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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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17.
So sollten alle Fürsten denken.

Churfürst August zu Sachsen (gest. 1586.)
schrieb bey einer gewissen Gelegenheit mit eige-
ner Hand: "Ich will meine Seeligkeit nicht
stellen auf Menschen, die wol irren können.
Handlen meine Theologen zu Leipzig, Witten-
berg oder anderswo, recht, so gefällt es mir
wol; handeln sie aber unrecht, und führen fal-
sche Lehre, so bin ich der erste, der ihnen
zuwider".

18.
Welchem Fürsten ein Mann von Ehre nie-
mahls dienen sollte.

Ein Fürst, der alte, treu und bewährt erfun-
dene Freunde vergisst und vernachlässigt; der
alte treue Diener, weil sie, ihres Werths be-
wusst, zu stolz sind zu kriechen, zu betteln
und sich selbst ins undankbare Andenken zu
bringen, lieber schmachten und darben lässt,
hingegen Unverschämte und Unwürdige vor-
zieht, begünstiget und mästet, der thut freilich
nichts, was nicht längst vor ihm Lauf der Welt
war und es biss ans Ende der Tage bleiben

17.
So sollten alle Fürsten denken.

Churfürst August zu Sachsen (gest. 1586.)
schrieb bey einer gewissen Gelegenheit mit eige-
ner Hand: „Ich will meine Seeligkeit nicht
stellen auf Menschen, die wol irren können.
Handlen meine Theologen zu Leipzig, Witten-
berg oder anderswo, recht, so gefällt es mir
wol; handeln sie aber unrecht, und führen fal-
sche Lehre, so bin ich der erste, der ihnen
zuwider„.

18.
Welchem Fürsten ein Mann von Ehre nie-
mahls dienen sollte.

Ein Fürst, der alte, treu und bewährt erfun-
dene Freunde vergiſst und vernachlässigt; der
alte treue Diener, weil sie, ihres Werths be-
wuſst, zu stolz sind zu kriechen, zu betteln
und sich selbst ins undankbare Andenken zu
bringen, lieber schmachten und darben läſst,
hingegen Unverschämte und Unwürdige vor-
zieht, begünstiget und mästet, der thut freilich
nichts, was nicht längst vor ihm Lauf der Welt
war und es biſs ans Ende der Tage bleiben

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[252/0258] 17. So sollten alle Fürsten denken. Churfürst August zu Sachsen (gest. 1586.) schrieb bey einer gewissen Gelegenheit mit eige- ner Hand: „Ich will meine Seeligkeit nicht stellen auf Menschen, die wol irren können. Handlen meine Theologen zu Leipzig, Witten- berg oder anderswo, recht, so gefällt es mir wol; handeln sie aber unrecht, und führen fal- sche Lehre, so bin ich der erste, der ihnen zuwider„. 18. Welchem Fürsten ein Mann von Ehre nie- mahls dienen sollte. Ein Fürst, der alte, treu und bewährt erfun- dene Freunde vergiſst und vernachlässigt; der alte treue Diener, weil sie, ihres Werths be- wuſst, zu stolz sind zu kriechen, zu betteln und sich selbst ins undankbare Andenken zu bringen, lieber schmachten und darben läſst, hingegen Unverschämte und Unwürdige vor- zieht, begünstiget und mästet, der thut freilich nichts, was nicht längst vor ihm Lauf der Welt war und es biſs ans Ende der Tage bleiben

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/258>, abgerufen am 28.03.2024.