Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

eine Heerde von Kühen und besiegte den Stier,
der sie vertheidigte.

Diese unvermuthete Erscheinung nahm man
von den Göttern als ein Zeichen an, daß der
Fremde und nicht der Einheimische herrschen
solle; -- man schrieb dieß Zeichen dem wahrsagen-
den Apollo zu, welchem Danaus wegen der Sen-
dung des Wolfes, unter dem Nahmen des Lyci-
schen
Apollo, einen Tempel erbaute.

Danaus lehrte die Argiver Brunnen graben,
und größere und bequemere Schiffe bauen. -- Nach
der alten Sage hatte er funfzig Töchter, so wie
sein Bruder Aegyptus funfzig Söhne. --

Die funfzig Söhne des Aegyptus kamen nach
Griechenland, um mit den Töchtern des Danaus
sich zu vermählen. -- Dem Danaus aber war
geweißagt worden, daß einer seiner Tochtermän-
ner ihn der Herrschaft entsetzen würde.

Die alten Könige fürchteten, wie die alten
Götter,
ihre eigenen Kinder und Nachkommen. --
Danaus befahl seinen Töchtern, die sich mit den
Söhnen des Aegyptus vermählten, ihre Männer
in der ersten Nacht zu ermorden, welches sie tha-
ten, bis auf die Hypermnestra, die, mit ihrer
eigenen Gefahr, den Lynceus, ihren geliebten
Gatten, entfliehen ließ.

Eine, sagt ein Dichter aus dem Alterthum,
eine unter vielen, ihres geliebten Jünglings werth,

eine Heerde von Kuͤhen und beſiegte den Stier,
der ſie vertheidigte.

Dieſe unvermuthete Erſcheinung nahm man
von den Goͤttern als ein Zeichen an, daß der
Fremde und nicht der Einheimiſche herrſchen
ſolle; — man ſchrieb dieß Zeichen dem wahrſagen-
den Apollo zu, welchem Danaus wegen der Sen-
dung des Wolfes, unter dem Nahmen des Lyci-
ſchen
Apollo, einen Tempel erbaute.

Danaus lehrte die Argiver Brunnen graben,
und groͤßere und bequemere Schiffe bauen. — Nach
der alten Sage hatte er funfzig Toͤchter, ſo wie
ſein Bruder Aegyptus funfzig Soͤhne. —

Die funfzig Soͤhne des Aegyptus kamen nach
Griechenland, um mit den Toͤchtern des Danaus
ſich zu vermaͤhlen. — Dem Danaus aber war
geweißagt worden, daß einer ſeiner Tochtermaͤn-
ner ihn der Herrſchaft entſetzen wuͤrde.

Die alten Koͤnige fuͤrchteten, wie die alten
Goͤtter,
ihre eigenen Kinder und Nachkommen. —
Danaus befahl ſeinen Toͤchtern, die ſich mit den
Soͤhnen des Aegyptus vermaͤhlten, ihre Maͤnner
in der erſten Nacht zu ermorden, welches ſie tha-
ten, bis auf die Hypermneſtra, die, mit ihrer
eigenen Gefahr, den Lynceus, ihren geliebten
Gatten, entfliehen ließ.

