Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

Eurysthenes gestorben sei. Gab es Aufzeichnungen aus
so früher Zeit; oder konnte die Tradition so genaue
Data enthalten? Auch das ist eine sehr beachtungs-
werthe Notiz, daß die Frauen der beiden Könige eben-
falls Zwillingsschwestern waren, Lathria und Anaxan-
dra mit Namen, Töchter des Thersandros, Königs der
Kleonäer, wie wir oben vermutheten 1. Auch von
Prokles Sohne, Soos 2, (dem Stürmischen), rühmte
man in Sparta große Heldenthaten 3. Ja man ließ
ihn schon mit den Kleitoriern Krieg führen und erzähl-
te: wie in dem engen Thale von Kleitor, rings von
Feinden umgeben und von Durst übermäßig gequält,
er alle Eroberungen aufzugeben versprochen, wenn man
ihm mit seinem Heere vergönne, aus der Quelle zu
trinken. Darauf habe er dem die Krone angeboten,
der nicht trinken würde, da aber keiner sie um den
Preis gewollt, habe er sich mit Wasser aus der Quelle
benetzt, aber sei, ohne zu trinken, davon gegangen 4.
-- Aber noch weit später würde schwerlich ein Spar-
tanischer König gewagt haben, durch das feindliche
Arkadien nach dem verhältnißmäßig weit entlegenen
Kleitor zu ziehen, und so viel Hohlwege, Schluchten
und Berge hinter sich zu lassen.

15.

In der Gegend, welche von dieser Zeit an,
wir wissen eigentlich nicht woher, den Namen Messe-
nien
erhielt 5, war vor der Dorischen Einwanderung
Pylos die bedeutendste Stadt, wohin sich die Familie

1 S. 81. V.
2 Vgl. über ihn Valcken. zu den Adonkaz.
S. 266.
3 Plut. Lyk. 2, 3.
4 Plut. Lyk. 2. Lak. Apopht.
S. 234.
5 Wahrscheinlich von dem Messe des Homerischen
Katalogs, dessen Lage aber ganz unbestimmt, da die Stadt
Messene damit nicht zusammen hängt.
II. 7

Euryſthenes geſtorben ſei. Gab es Aufzeichnungen aus
ſo fruͤher Zeit; oder konnte die Tradition ſo genaue
Data enthalten? Auch das iſt eine ſehr beachtungs-
werthe Notiz, daß die Frauen der beiden Koͤnige eben-
falls Zwillingsſchweſtern waren, Lathria und Anaxan-
dra mit Namen, Toͤchter des Therſandros, Koͤnigs der
Kleonaͤer, wie wir oben vermutheten 1. Auch von
Prokles Sohne, Soos 2, (dem Stuͤrmiſchen), ruͤhmte
man in Sparta große Heldenthaten 3. Ja man ließ
ihn ſchon mit den Kleitoriern Krieg fuͤhren und erzaͤhl-
te: wie in dem engen Thale von Kleitor, rings von
Feinden umgeben und von Durſt uͤbermaͤßig gequaͤlt,
er alle Eroberungen aufzugeben verſprochen, wenn man
ihm mit ſeinem Heere vergoͤnne, aus der Quelle zu
trinken. Darauf habe er dem die Krone angeboten,
der nicht trinken wuͤrde, da aber keiner ſie um den
Preis gewollt, habe er ſich mit Waſſer aus der Quelle
benetzt, aber ſei, ohne zu trinken, davon gegangen 4.
— Aber noch weit ſpaͤter wuͤrde ſchwerlich ein Spar-
taniſcher Koͤnig gewagt haben, durch das feindliche
Arkadien nach dem verhaͤltnißmaͤßig weit entlegenen
Kleitor zu ziehen, und ſo viel Hohlwege, Schluchten
und Berge hinter ſich zu laſſen.

15.

In der Gegend, welche von dieſer Zeit an,
wir wiſſen eigentlich nicht woher, den Namen Meſſe-
nien
erhielt 5, war vor der Doriſchen Einwanderung
Pylos die bedeutendſte Stadt, wohin ſich die Familie

