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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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geschnittnen Steine, eine Abbildung des Theseus,
der einen großen Stein aufhebt, worunter Schuh
und Schwerdt seines Vaters verborgen lagen.

Theseus.

Aegeus, ein Sohn des Atheniensischen Kö-
nigs Pandion, welchem er in der Regierung folgte,
that, weil er ohne Kinder blieb, eine Reise nach
Delphi, um das Orakel des Apollo um Rath zu
fragen. Die Pythia befahl ihm, er solle, bis
nach seiner Zurückkunft in Athen, alles Umgangs
mit Weibern sich enthalten; und gerade dieß Ver-
bot bewirkte, daß er zum Gegentheil sich verlei-
ten ließ.

Er kehrte auf seinem Rückwege in Trözene,
beim Pittheus, einem Sohn des Pelops ein,
und vermählte sich heimlich mit dessen Tochter
Aethra. -- Als Aegeus von Trözene abreiste,
verbarg er unter einem großen Steine sein
Schwerdt und seine Schuhe, und befahl der
Aethra, wenn sie einen Sohn gebähren sollte,
denselben nicht eher zu ihm nach Athen zu schicken,
als bis er stark genug wäre, den Stein hinweg-
zuwälzen, worunter seines Vaters Schwerdt und
Schuhe verborgen lagen.

Aethra gebahr den Theseus, der unter des
weisen Pittheus Aufsicht vom Chonidas erzogen

geſchnittnen Steine, eine Abbildung des Theſeus,
der einen großen Stein aufhebt, worunter Schuh
und Schwerdt ſeines Vaters verborgen lagen.

Theſeus.

Aegeus, ein Sohn des Athenienſiſchen Koͤ-
nigs Pandion, welchem er in der Regierung folgte,
that, weil er ohne Kinder blieb, eine Reiſe nach
Delphi, um das Orakel des Apollo um Rath zu
fragen. Die Pythia befahl ihm, er ſolle, bis
nach ſeiner Zuruͤckkunft in Athen, alles Umgangs
mit Weibern ſich enthalten; und gerade dieß Ver-
bot bewirkte, daß er zum Gegentheil ſich verlei-
ten ließ.

Er kehrte auf ſeinem Ruͤckwege in Troͤzene,
beim Pittheus, einem Sohn des Pelops ein,
und vermaͤhlte ſich heimlich mit deſſen Tochter
Aethra. — Als Aegeus von Troͤzene abreiſte,
verbarg er unter einem großen Steine ſein
Schwerdt und ſeine Schuhe, und befahl der
Aethra, wenn ſie einen Sohn gebaͤhren ſollte,
denſelben nicht eher zu ihm nach Athen zu ſchicken,
als bis er ſtark genug waͤre, den Stein hinweg-
zuwaͤlzen, worunter ſeines Vaters Schwerdt und
Schuhe verborgen lagen.

Aethra gebahr den Theſeus, der unter des
weiſen Pittheus Aufſicht vom Chonidas erzogen

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[287/0345] geſchnittnen Steine, eine Abbildung des Theſeus, der einen großen Stein aufhebt, worunter Schuh und Schwerdt ſeines Vaters verborgen lagen. Theſeus. Aegeus, ein Sohn des Athenienſiſchen Koͤ- nigs Pandion, welchem er in der Regierung folgte, that, weil er ohne Kinder blieb, eine Reiſe nach Delphi, um das Orakel des Apollo um Rath zu fragen. Die Pythia befahl ihm, er ſolle, bis nach ſeiner Zuruͤckkunft in Athen, alles Umgangs mit Weibern ſich enthalten; und gerade dieß Ver- bot bewirkte, daß er zum Gegentheil ſich verlei- ten ließ. Er kehrte auf ſeinem Ruͤckwege in Troͤzene, beim Pittheus, einem Sohn des Pelops ein, und vermaͤhlte ſich heimlich mit deſſen Tochter Aethra. — Als Aegeus von Troͤzene abreiſte, verbarg er unter einem großen Steine ſein Schwerdt und ſeine Schuhe, und befahl der Aethra, wenn ſie einen Sohn gebaͤhren ſollte, denſelben nicht eher zu ihm nach Athen zu ſchicken, als bis er ſtark genug waͤre, den Stein hinweg- zuwaͤlzen, worunter ſeines Vaters Schwerdt und Schuhe verborgen lagen. Aethra gebahr den Theſeus, der unter des weiſen Pittheus Aufſicht vom Chonidas erzogen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/345>, abgerufen am 24.04.2024.