Eine, ſagt ein Dichter aus dem Alterthum,
eine unter vielen, ihres geliebten Juͤnglings werth,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0251" n="203"/>
eine Heerde von Ku&#x0364;hen und be&#x017F;iegte den Stier,<lb/>
der &#x017F;ie vertheidigte.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e unvermuthete Er&#x017F;cheinung nahm man<lb/>
von den Go&#x0364;ttern als ein Zeichen an, daß der<lb/><hi rendition="#fr">Fremde</hi> und nicht der Einheimi&#x017F;che herr&#x017F;chen<lb/>
&#x017F;olle; &#x2014; man &#x017F;chrieb dieß Zeichen dem wahr&#x017F;agen-<lb/>
den Apollo zu, welchem Danaus wegen der Sen-<lb/>
dung des <hi rendition="#fr">Wolfes,</hi> unter dem Nahmen des <hi rendition="#fr">Lyci-<lb/>
&#x017F;chen</hi> Apollo, einen Tempel erbaute.</p><lb/>
        <p>Danaus lehrte die Argiver Brunnen graben,<lb/>
und gro&#x0364;ßere und bequemere Schiffe bauen. &#x2014; Nach<lb/>
der alten Sage hatte er funfzig To&#x0364;chter, &#x017F;o wie<lb/>
&#x017F;ein Bruder Aegyptus funfzig So&#x0364;hne. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Die funfzig So&#x0364;hne des Aegyptus kamen nach<lb/>
Griechenland, um mit den To&#x0364;chtern des Danaus<lb/>
&#x017F;ich zu verma&#x0364;hlen. &#x2014; Dem Danaus aber war<lb/>
geweißagt worden, daß einer &#x017F;einer Tochterma&#x0364;n-<lb/>
ner ihn der Herr&#x017F;chaft ent&#x017F;etzen wu&#x0364;rde.</p><lb/>
        <p>Die alten Ko&#x0364;nige fu&#x0364;rchteten, <hi rendition="#fr">wie die alten<lb/>
Go&#x0364;tter,</hi> ihre eigenen Kinder und Nachkommen. &#x2014;<lb/>
Danaus befahl &#x017F;einen To&#x0364;chtern, die &#x017F;ich mit den<lb/>
So&#x0364;hnen des Aegyptus verma&#x0364;hlten, ihre Ma&#x0364;nner<lb/>
in der er&#x017F;ten Nacht zu ermorden, welches &#x017F;ie tha-<lb/>
ten, bis auf die <hi rendition="#fr">Hypermne&#x017F;tra,</hi> die, mit ihrer<lb/>
eigenen Gefahr, den <hi rendition="#fr">Lynceus,</hi> ihren geliebten<lb/>
Gatten, entfliehen ließ.</p><lb/>
        <p>Eine, &#x017F;agt ein Dichter aus dem Alterthum,<lb/>
eine unter vielen, ihres geliebten Ju&#x0364;nglings werth,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0251] eine Heerde von Kuͤhen und beſiegte den Stier, der ſie vertheidigte. Dieſe unvermuthete Erſcheinung nahm man von den Goͤttern als ein Zeichen an, daß der Fremde und nicht der Einheimiſche herrſchen ſolle; — man ſchrieb dieß Zeichen dem wahrſagen- den Apollo zu, welchem Danaus wegen der Sen- dung des Wolfes, unter dem Nahmen des Lyci- ſchen Apollo, einen Tempel erbaute. Danaus lehrte die Argiver Brunnen graben, und groͤßere und bequemere Schiffe bauen. — Nach der alten Sage hatte er funfzig Toͤchter, ſo wie ſein Bruder Aegyptus funfzig Soͤhne. — Die funfzig Soͤhne des Aegyptus kamen nach Griechenland, um mit den Toͤchtern des Danaus ſich zu vermaͤhlen. — Dem Danaus aber war geweißagt worden, daß einer ſeiner Tochtermaͤn- ner ihn der Herrſchaft entſetzen wuͤrde. Die alten Koͤnige fuͤrchteten, wie die alten Goͤtter, ihre eigenen Kinder und Nachkommen. — Danaus befahl ſeinen Toͤchtern, die ſich mit den Soͤhnen des Aegyptus vermaͤhlten, ihre Maͤnner in der erſten Nacht zu ermorden, welches ſie tha- ten, bis auf die Hypermneſtra, die, mit ihrer eigenen Gefahr, den Lynceus, ihren geliebten Gatten, entfliehen ließ. Eine, ſagt ein Dichter aus dem Alterthum, eine unter vielen, ihres geliebten Juͤnglings werth,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/251
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/251>, abgerufen am 29.03.2024.