1 S. 81. V.
2 Vgl. uͤber ihn Valcken. zu den Adonkaz.
S. 266.
3 Plut. Lyk. 2, 3.
4 Plut. Lyk. 2. Lak. Apopht.
S. 234.
5 Wahrſcheinlich von dem Μἐσση des Homeriſchen
Katalogs, deſſen Lage aber ganz unbeſtimmt, da die Stadt
Meſſene damit nicht zuſammen haͤngt.
II. 7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0127" n="97"/>
Eury&#x017F;thenes ge&#x017F;torben &#x017F;ei. Gab es Aufzeichnungen aus<lb/>
&#x017F;o fru&#x0364;her Zeit; oder konnte die Tradition &#x017F;o genaue<lb/>
Data enthalten? Auch das i&#x017F;t eine &#x017F;ehr beachtungs-<lb/>
werthe Notiz, daß die Frauen der beiden Ko&#x0364;nige eben-<lb/>
falls Zwillings&#x017F;chwe&#x017F;tern waren, Lathria und Anaxan-<lb/>
dra mit Namen, To&#x0364;chter des Ther&#x017F;andros, Ko&#x0364;nigs der<lb/>
Kleona&#x0364;er, wie wir oben vermutheten <note place="foot" n="1">S. 81. V.</note>. Auch von<lb/>
Prokles Sohne, <hi rendition="#g">Soos</hi> <note place="foot" n="2">Vgl. u&#x0364;ber ihn Valcken. zu den Adonkaz.<lb/>
S. 266.</note>, (dem Stu&#x0364;rmi&#x017F;chen), ru&#x0364;hmte<lb/>
man in Sparta große Heldenthaten <note place="foot" n="3">Plut. Lyk. 2, 3.</note>. Ja man ließ<lb/>
ihn &#x017F;chon mit den Kleitoriern Krieg fu&#x0364;hren und erza&#x0364;hl-<lb/>
te: wie in dem engen Thale von Kleitor, rings von<lb/>
Feinden umgeben und von Dur&#x017F;t u&#x0364;berma&#x0364;ßig gequa&#x0364;lt,<lb/>
er alle Eroberungen aufzugeben ver&#x017F;prochen, wenn man<lb/>
ihm mit &#x017F;einem Heere vergo&#x0364;nne, aus der Quelle zu<lb/>
trinken. Darauf habe er dem die Krone angeboten,<lb/>
der nicht trinken wu&#x0364;rde, da aber keiner &#x017F;ie um den<lb/>
Preis gewollt, habe er &#x017F;ich mit Wa&#x017F;&#x017F;er aus der Quelle<lb/>
benetzt, aber &#x017F;ei, ohne zu trinken, davon gegangen <note place="foot" n="4">Plut. Lyk. 2. Lak. Apopht.<lb/>
S. 234.</note>.<lb/>
&#x2014; Aber noch weit &#x017F;pa&#x0364;ter wu&#x0364;rde &#x017F;chwerlich ein Spar-<lb/>
tani&#x017F;cher Ko&#x0364;nig gewagt haben, durch das feindliche<lb/>
Arkadien nach dem verha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßig weit entlegenen<lb/>
Kleitor zu ziehen, und &#x017F;o viel Hohlwege, Schluchten<lb/>
und Berge hinter &#x017F;ich zu la&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>15.</head><lb/>
            <p>In der Gegend, welche von die&#x017F;er Zeit an,<lb/>
wir wi&#x017F;&#x017F;en eigentlich nicht woher, den Namen <hi rendition="#g">Me&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
nien</hi> erhielt <note place="foot" n="5">Wahr&#x017F;cheinlich von dem &#x039C;&#x1F10;&#x03C3;&#x03C3;&#x03B7; des Homeri&#x017F;chen<lb/>
Katalogs, de&#x017F;&#x017F;en Lage aber ganz unbe&#x017F;timmt, da die <hi rendition="#g">Stadt</hi><lb/>
Me&#x017F;&#x017F;ene damit nicht zu&#x017F;ammen ha&#x0364;ngt.</note>, war vor der Dori&#x017F;chen Einwanderung<lb/><hi rendition="#g">Pylos</hi> die bedeutend&#x017F;te Stadt, wohin &#x017F;ich die Familie<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> 7</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0127] Euryſthenes geſtorben ſei. Gab es Aufzeichnungen aus ſo fruͤher Zeit; oder konnte die Tradition ſo genaue Data enthalten? Auch das iſt eine ſehr beachtungs- werthe Notiz, daß die Frauen der beiden Koͤnige eben- falls Zwillingsſchweſtern waren, Lathria und Anaxan- dra mit Namen, Toͤchter des Therſandros, Koͤnigs der Kleonaͤer, wie wir oben vermutheten 1. Auch von Prokles Sohne, Soos 2, (dem Stuͤrmiſchen), ruͤhmte man in Sparta große Heldenthaten 3. Ja man ließ ihn ſchon mit den Kleitoriern Krieg fuͤhren und erzaͤhl- te: wie in dem engen Thale von Kleitor, rings von Feinden umgeben und von Durſt uͤbermaͤßig gequaͤlt, er alle Eroberungen aufzugeben verſprochen, wenn man ihm mit ſeinem Heere vergoͤnne, aus der Quelle zu trinken. Darauf habe er dem die Krone angeboten, der nicht trinken wuͤrde, da aber keiner ſie um den Preis gewollt, habe er ſich mit Waſſer aus der Quelle benetzt, aber ſei, ohne zu trinken, davon gegangen 4. — Aber noch weit ſpaͤter wuͤrde ſchwerlich ein Spar- taniſcher Koͤnig gewagt haben, durch das feindliche Arkadien nach dem verhaͤltnißmaͤßig weit entlegenen Kleitor zu ziehen, und ſo viel Hohlwege, Schluchten und Berge hinter ſich zu laſſen. 15. In der Gegend, welche von dieſer Zeit an, wir wiſſen eigentlich nicht woher, den Namen Meſſe- nien erhielt 5, war vor der Doriſchen Einwanderung Pylos die bedeutendſte Stadt, wohin ſich die Familie 1 S. 81. V. 2 Vgl. uͤber ihn Valcken. zu den Adonkaz. S. 266. 3 Plut. Lyk. 2, 3. 4 Plut. Lyk. 2. Lak. Apopht. S. 234. 5 Wahrſcheinlich von dem Μἐσση des Homeriſchen Katalogs, deſſen Lage aber ganz unbeſtimmt, da die Stadt Meſſene damit nicht zuſammen haͤngt. II. 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/127
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/127>, abgerufen am 20.04.2024.