets um sein selbst willen loderte,
und die Ehrfurcht der Sterblichen auf sich zog.

Wenn die Kunst der Alten es wagte, die
Vesta abzubilden, so trug die geheimnißvolle Göt-
tin eine Fackel in der Hand, aber der keusche
Schleyer hüllte dennoch ihre Bildung ein. -- Auf
der hier beigefügten Kupfertafel befindet sich eine
Abbildung der Vesta, nach einem antiken geschnit-
tenen Steine aus der Lippertschen Daktyliothek,
die aber so zusammengesetzt, und räthselhaft ist,
daß man leicht sieht, der Künstler habe vorzüglich
nur das Geheimnißvolle in dem Begriff von die-
ser Gottheit selbst bezeichnen wollen.

Pluto oder der stygische Jupiter, der auch
Jupiter Serapis heißt, sitzt auf einem Throne,
und legt, in der Linken den Scepter haltend, seine
Rechte auf eine geflügelte Thiergestalt. -- Zu sei-
ner Linken steht Harpokrates, der Gott des Still-

Natur, unter irgend einem bezeichnenden Sinn-
bilde beſonders anerkannten; — es war eine
ſchoͤne Idee, der heiligen Flamme, welche
wohlthaͤtig den Menſchen dient, gleichſam
wieder zu pflegen, und unbefleckte Jung-
frauen, als die heiligſten Prieſterinnen, ih-
rem immerwaͤhrenden Dienſte zu weihen
.

Fuͤr das Feuer, welches allenthalben den
Menſchen nuͤtzt, gab es auch einen Fleck, wo es
nie durch den Gebrauch zu menſchlichem Beduͤrfniß
herabgezogen, ſtets um ſein ſelbſt willen loderte,
und die Ehrfurcht der Sterblichen auf ſich zog.

Wenn die Kunſt der Alten es wagte, die
Veſta abzubilden, ſo trug die geheimnißvolle Goͤt-
tin eine Fackel in der Hand, aber der keuſche
Schleyer huͤllte dennoch ihre Bildung ein. — Auf
der hier beigefuͤgten Kupfertafel befindet ſich eine
Abbildung der Veſta, nach einem antiken geſchnit-
tenen Steine aus der Lippertſchen Daktyliothek,
die aber ſo zuſammengeſetzt, und raͤthſelhaft iſt,
daß man leicht ſieht, der Kuͤnſtler habe vorzuͤglich
nur das Geheimnißvolle in dem Begriff von die-
ſer Gottheit ſelbſt bezeichnen wollen.

Pluto oder der ſtygiſche Jupiter, der auch
Jupiter Serapis heißt, ſitzt auf einem Throne,
und legt, in der Linken den Scepter haltend, ſeine
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ner Linken ſteht Harpokrates, der Gott des Still-

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[153/0195] Natur, unter irgend einem bezeichnenden Sinn- bilde beſonders anerkannten; — es war eine ſchoͤne Idee, der heiligen Flamme, welche wohlthaͤtig den Menſchen dient, gleichſam wieder zu pflegen, und unbefleckte Jung- frauen, als die heiligſten Prieſterinnen, ih- rem immerwaͤhrenden Dienſte zu weihen. Fuͤr das Feuer, welches allenthalben den Menſchen nuͤtzt, gab es auch einen Fleck, wo es nie durch den Gebrauch zu menſchlichem Beduͤrfniß herabgezogen, ſtets um ſein ſelbſt willen loderte, und die Ehrfurcht der Sterblichen auf ſich zog. Wenn die Kunſt der Alten es wagte, die Veſta abzubilden, ſo trug die geheimnißvolle Goͤt- tin eine Fackel in der Hand, aber der keuſche Schleyer huͤllte dennoch ihre Bildung ein. — Auf der hier beigefuͤgten Kupfertafel befindet ſich eine Abbildung der Veſta, nach einem antiken geſchnit- tenen Steine aus der Lippertſchen Daktyliothek, die aber ſo zuſammengeſetzt, und raͤthſelhaft iſt, daß man leicht ſieht, der Kuͤnſtler habe vorzuͤglich nur das Geheimnißvolle in dem Begriff von die- ſer Gottheit ſelbſt bezeichnen wollen. Pluto oder der ſtygiſche Jupiter, der auch Jupiter Serapis heißt, ſitzt auf einem Throne, und legt, in der Linken den Scepter haltend, ſeine Rechte auf eine gefluͤgelte Thiergeſtalt. — Zu ſei- ner Linken ſteht Harpokrates, der Gott des Still-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/195>, abgerufen am 24.04.2024.