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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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wo er auch nichts ausgestreuet hat. Mit Zwang
wird alles angefangen, mit Gewalt fortgesezt;
und Armuth, Verwirrung und Betrug ist gemei-
niglich das Ende. Die mühsame Pflege der auf-
gehenden kleinen Keime eines in seinem langsa-
men Wachsthum erst Früchte bringenden Baums
ist nur das Werk eines gedultigen Geistes; Ge-
dult ist aber nie die regierende Tugend einer mi-
litarischen Verfassung. Das grosse Wort: Frei-
heit die Seele der Handlung, hat hier eben die
Bedeutung, wornach der Soldat unter seinen Spiess-
ruthen und Prügeln sich noch der Freyheit rüh-
men kann.

Wohl darf der Unterthan sein ganzes Haus mit
Seide überziehen, wenn er nur die Stoffe in den
einheimischen Fabriken nimmt; er darf die Kut-
schen-Riemen mit goldenen Tressen besetzen; er
dürfte die Pferde mit lauter Zucker füttern und
die Gänse aus Porcelain tränken, wenn nur das
theure Geld dafür vor innländische Waare bezahlt
wird, welche desswegen schlecht seyn darf und
muss, weil der Fabrikant dem Despoten den bess-
ten Profit für die Privilegien und Monopole zum
voraus hingeben muss.


wo er auch nichts ausgestreuet hat. Mit Zwang
wird alles angefangen, mit Gewalt fortgesezt;
und Armuth, Verwirrung und Betrug ist gemei-
niglich das Ende. Die mühsame Pflege der auf-
gehenden kleinen Keime eines in seinem langsa-
men Wachsthum erst Früchte bringenden Baums
ist nur das Werk eines gedultigen Geistes; Ge-
dult ist aber nie die regierende Tugend einer mi-
litarischen Verfassung. Das groſse Wort: Frei-
heit die Seele der Handlung, hat hier eben die
Bedeutung, wornach der Soldat unter seinen Spieſs-
ruthen und Prügeln sich noch der Freyheit rüh-
men kann.

Wohl darf der Unterthan sein ganzes Haus mit
Seide überziehen, wenn er nur die Stoffe in den
einheimischen Fabriken nimmt; er darf die Kut-
schen-Riemen mit goldenen Tressen besetzen; er
dürfte die Pferde mit lauter Zucker füttern und
die Gänse aus Porcelain tränken, wenn nur das
theure Geld dafür vor innländische Waare bezahlt
wird, welche deſswegen schlecht seyn darf und
muſs, weil der Fabrikant dem Despoten den beſs-
ten Profit für die Privilegien und Monopole zum
voraus hingeben muſs.


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[265/0271] wo er auch nichts ausgestreuet hat. Mit Zwang wird alles angefangen, mit Gewalt fortgesezt; und Armuth, Verwirrung und Betrug ist gemei- niglich das Ende. Die mühsame Pflege der auf- gehenden kleinen Keime eines in seinem langsa- men Wachsthum erst Früchte bringenden Baums ist nur das Werk eines gedultigen Geistes; Ge- dult ist aber nie die regierende Tugend einer mi- litarischen Verfassung. Das groſse Wort: Frei- heit die Seele der Handlung, hat hier eben die Bedeutung, wornach der Soldat unter seinen Spieſs- ruthen und Prügeln sich noch der Freyheit rüh- men kann. Wohl darf der Unterthan sein ganzes Haus mit Seide überziehen, wenn er nur die Stoffe in den einheimischen Fabriken nimmt; er darf die Kut- schen-Riemen mit goldenen Tressen besetzen; er dürfte die Pferde mit lauter Zucker füttern und die Gänse aus Porcelain tränken, wenn nur das theure Geld dafür vor innländische Waare bezahlt wird, welche deſswegen schlecht seyn darf und muſs, weil der Fabrikant dem Despoten den beſs- ten Profit für die Privilegien und Monopole zum voraus hingeben muſs.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/271>, abgerufen am 28.03.2024.